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Philipp Lhamsuren nach fünf Monaten in der „Umarmung des Amazonas“

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Wenn man mit einer Gruppe unterwegs ist, kann man die Natur ringsum nicht richtig spüren. Man konzentriert sich auf seine Weggefährten. Aus diesem Grund will ich allein sein. Es geht mir nicht darum zu zeigen, wie oder welch ein Held ich bin – das sind Klischees im Denken der Menschen“. Das sagte Philipp Lhamsuren, ein Bulgare mit mongolischen Wurzeln, in einem Interview für Radio Bulgarien. Er hat es fertiggebracht, mit eigener Kraft den gewaltigen Amazonas zu passieren – mit dem Kanu, zu Fuß und auf dem Fahrrad. Unterwegs hat er sich selbst seine Nahrung verschafft. Philipp Lhamsuren ließ sich auf diese Challenge ein, nachdem er reiche Erfahrungen in den Reihen der Französischen Fremdenlegion und bei seinen einsamen Reisen durch Südsibirien bei -45 °C, in den endlosen Weiten Zentralasiens, der Anden und in den Gewässern des Amazonas in  Südamerika gesammelt hatte.

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Er nannte seine Mission „Die Umarmung des Amazonas“. Sie nahm im April an der Grenze zwischen Brasilien und Venezuela am oberen Rio Negro ihren Lauf. Der südlichste Zipfel seiner Tour war die bolivianische Grenze. Danach machte er sich diagonal zum nördlichsten Punkt seiner Reise an der Grenze zwischen Brasilien und Französisch-Guayana auf. In weniger als fünf Monaten und nach 5.000 zurückgelegten Kilometern hat Philipp Lhamsuren am 25. August den Atlantik erreicht und somit seine Mission erfolgreich beendet. Wie fühlt es sich an, ein so langes und sorgfältig geplantes Unterfangen abzuschließen?

Es ist das gleiche Gefühl wie nach einer erfolgreich getanen Arbeit. Das wichtigste ist, dass ich am Leben und gesund bin. Wir Menschen stellen uns oft Ziele, doch das allerwichtigste ist letzten Endes genau das – am Leben und bei guter Gesundheit zu sein. Ich habe nicht das Gefühl, etwas Unmögliches vollbracht zu haben. Nachdem man etwas erreicht hat, sieht es nicht mehr so unmöglich aus wie zu Beginn“, versichert Philipp Lhamsuren.

Er hat seine Mission in fünf Etappen gegliedert. Während der ersten durch den Westamazonas trieb er in einem Zweisitzer-Kanu den größten Nebenfluss des Amazonas, den Rio Negro, hinab. Philipp Lhamsuren legte mehr als 1.000 km in zwölf Tagen zurück und stellte damit einen regelrechten Rekord auf. „Ich hatte nicht die Absicht, einen Rekord aufzustellen. Doch die Umstände haben mich gezwungen, zügiger und schneller voranzukommen“, erklärt der Abenteurer.

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Dieser Teil der Expedition war einer der wildesten. Die nächste Etappe aber war die schwierigste – das Passieren des Dschungels zu Fuß. Das war Anfang Mai und der Wasserstand war immer noch ziemlich hoch. Der Regenwald stand kilometerweise unter Wasser. Ich musste abwechselnd schwimmen und laufen. Dieses Wasser tagaus tagein birgt sehr viele gefährliche Momente. Die dritte Etappe ist relativ leicht verlaufen. Dabei habe ich den Balbina-See im Norden des Amazonas mit dem Kanu überquert.

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Während der vierten und längsten Etappe habe ich hauptsächlich mit dem Fahrrad die sogenannte Autobahn Transamazônica 319 zurückgelegt - schlammige Schneisen durch den Regenwald. Ich hatte bei diesem Abschnitt etliche Probleme wegen den Menschen, dem Verkehr, der Entwaldung. Ich konnte mich nicht auf die lebendige Natur stützen – beispielsweise Fisch fangen, sauberes Trinkwasser finden, weil die Zivilisation die natürlichen Quellen veruneinigt. In der letzten Etappe habe ich zu Fuß oder mit einem Schlauchboot den Amazonas überquert, bis hin zum Atlantischen Ozean. Die halbe Expedition war in der Wildnis. Die meisten Menschen stellen sich den Amazonas genauso vor. Der Rest war inmitten einer primitiveren Zivilisation. Der Amazonas ist inzwischen stark entwaldet. Der Bauboom dort ist enorm“, erzählt Philipp Lhamsuren.

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Sein Lebensrhythmus im Amazonas war von den Sonnenaufgängen und Sonnenuntergängen bestimmt. Sein Dasein war im Hier und Jetzt. „Man weiß nicht, wie der Tag endet und das ist etwas sehr Kostbares. Man lebt für den Augenblick und ist für jede einzelne Stunde dankbar. Dankbar, wenn man eine Stelle erreicht, wo man sein Nachtlager aufschlagen kann. Das ist das herrlichste bei solchen einsamen Expeditionen – man freut sich selbst über die einfachsten Dinge. Um sich glücklich zu fühlen, braucht man nur Wasser, Nahrung und ein bisschen Ruhe, um sich erholen und Kräfte sammeln zu können“, sagt Philipp Lhamsuren.

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Klingt einfach, oder? Wie viele von uns würden sich aber nur damit begnügen und das Leben in seiner urtümlichen Einfachheit genießen?

Eigentlich hat Philipp Lhamsuren sein ganzes bewusstes Leben lang nach Wegen gesucht, die in Vergessenheit geraten sind. „Die vergessenen Wege – von den Rhodopen bis zum Pamir“ heißt auch eines der Bücher, die der Globetrotter geschrieben hat. Warum sucht er aber nach vergessenen Wegen, wo die Leute doch nach neuen suchen?

Weil die Weisheit nicht von heute ist, sie hat auch früher existiert. Nicht nur die Zukunft ist besserwissend. Die Dinge in unserer Welt wiederholen sich. Wir Menschen sind stets auf der Suche. Um fündig zu werden, reicht es zurückzublicken“, meint Philipp Lhamsuren.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Rumen Koinov



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