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Lehrerinnen, Medizinerinnen und Journalistinnen erfahren am häufigsten Gewalt am Arbeitsplatz

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Foto: Archiv

Gewalt grassiert vor allem in feminisierten Berufen. Das belegt eine sozilogische Erhebung des Instituts für soziale und Gewerkschaftsstudien bei der Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften in Bulgarien (KNSB). Laut der Erhebung sind 40 Prozent der Arbeitgeber über Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz beunruhigt. Allerdings haben nur 25 Prozent von ihnen Maßnahmen zur Vorbeugung körperlicher und psychischer Gewalt getroffen. Das wurde während der nationalen Konferenz zum Thema „Nein! der Gewalt am Arbeitsplatz“ bekannt, die am Vorabend des Internationalen  Frauentags vom Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Frauen und Kinder bei der KNSB organisiert wurde.

Laut Vertretern der Gewerkschaft der bulgarischen Lehrer, die sich an der Konferenz beteiligt haben, ist der Lehrerberuf Spitzenreiter in Sachen Stress und Mobbing, gefolgt vom Beruf des Mediziners und Journalisten. Die Gründe dafür sind sozialer und wirtschaftlicher Natur. An erster Stelle führen die Experten das negative soziale Umfeld bei unterschiedlichen Ständen und Bevölkerungsschichten im Land an, das von Armut, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit, Kriminalität und Arroganz geprägt ist. Die Fälle von körperlicher und psychischer Gewalt am Arbeitsplatz haben in letzter Zeit zugenommen, mahnen die Gewerkschaftler. Aus diesem Grund wollen sie, dass ein entsprechendes Gesetz gegen diese Formen von Gewalt verabschiedet wird, weil Tausende Bulgaren davon betroffen sind.

Der Begriff „Gewalt am Arbeitsplatz“ ist neu für Bulgarien, nicht aber das Phänomen als solches“, meint Dr. Ljuben Tomew, Direktor des Instituts für soziale und Gewerkschaftsstudien bei der KNSB und weiter:

Gewalt am Arbeitsplatz bei Frauen ist kein persönliches, sondern ein strukturelles Problem. Es rührt aus den einstigen patriarchalischen Zeiten. Heutzutage vertieft es sich aber infolge des globalen Wirtschaftsmodells, das die Ausbeutung von Frauenarbeit kommerzialisiert. Zugleich verletzt es die Rechte aller Arbeitnehmer. Gewalt erfolgt in unterschiedlichen Formen, am häufigsten allerdings als körperliche oder psychische Gewalt, Grobheiten, Mobbing etc. Die Studie zeigt, dass 7,5 Prozent der befragten Arbeiter in den letzten zwölf Monaten körperliche Gewalt erfahren haben. Manchmal sind psychische Verletzungen aber weitaus gefährlicher als körperliche. Die negativen Folgen für unsere Wirtschaft sind gesunkene Produktivität, krankgeschriebene Mitarbeiter, großer Personalfluktuation, krankheitsbedingte vorzeitige Pensionierung usw. 18 Prozent der Befragten gaben an, Stress an ihrem Arbeitsplatz erlebt zu haben, begleitet von körperlichen Übergriffen, so dass sich 10 Prozent danach medizinisch behandeln lassen mussten. Alles in einem kommt der Stress am Arbeitsplatz unserer Gesellschaft sehr teuer zu stehen. Die Wut, Hilfslosigkeit und Angst, die die Betroffenen erleben, werden dann auch auf die restlichen Familienmitglieder übertragen“, sagt der Experte.

Gewalt ist derart in unseren Alltag verwoben, dass wir zuweilen nicht mehr imstande sind, sie zu erkennen und anzuprangern. Begonnen in der Kinderkrippe, über die Schule, den Arbeitsplatz bis hin zu den Hassreden im Parlament und in den Medien, die Straßenjustiz – in allen diesen Fällen siegt die Gewalt über die zivilisierte Gesellschaft, der wir anzugehören meinen“, sagte seinerseits der Vizepräsident der KNSB Plamen Nankow. Gewalt am Arbeitsplatz hängt direkt mit solchen Fragen zusammen wie das Recht auf eine würdige Arbeit und Schutz der Arbeitsrechte der Beschäftigten.

Die Täter körperlicher oder psychischer Gewalt am Arbeitsplatz sollten sich vor Gericht verantworten müssen. Wenn mir jemand die Arbeit nimmt und ich auf der Straße bleibe, dann ist das auch eine Art Gewalt am Arbeitsplatz. Falls der Arbeitsgeber nicht meine vollen Arbeits- und Sozialversicherungen zahlt - auch, weil er mein Recht auf medizinische Behandlung, Aufnahme von Krediten etc. einschränkt. Jemand muss diesem Wahnsinn Einhalt gebieten, solange das noch möglich ist. Andernfalls werden wir den Kampf verlieren und kein Rechtsstaat mehr sein. Das Recht wird auf der Seite des Stärkeren, des besser Gewappneten stehen und und das ist nicht der Weg, den wir beschreiten wollen“, sagte abschließend der Vizepräsident der KNSB Plamen Nankow.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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