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„Weiße Stille“ – ein Konzert in Angedenken an den Lieddichter Bogomil Gudew

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Foto: uniart.bg

Bogomil Gudew hat die Texte für Dutzende, ja sogar Hunderte populärer Hits geschrieben. Die Big Band des Bulgarischen Nationalen Rundfunks unter der Leitung von Antoni Dontschew hat einige besondere Songs ausgewählt und stellt sie heute Abend in einem Konzert im Studio 1 unseres Hauses vor, natürlich als Begleitung einiger populärer bulgarischer Sängerinnen und Sänger. Zusammen wollen sie an den bemerkenswerten Textdichter erinnern. 




Bogomil Gudew wurde 1935 geboren und verließ diese Welt viel zu früh – er war gerade 58 Jahre alt geworden. Er hat uns jedoch ein äußerst reiches Erbe hinterlassen – rund 1.200 Liedtexte,  zwei Bücher und Hunderte Rundfunksendungen, die in unserem Archiv aufbewahrt werden. Seine Tochter, Irina-Kalina Gudewa, hält das Andenken an den Vater wach und hat auch das heutige Konzert initiiert. Sie wird als Interpretin eines seiner Lieder die Bühne betreten. Sie ist Musikerin von Beruf, hat die Musikschule und die Musikakademie in Sofia absolviert und spielt Kontrabass. Am Genfer Konservatorium hat sie eine Weiterbildung erfahren und beschäftigt sich heute außer als Instrumentalistin auch als Schauspielerin und Schriftstellerin. Ihr Interesse gilt der Verquickung der verschiedenen Künste. Seit 2003 tritt sie als Regisseurin in Erscheinung, schreibt die Musik für ihre Stücke selbst und tritt in die Fußstapfen ihres Vaters, der nicht nur Dichter, sondern auch Musiker war. Sie erinnert sich: 

„Er war Geiger“, sagt Irina-Kalina Gudewa. „Er war ein vielseitiger und höchst intelligenter Mensch. Das Gymnasium beendete er mit Auszeichnung und durfte das studieren, was er wollte. Er verschrieb sich der Chemie, doch die Violine spielte weiterhin eine wichtige Rolle in seinem Leben - er spielte in Jazz-Klubs. Einmal suchte man einen Kontrabassspieler. Mein Vater, der sich mit Vorliebe den verschiedensten Herausforderungen stellte, setzte sich zwei Wochen hin und beschäftigte sich intensiv mit diesem Instrument. Danach war er in der Lage, den Kontrabassisten in der Gruppe zu vertreten. Diese Geschichte hielt ich früher für eine Familienanekdote. Ich wurde aber eines besseren belehrt. Als ich selbst anfing, Kontrabass zu spielen, geschah es eines Tages, dass ich mit einem schwierigen Stück nicht so recht zurande kam. Mein Vater saß im Nebenzimmer und reimte seine Texte. Schließlich scheint ihm der Geduldsfaden gerissen zu sein und er kam zu mir ins Zimmer herein, nahm mir das Instrument aus den Händen und spielte das Stück so, wie es sein musste. Ohne ein Wort zu sagen stand er danach auf und ging wieder. Ich begriff, was ich die ganze Zeit falsch gemacht hatte. Mein Vater besaß zwar keine richtige Handhaltung, spielte aber richtig und phrasierte gekonnt, so dass das Stück überzeugend klang.“

Es ist nicht einfach, Reime zu dichten. Noch schwieriger ist es jedoch, zu bereits bestehender Musik, den passenden Text zu verfassen. Bogomil Gudew galt als Meister auf diesem Gebiet.

„Ich bewahre Skizzen auf, die deutlich zeigen, wie mein Vater die Musik strukturiert hat, um den genauen Rhythmus des Reims zu finden“, erzählt weiter seine Tochter. „Er suchte nach ganz besonderen Synonymen, die musikalisch klingen und Energie in sich tragen. Und das ist vielleicht das Geheimnis seiner Texte. Sein dichterisches Talent erkannte man als erstes in einem Jazz-Orchester, in dem er als Geiger arbeitete. Man schrieb zu ausländischen Schlagern bulgarische Texte, um sie ins Programm aufnehmen zu können. Sein Ruhm als Textschreiber kam dem Komponisten Atanas Bojadschiew zu Ohren, der die Musik zu einem Spielfilm komponiert hatte; ihm fehlte jedoch der Text zum Titelsong. Etliche bekannte Schriftsteller lehnten es ab, nachdem sie die Musik hörten. Um sich ein wenig zu zerstreuen, ging Bojadschiew in ein Restaurant, in dem die Band spielte, in der auch mein Vater war. Die Musiker kamen ins Gespräch und nachdem der Komponist sein Leid geklagt hatte, empfahl man ihm meinen Vater. Sie lernten sich kennen und Bojadschiew schrieb ihm auf einer Serviette die Melodie seines Titelsongs auf. Bereits am nächsten Tag brachte ihm mein Vater den fertigen Text. Damit war der Anfang einer langjährigen Zusammenarbeit gesetzt. Zu jener Zeit war Bogomil Gudew als Wissenschafter tätig und hatte etliche Veröffentlichungen. Er riskierte jedoch und hängte seine Karriere als Wissenschaftler an den Nagel. Seinem neuen Schaffensgebiet, zu dem er sich schon lange hingezogen fühlte, widmete er Herz und Seele. Er liebte „die Freiheit des unbeschriebenen weißen Blattes“, wie er sagte. Sein Geist begehrte nach Unabhängigkeit.“

Einige Texte von Bogomil Gudew sind stark von der Folklore beeinflusst. Diese Liebe zur Volkssprache hatte er von seinem Vater, Gudi Gudew, geerbt, der zu den ersten Volksliedsängern gehörte, die im Rundfunk sangen. Sein Sohn Bogomil lernte früh Akkordeon spielen und moderierte später auch Folkloresendungen im Rundfunk. Für deren Gestaltung sammelte er Musik im ganzen Land.




Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow






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