Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Sitowo-Inschrift in den Rhodopen hält altertümliche Botschaft verborgen

БНР Новини

Das heilige Rhodopa-Gebirge empfängt all jene, die ungeduldig auf der Suche nach altertümlichen Ruinen, Mysterien und Geheimnissen sind, mit offenen Armen. Seine Großzügigkeit ist jedermann sichtbar. Obwohl die Berge das Erbe von Göttern, Zivilisationen und Stämmen offen zur Schau stellen, haben sie unter tausendjährigen Schichten des Schweigens immenses Wissen angehäuft – wie vor Angst erstarrt, den Menschen den Schlüssel zur Erfahrenheit der Welt preiszugeben.

Снимка

Inmitten der Waldestiefen der Rhodopen erhebt sich ein Fels, der einen geheimnisvollen Artefakt verborgen hält. In zwei Metern Höhe offenbart ein Fries Zeichen eines unbekannten Schrifttums aus unerhellten Zeiten. Stammt die s.g. Sitowo-Inschrift von den Goten, den Kelten, den Thrakern oder Slawen und welche Botschaft vermitteln sie?

"Die Geschichte der Sitowo-Inschrift beginnt 1928, als Alexander Peew, der damalige Sekretär der Plowdiwer Archäologengesellschaft in das Dorf Sitowo gerufen wird, um einen interessanten Fund zu begutachten", erzählt die Kulturwissenschaftlerin Nadja Tersiewa, Autorin eines ausführlichen Werkes über das Artefakt. "Die in den Fels gehauenen Zeichen werden Sitowo-Inschrift genannt, obwohl bis heute nicht geklärt ist, ob es sich dabei um ein Naturphänomen oder ein menschliches Werk handelt. Einer der ersten, die diese Zeichen erforschen, ist Prof. Petar Detew. Er ordnet sie dem protothrakischen Schrifttum zu, entwickelt von der thrakischen Bevölkerung in diesen Breiten. Auch die Prof. Iwan Wenedikow zieht Parallelen zu den Thrakern, genauer gesagt zu einigen phrygischen Inschriften."

Снимка

"Pomaken entdeckten bei Waldarbeiten in der Umgebung des Dorfes Sitowo an einem Fels irgendwelche Zeichen, die sie vermutlich als Hinweis auf einen verborgenen Schatz deuteten", schreibt Alexander Peew in sein Tagesbuch. "In der Bevölkerung herrscht der von Schatzgräbern in die Welt gesetzte Aberglaube vor, dass in der Schtuta-Grada-Gegend viel Geld vergraben liegt. Deshalb behielten die Pomaken ihre Entdeckung zunächst einmal für sich." Zudem lanciert Peew die Idee, der Text gleiche der Runenschrift, der sich die Germanen bedienten, bevor sie unter römische Herrschaft kamen. Einige Wissenschaftler gehen noch weiter zurück – zu den Schriftzeichen aus dem fünften vorchristlichen Jahrtausend, die im Dorf Gradeschnitza im Nordwesten Bulgariens zu Tage kamen. Andere wiederum datieren sie ins Mittelalter. Es sieht ganz danach aus, als ob die Hypothese über eine protothrakische Schrift überwiegt. Diese zweifelt die Theorie an, dass die Thraker ein Volk ohne Schrift gewesen seien.

Снимка

"Alle, die die Sitowo-Inschrift erforschen, bringen sie mit einer Gegend auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses in Zusammenhang", erzählt Nadja Tersiewa weiter. "Dort erhebt sich das Felsmassiv namens Schtutgrad, wo Keramikgegenstände und Bauten entdeckt wurden. Die Ruinen wurden noch nicht zeitlich eingeordnet. Die Keramik stammt aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert. In jener Zeit besiedelten die Thraker die Gegend."

Die Ruinen der Schtutgrad-Festung

СнимкаDa es den Wissenschaftlern bisher nicht gelungen ist, die Bedeutung der geheimnisvollen Zeichen zu lüften, kommen allerlei Theorien auf. Hobbyarchäologen und Verschwörer sehen darin verborgene Formeln zur Aktivierung von Torsionsfeldern und altertümliche Botschaften für nachfolgende Generationen. "Der zwischen Saturn und Erde eingeschlossene Geist muss zum Licht seines Sterns zurückkehren, wie es Kronos und Hades – der Schöpfer allen Lebens – geboten haben." Das ist nur eine der mutmaßlichen Übersetzungen der Sitowo-Inschrift. "Er ist in den Himmel entgangen, beweint von seinen Söhnen auf Erden" – dieser Wortlaut wiederum wird mit Gott Tangra in Verbindung gebracht. Welcher Sinn auch hinter den Zeichen auf dem Fels in den Rhodopen stecken mag – die Wissenschaftler der Gegenwart haben seine Enträtselung vorerst auf Eis gelegt. Wegen anderer noch interessanterer Funde oder um ihre langjährigen Karrieren nicht aufs Spiel zu setzen, vermutet Dimitar Gerganow von der Plowdiwer Geschichtsgesellschaft.

Übersetzung: Christine Christov

Fotos: wikipedia.org, castlehunters.wordpress.com und haiduk-tourist.blogspot.bg



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Die Ausländer in der „fliegenden Schar“ von Georgi Benkowski

Der Gründer der internen Organisation zur Befreiung Bulgariens, Wassil Lewski, war der erste, der bei der Bildung der revolutionären Komitees in den bulgarischen Gebieten Ausländer einbezog, die bei der Ostbahn von Baron Moritz Hirsch arbeiteten. Auf der..

veröffentlicht am 22.04.24 um 16:52

Vor 80 Jahren wurde das Hügelgrab von Kasanlak entdeckt

„Der Mensch kennt den Weg zum Himmel nicht, aber das Pferd schon“, besagt ein thrakisches Sprichwort. Deshalb wurden die thrakischen Könige von ihren Pferden ins Jenseits begleitet. Wegen der zahlreichen Hügelgräber von Herrschern aus hellenistischer..

veröffentlicht am 19.04.24 um 11:05

80 Jahre seit dem letzten Bombenangriff auf Sofia

Am 17. April vor 80 Jahren fand die letzte und heftigste Bombardierung Sofias während des Zweiten Weltkriegs statt. Im Jahr 1944, am Mittag des 17. April, warfen 350 amerikanische Bomber, begleitet von Thundorbolt- und Mustang-Kampfflugzeugen,..

veröffentlicht am 17.04.24 um 13:31