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Sofias Hilfe zur „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei – ein schwieriges Unterfangen

Während seiner Unterredungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel letzte Woche hat Bulgariens Premier Bojko Borissow versprochen, einen Versuch zur „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei zu unternehmen, da gute Beziehungen zur Führung dieses Landes unterhalte. Gestern weilte Bojko Borissow zur einer Visite in Ankara, welche die Erwartungen beider Seiten bei weitem übertroffen hat. Nicht nur wegen des in Berlin gemachten Versprechens, sondern auch in Anbetracht der Tatsache, dass Bulgarien recht bald, Anfang 2018, den turnusmäßigen EU-Ratsvorsitz übernehmen wird. Die Unterredungen zwischen Bojko Borissow mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim und dem Präsidenten der Türkei Recep Erdogan haben gezeigt, dass er in unserem südlichen Nachbarland ein gern gesehener Gast ist. Yildirim hob das „persönliche Verdienst von Borissow zum EU-Beitrittswunsch der Türkei“ hervor und sagte, er wisse die Tatsache zu schätzen, dass Bulgarien, im Unterschied zu anderen europäischen Ländern, eine adäquate Reaktion in Bezug auf den Putschversuch und das Referendum in der Türkei gezeigt habe. Auch Präsident Erdogan hat dem bulgarischen Regierungschef gut drei Stunden gewidmet. Wie Borissow am Vorabend der Visite aber bereits ahnte, reicht dieses Wohlwollen allein nicht aus, um die guten Absichten zur Normalisierung des Dialogs zwischen Ankara und Brüssel auch in die Tat umzusetzen.

Die Ansprüche der Türkei sind wirklich sehr hoch. Der türkische Ministerpräsident Yildirim besteht auf die Aufhebung der Visumpflicht für Bürger der Türkei während der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2018. Er fordert auch solide Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei. Borissow, der die aktuelle Stimmungslage in der EU kennt kommentierte, dass er der Türkei keinen EU-Beitritt versprechen könne und unterstrich, dass diesbezüglich alles von der Türkei selbst anhänge. Doch Borissow sprach seine Zuversicht aus, dass in Anbetracht der gemeinsamen Zugehörigkeit zur Südflanke der NATO, der großen Wirtschaftsvorteile und Zollvereinbarungen eine Normalisierung der Beziehungen möglich sei und dass nicht nur er, sondern viele seiner Kollegen in Europa dieser Meinung seien. Worten von Borissow zufolge sei es momentan am wichtigsten, dass die EU und die Türkei wieder zum guten Ton und zur Toleranz zurückfinden.

Die Zurückhaltung des bulgarischen Premiers in Bezug auf die Ansprüche Ankaras hat keinen Schatten auf die bilateralen Beziehungen geworfen. Dafür spricht die Tatsache, dass er mit dem türkischen Präsidenten Erdogan vereinbart hat, dass – sollten sich die EU und die Türkei nicht auf ein Abkommen über die Rückführung illegaler Migranten einigen sollten – Sofia und Ankara ein solches Abkommen auf bilateraler Grundlage unterzeichnen können. Selbst falls es sich dabei um ein bilaterales Dokument handelt, würde es der gesamten EU zum Vorteil gereichen, weil Bulgarien die Außengrenze der EU bildet und dem größten Flüchtlingsandrang aus der Türkei in Richtung Westeuropa standhalten muss.

Vor einer Woche haben wir bereits kommentiert, dass die Gespräche von Bojko Borissow in Paris und Berlin zu Beginn der Amtszeit seiner dritten Regierung vielversprechend sind. Gleiches können wir nun von seiner Visite in Ankara behaupten.


Übersetzung: Rossiza Radulowa




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