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Öffentlich-rechtliche Medien setzen Standards auf dem Medienmarkt

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Am Donnerstag und Freitag vergangener Woche fand in Sofia die 14. Sitzung des Rechtsausschusses der Europäischen Rundfunkunion (EBU) statt. Der Bulgarische Nationale Rundfunk (BNR) war Gastgeber des Forums, an dem sich über 80 Vertreter von über 40 Medienorganisationen aus 27 Staaten beteiligten. Ins Zentrum der Diskussionen wurde die Leitung der öffentlich-rechtlichen Medien in der heutigen digitalen Welt gerückt.

In seiner Eröffnungsrede sagte der Generalintendant des BNR Alexander Welew, dass die Digitalisierung des Hörfunks viele Herausforderungen stelle, aber auch zahlreiche neue Möglichkeiten für einen besseren Dienst am Hörer eröffne. Unter den Vortragenden war auch Milen Mitew, Hauptjustitiar des BNR und Mitglied des Rechtsausschusses der EBU.

СнимкаWelche Rolle übernehmen die öffentlich-rechtlichen Medien und wie sieht ihre optimale Regulierung in der heutigen pluralistischen digitalen Welt aus? Mit diesen Fragen wandten wir uns an Dr. Richard Burnley, Vorsitzender des Rechtsausschusses der EBU:

Eine Reihe von Untersuchungen hat gezeigt, dass dort, wo die öffentlich-rechtlichen Medien stark sind und sich auf hohe Standards stützen, sie zu einem Vorbild auf dem Medienmarkt werden. Die kommerziellen Medien sind gezwungen, ihrem Beispiel zu folgen. Gerade darin besteht die demokratische Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien und gibt ihrem Bestehen einen Sinn. Meiner Ansicht nach müssen die öffentlich-rechtlichen Medien notwendigerweise intelligent reguliert werden. Die Regulierung muss flexibel sein und ihnen gestatten, sich den neuen Tendenzen in der Welt anzupassen, die eine Welt der globalen und nicht einzig der nationalen Konkurrenz ist. Daher müssen die Regulatoren begreifen, dass sich die öffentlich-rechtlichen Medien dem Wettkampf gegen die globalen Spieler mit unbegrenzten Finanzressourcen stellen müssen. Wenn wir letztendlich wollen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien Europas überleben, ist eine optimale Regulierung dieses Prozesses notwendig.“

Михаел ВагнерMichael Wagner, Leiter der EBU zu Fragen des Medien- und Kommunikationsrechts, beleuchtete einige Schlüsselwerte der modernen Medien und die Herausforderungen vor ihnen:

Wir sind Zeuge der Befürchtungen, dass die Redefreiheit und die Unabhängigkeit der Medien in vielen Teilen Europas bedroht sind. In vielen Ländern ist eine Lobby der Privatmedien zu beobachten, die sich für die Einschränkung von Wirkungsbereich und Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien mit dem Ziel aussprechen, mehr Platz für die kommerziellen Medien zu gewinnen. Die Finanzkrise in den privaten Medien ist jedoch nicht auf die öffentlich-rechtlichen Medien zurückzuführen, sondern auf die veränderten Hörgewohnheiten der Verbraucher – die Menschen orientieren sich immer mehr auf das Internet, was Hörfunk und Fernsehen zunehmend größerer Reklamegelder beraubt. Auch werden wir Zeuge gefährlicher Beziehungen zwischen Politikern und Privatmedien in Fällen, bei denen Geschäftsleute mit politischen Kreisen in Verbindung gebracht werden. Außerdem bestehen Versuche der Ausübung eines politischen Einflusses auf die öffentlich-rechtlichen Medien mittels finanziellen Druck, parteilich gebundene Einstellungen und Bedrohungen von Journalisten.“

In diesem Kontext sind sich die Fachleute einig, dass die Art und Weise der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien von entscheidender Bedeutung für deren Unabhängigkeit und die Qualität ihrer Arbeit ist.

Es kann keine unabhängigen öffentlich-rechtlichen Medien geben, wenn sie nicht über eine stabile und adäquate Finanzierung verfügen“, sagt weiter Michael Wagner. „Von entscheidender Bedeutung ist eine Vorhersehbarkeit, die sich auf mehrere Jahre im Voraus erstreckt, besonders wenn die grundlegende Finanzierung aus dem Staatshaushalt vorgenommen wird. Glücklicherweise gibt es Initiativen des Europarates, die die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit eines mehrjährigen Finanzierungssystems lenken.

In Bulgarien werden die öffentlich-rechtlichen Medien, einschließlich der BNR, aus dem Staatshaushalt finanziert, wobei der Generalintendant für 3 Jahre gewählt wird. Laut Dr. Richard Burnley sollte die Amtszeit auf 5 bis 6 Jahre verlängert werden, damit das Medium seine Pläne verwirklichen kann. Auch biete eine Finanzierung mittels Hörfunk- und Fernsehgebühren Vorteile.

Wir haben stets die Finanzierung durch Hörfunk- und Fernsehgebühren befürwortet, weil das eine gewisse Unabhängigkeit bietet. Außerdem ist es so etwas wie ein öffentlicher Vertrag zwischen den Bürgern und dem Medium. Die Bürger müssen wissen, wofür sie ihr Geld geben, was wiederum das Medium anspornt. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung verstehen die Menschen größtenteils nicht mehr, warum sie Hörfunk- und Fernsehgebühren zahlen müssen, weil nicht alle beispielsweise Radio hören und man viele Informationen auch einfach übers Handy erhalten kann. Daher wird diese Gebühr in etlichen Ländern je Haushalt gezahlt. Man muss die Menschen nur noch davon überzeugen, dass sie mit diesem Geld die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Medien fördern, was sich wiederum positiv auf die gesamte Gesellschaft auswirkt.“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BTA



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