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Nach Amerika und zurück – einem Traum zuliebe

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Nasko Atanassow

Überall auf der Welt gehören Denkmalschutz und Pflege des Architektur- und Kulturerbes zu den Aufgaben der jeweiligen Regierung. Selbst in Ländern, wo seit Jahren Krieg herrscht, wird die Vernichtung von Artefakten und Informationen, die Aufschluss über die Vergangenheit geben, vom Gesetz geächtet. Bei uns in Bulgarien sieht die Lage aber etwas anders aus. Sieht man manche bulgarischen Schulen, Volkskulturhäuser, Theater und Konzertsäle, stellt man sich unweigerlich die Frage: Wie konnte es soweit kommen? Warum vegetieren unsere Kultur und Bildung, die die Grundpfeiler unseres Daseins als Europäer bilden, oft an ihrer Existenzgrenze? Die Mittel, die für Kultur und Bildung zur Verfügung gestellt werden, tragen oft nicht den dringend nötigen Reformen Rechnung. Aus diesem Grund häufen sich die Probleme.

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Unlängst machte das Volkskulturhaus in der Stadt Schipka von sich reden. Informationen, dass das Gebäude in sich zusammenfällt, wurden in den sozialen Netzwerken verbreitet. Reportagen vor Ort deckten auf, dass dies seit 24 Jahren passiert, weil man nicht ausmachen konnte, wem das Gebäude gehört. Manche behaupten, Eigentümer sei der Staat, andere – die Gemeinde. Letzten Endes wurde das Bauwerk zum Kulturdenkmal erklärt, um ein Projekt auszuarbeiten und Mittel für die Renovierung zu erhalten. Die Tatsache, dass der Saal mit 250 Sitzen eine Minikopie des Nationaltheaters „Iwan Wasow“ in Sofia ist, sorgte bei vielen für Verwunderung. Keiner weiß, wie der Architekt des Gebäudes aus dem Jahr 1931 geheißen hat.

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Hinter den bröckelnden Fassaden vieler Volkskulturhäuser herrscht in den oft kalten Räumen aber immer noch ein reges Treiben. Junge und alte Laienkünstler versammeln sich dort, um ihrem Talent Ausdruck zu verleihen und mit ihren Auftritten einen Preis nach dem anderen zu gewinnen. Natürlich verdienen sie viel bessere Bedingungen, um sich entfalten  zu können und die bulgarischen Traditionen und Folklore zu wahren. Allem Verdruss zum Trotz dürfen wir aber nicht die Hoffnung verlieren, dass sich eines Tages alles zum Besseren wendet. Denn es gibt auch Bulgaren, die sich voller Elan dafür einsetzen.

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Nehmen wir zum Beispiel das brache Volkskulturhaus im Dorf Tatarewo bei Plowdiw, das zu neuem Leben erweckt wurde. Möglich wurde dies dank dem Einsatz zahlreicher Landsleute und Ausländer. Sie alle haben sich daran gemacht, den Traum ihres Freunden Nasko Atanassow wahr werden zu lassen. Sein größter Herzenswunsch war es, den Saal wieder voller Leute zu erleben. Bereits im ersten Jahr in den USA, wo er Schauspielkunst studierte, erzählte ihnen Nasko Atanassow, dass es in seinem Heimatdorf in Bulgarien so etwas wie ein Theater gibt, das er gern wiederherstellen möchte. Die dafür notwendigen 15.000 Dollar bekamen sie von einer amerikanischen Stiftung.

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Mit Freiwilligenarbeit ist es ihnen dann geglückt, dem Theatersaal und der Bühne wieder zu ihrem einstigen Glanz zu verhelfen. Im Foyer des Volkskulturhauses wiederum richteten sie ein kleines Museum mit Gerätschaften und Requisiten ein, die sie im Lager des Gebäudes fanden. Mit Hilfe eines amerikanischen Freundes ist es Nasko Atanassow gelungen, auch einen Film zu drehen.


Dieser Amerikaner, dem ich extrem dankbar bin, heißt David Roston. Er gehört zu den ersten Bekanntschaften, die ich in Los Angeles machte“, erzählt Nasko Atanassow. „David hat sich von mir dazu überreden lassen, nach Tatarewo zu kommen und sich zusammen mit mir und meinen bulgarischen Freunden in dieses Abenteuer zu stürzen. Die Restaurierung der Bühne haben wir in vier Etappen geteilt – Renovierung durch Freiwilligenarbeit, Veranstaltung eines symbolischen Einweihungskonzerts, Einrichtung des Kinosaals und Aufnahme eines Dokumentarfilms über den ganzen Prozess. Der Film wurde vom Publikum sehr wohlwollend aufgenommen, zumal sich viele auf der großen Leinwand sahen und das auf der Bühne, wo früher ihre Freunde und Familien Aufführungen und Konzerte gegeben haben. Die offizielle Premiere des Films war vergangenen Sommer, auf dem internationalen Filmfestival „Karantinata“ (zu Deutsch „Die Quarantäne“) in Warna.

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In diesem Jahr startet im Volkskulturhaus in Tatarewo am 15. September eine weitere Ausgabe des Festivals „Unlock The Stage“. Es wird von Nasko Atanassow organisiert, um den Leuten zu zeigen, dass Änderungen wie diese möglich sind und nur von unserem Wunsch abhängen, etwas Gutes für Bulgarien zu tun.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Privatarchiv



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