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Sammelband „Reigen über Tirol“ vereint Emigranten und bulgarische Künstler

65 Autoren aus 14 Ländern und 5 Kontinenten stellen das facettenreiche Spektrum der bulgarischen Literatur im In- und Ausland vor. Ihre auf der Internetseite EuroChicago.com veröffentlichten Werke sind im Sammelband „Reigen über Tirol“ versammelt, der mit Unterstützung bulgarischer Emigranten herausgebracht werden konnte.

Die Sammelbände „Farbenfroher Teppichläufer“, „Der Uhrturm“, „Leser auf Abruf“ und nun auch „Reigen über Tirol“ enthalten Erzählungen und Gedichte namhafter, aber auch wenig bekannter Autoren mit den unterschiedlichsten Berufen und Schicksalen.

Neben der herrlichen Poesie enthält er auch eine bunte Palette von ausgezeichneten Erzählungen unterschiedlichster Literaturstils“, sagte der Dichter Iwajlo Dimanow bei der Präsentation des Sammelbands im Presseklub des Verbands der bulgarischen Journalisten. „Das, was ihnen gemeinsam ist, ist das typisch Bulgarische. Das Emigranten-Thema ist kein Muss, im Gegenteil – die Hälfte der Autoren leben in Bulgarien, so dass sie nicht direkt von dieser Problematik betroffen sind. Die große Liebe zur Heimat ist das, was sie und unsere Landsleute im Ausland teilen.“

Elena Peewa lebt seit drei Jahrzehnten in Thessaloniki, hat mehrere Bücher veröffentlicht und etliche Preise erhalten. Im Sammelband ist sie mit zwei Erzählungen vertreten, von denen einer dem US-amerikanischen Schriftsteller armenischer Abstammung William Saroyan gewidmet ist.

Die andere Erzählung heißt „Gender in Uniform“ und wurde von der Istanbul-Konvention provoziert“, sagt die Schriftstellerin. „Es handelt sich dabei um eine wahre Geschichte, aus der Zeit, als ich als Juristin gearbeitet habe. Der Held war tatsächlich ein Gender, um mich mal so auszudrücken. Die Rede ist von einem Roma, einem sehr lieben Menschen, der die Abfälle in einem Viertel sammelt. Er war aber so unvorsichtig, den Uniformmantel eines ermordeten Staatsanwalts anzuziehen. Aus diesem Grund wurde er als Gender behandelt und im Polizeirevier verprügelt. Das ist alles kurz nach 1990 geschehen. Ein „Gender“ ist für mich ein Mensch, der sich nicht wie seine Geschlechtsgenossen an das Leben anpasst, sondern nach Antworten seiner ungelösten Fragen in der Gesellschaft sucht, indem er sein Geschlecht oder seine sexuelle Orientierung wechselt. Der Mensch kann alles sein – ein Fehler der Natur oder ein Fehler des Verstands. Wenn das aber in den Vordergrund rückt und wir glauben, mit Hilfe einer Konvention viele Dinge in der Gesellschaft kitten zu können, dann ist das für mich pure Dummheit. Mit dieser Erzählung will ich beweisen, dass eine Konvention nichts bewegen kann – weder bietet sie Schutz noch kann sie bestimmte Probleme lösen.

Der Vater von Darina Schneider ist Deutscher, ihre Mutter Bulgarin, so dass sie ihr Leben zwischen beiden Ländern aufteilt. Die Diplom-Pharmazeutin hat einen Gedichtband auf Deutsch herausgebracht. Der zweite - auf Bulgarisch – erscheint in diesem Sommer. 

Ich habe nie groß etwas getan, um Bulgarisch zu lernen, auch meine Mutter hat mir die Sprache nicht extra beigebracht. Ich habe aber jedes Jahr viel Zeit bei meinen Großeltern in Bulgarien verbracht. Als und zwölf wurde, wollte ich von meiner Mutter, dass sie mit das bulgarische Alphabet aufschreibt. Und so habe ich begonnen, meinen Großeltern Briefe zu schreiben. Mit der Zeit wurden meine Bulgarischkenntnisse immer besser und 2017 sind plötzlich Gedichte von mir auf Bulgarisch erschienen. Ich habe vor weiterzumachen, weil mir die bulgarische Sprache sympathischer ist und geeigneter zum Gedichteschreiben erscheint. Vielleicht liegt das auch daran, dass alles, was mir wichtig ist, was ich liebe und was mich bewegt, in Bulgarien war und ist. Der Vater meiner Kinder ist Bulgare und wenn ich auf bulgarischem Boden bin, fühle ich mich einfach daheim.“

Ungeachtet der Literaturgenres und ihres Wohnorts schneiden alle Autoren Themen an, die mit unserem heutigen Schicksal korrespondieren.

Die bulgarische Realität ruft zum einen Heimweh in den Herzen der Schriftsteller hervor und inspiriert sie, aber stimmt sie zum anderen auch traurig, weil diejenigen, die in Bulgarien leben, Grund genug zur Trauer haben“, meint Iwajlo Dimanow. „Die Themen im Sammelband sind sehr vielfältig, drehen sich aber um das Gemüt der Bulgaren und bergen eine stille Rebellion gegen die Urbanisierung, Globalisierung und den Mangel an Regeln. Ich habe das Gefühl, dass der Schatten unserer korrupten Gegenwart wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen schwebt, so dass es den Autoren bei weitem zumute ist glückselig „O, Sole mio“ zu rufen – wenn ich mich metaphorisch so ausdrücken darf“, so Iwajlo Dimanow abschließend.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Diana Zankowa



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