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Baustelle Sofia: Stadt wächst, wird sie aber auch schöner?

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Foto: BTA

Einige der beliebtesten Orte für Sofioter und Gäste der Hauptstadt stellen momentan einen großen Bauplatz dar. Renoviert wird ein Teil der markantesten Straßen, Boulevards, Grünanlagen und Straßenbahnstrecken. Hinzu kommen einige private Bauvorhaben. Praktisch sieht es so aus, dass ein wichtiger Teil des Zentrums der bulgarischen Hauptstadt für den Verkehr gesperrt ist, während die Fußgänger über staubige Bretterbrücken im Zick-Zack bis zum gewünschten Ziel gelangen.

Auf dem beschwerlichen Weg dorthin versuchen die meisten einen Blick auf die Baustellen zu werfen, doch das gelingt fast nicht, denn großformatige Blechzäune versperren die Sicht. Die ganze Tätigkeit (oder auch Untätigkeit) passiert dahinter und nur die engen Spalten zwischen den Zaunsegmenten befriedigen halbwegs die Neugier der Passanten. Die Arbeiten wollen nicht enden und noch dazu hieß es aus der Gemeindeleitung, dass sie erst im Frühling kommenden Jahres abgeschlossen werden sollen. Die Einwohner, Geschäftsleute und Gäste der Stadt müssen sich bis dahin gedulden, so sehr sie auch die Bauarbeiten behindern. Journalisten gelang es, einen Blick hinter die dichten Zäune zu werfen und was sie sahen, erfreut keinen.

Auf dem Spruchband des Sofioter Wappens steht: „Wächst, aber altert nicht“. Na gut, die Stadt wächst und altert nicht, wird sie aber schöner, fragen sich viele und vermuten, dass vielmehrbloß Gelder (auch europäische) zum Ruhme des einen oder anderen Stadtvaters vergeudet werden. Zunehmend mehr wird der Name der bislang angesehenen Sofioter Oberbürgermeisterin Jordanka Fandakowa genannt. Mittlerweile hat sie sich den Zorn etlicher Bürger zugezogen, die bereits vor der Stadtverwaltung, in der sie ihr Büro hat, protestierten. Sie versichert ihrerseits immer wieder, dass die Bauarbeiten erst dann begutachtet werden können, wenn sie abgeschlossen sind. Für schlecht geleistete Arbeit werde die Gemeinde nicht zahlen. Mehr noch! Die Bauunternehmen sollen gegebenenfalls sogar zur Kasse gebeten werden. Die Sofioter lassen sich aber nicht so schnell beschwichtigen, denn sie haben bittere Erfahrungen machen müssen. „Nach den Bauarbeiten wird es Reparaturarbeiten geben“, sind die meisten überzeugt. Es rieche zudem nach Korruption.

Die Journalisten ließen nicht locker und haben Fotos veröffentlicht, die die Lage hinter den Umzäunungen verdeutlicht. Schon von der Planung her scheint vieles schief zu gehen; die Qualität der bis jetzt geleisteten Arbeit ist erschreckend, auch lasse das Baumaterial zu wünschen übrig. Dem Chor der Entrüstung schlossen sich auch etliche Inhaber von Geschäften an, die einfach von der Umwelt und damit von der Kundschaft abgeschnitten werden. Viele Läden haben sogar von vornherein geschlossen, doch das können sich nicht alle Geschäftsleute leisten.

Die Sofioter sind prinzipiell nicht gegen die Erneuerung ihrer Stadt. Es gibt etliche gute Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, die tatsächlich das Stadtbild verbessert haben. Auch bei diesen Projekten musste man viele Unannehmlichkeiten hinnehmen, doch diese Projekte überzeugten von vornherein und brachten real einen Nutzen für alle. Das wohl beste Beispiel ist der Bau der U-Bahn. Sie besteht bereits aus zwei Strecken, die die Personenbeförderung ungemein erleichtern. Momentan arbeitet man an der dritten Streckenführung, was ebenfalls etliche Baustellen notwendig macht, doch gegen sie wird nicht protestiert. Es gibt nämlich wohl kaum einen Sofioter, der mit der U-Bahn unzufrieden ist, die zu den modernsten, schönsten, saubersten und bequemsten in Europa gehört.

Anders ist es um die anderen Bauarbeiten im Zentrum bestellt. Es ist wahr, die Stadt muss weiter modernisiert werden und dafür steht auch das nötige Geld im für bulgarische Verhältnisse gewaltigen Haushalt von über 500 Millionen Euro zur Verfügung, auf den die Gemeinde zugreifen kann.

Die Bauarbeiten werden eines Tages sicherlich abgeschlossen werden. Man wird Fehler erkennen und auch Pfusch; es wird Zufriedene und Unzufriedene geben, wie auch Bestrafte und Gelobte. Das Problem besteht jedoch darin, dass diese umfangreichen Arbeiten im Herzen der Stadt nicht zureichend den Sofiotern klar gemacht wurden. Es gab zwar eine öffentliche Diskussion über die einzelnen Projekte und etliche Bürger bekamen die Möglichkeit, sich damit vertraut zu machen und den einen oder anderen Vorschlag zu unterbreiten. Doch weder die Oberbürgermeisterin, noch der Gemeinderat hielten es für nötig, sich direkt an die Menschen zu wenden, ihnen offen den Maßstab der Projekte zu erläutern und sie davon zu überzeugen, wie schön es hinterher aussehen wird, oder auch aussehen könnte. Bisher war Oberbürgermeisterin Fandakowa mit ihrer Offenheit und ihrem kommunikativen Verhalten bekannt. In diesem konkreten Fall hat sie jedoch nicht vermocht, die Herzen der Mitbürger zu gewinnen und ihnen die bittere Pille, die sie schlucken müssen, wenigsten ein wenig süßer zu machen...

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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