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Bojko Borissow gegenüber Radio Bulgarien: Die Korruption können wir am leichtesten bewältigen

Foto: Tanja Harisanowa
„Ich hoffe, dass die Bulgaren in einem Jahr von sich aus nach Bulgarien zurückzukehren beginnen, ohne dass wir sie extra dazu auffordern“. Dies sagte in einem Blitzinterview für Radio Bulgarien Ministerpräsident Bojko Borissow. Der 50jährige bulgarische Regierungschef kam dank der riesigen Unterstützung der bulgarischen Wähler an die Macht, nachdem er die jüngsten Parlamentswahlen am 5. Juli 2009 gewonnen hat. Trotz der Urlaubssaison hat er seit seinem Amtsantritt am 27. Juli der neuen Regierung keinen einzigen freien Tag gegönnt. Mit schnellen und konkreten Handlungen wollte er seine Devise „Bulgarien kann“ untermauern, zumal er dank dieser Devise der GERB-Partei das Vertrauen der Bulgaren, der Europäischen Volkspartei und der europäischen Partner unseres Landes gewinnen konnte. Es ist durchaus kein Zufall, dass Brüssel bereits bei der ersten Visite von Bojko Borissow die eingefrorenen SAPARD-Gelder für die bulgarischen Landwirte freigegeben hat. Der gegenwärtige Premier Bulgariens wurde in den letzten drei Jahren drei Mal zum Politiker Nummer Eins erklärt. Er hat ein Charisma, wovon seine Kollegen im In- und Ausland nur träumen können. Er spricht die Sprache des Volkes, denkt jedoch wie ein Staatsmann. Bojko Borissow ist ein unstandardgemäßer, doch voraussehbarer Politiker. Um es mit den Worten des Präsidenten der Europäischen Volkspartei Wilfred Martens zu sagen: „Ich mag ihn, weil er sowohl Europa, als auch Bulgarien liebt – wie ein jeder von uns in der EU.“ Unsere Reporterin Tatjana Obretenowa wandte sich an Bojko Borissow mit folgenden Fragen:
\n Herr Ministerpräsident, gewinnt Bulgarien das Vertrauen Europas wieder zurück? Zeigt unser Land bereits, dass es tatsächlich kann?
\n
„Ich möchte mich bei den Herren Barroso und Buzek für ihre Unterstützung bedanken. Unsere Arbeit zielt darauf ab, dass kein einziger Euro der europäischen und der bulgarischen Steuerzahler vergeudet wird. Als ich mich mit meinen Ministern in Brüssel mit den 12 EU-Kommissaren und den wichtigsten Personen an der EU-Spitze, den Herren Barroso, Buzek, Martens und Joseph Daul trafen, konnten wir sehen, dass sie sehr wohlwollend sind gegenüber allen, die nicht faul sind und ihre Interessen nicht über die Interessen des Staates stellen. Sie tolerieren solche Menschen. Für mich war es wichtig, in den Augen meiner Minister zu sehen, dass sie ihrer großen Verantwortung bewusst sind. Ich für meinen Teil weiß von dieser Verantwortung, doch es war wichtig für mich, dass auch die Minister begreifen, mit welcher großen und wichtigen Aufgabe sie beauftragt sind und das Vertrauen, das man ihnen entgegen bringt, auch rechtfertigen.“

Was für Möglichkeiten erhalten die bulgarischen Bürger dank der Freigabe der EU-Mittel?

Wir werden sofort damit beginnen, den Landwirten mit bereits unterzeichneten Verträgen das Geld auszuzahlen. Hoffen wir, dass es keine unsichtbaren „Fallen“ in den vorher signierten Verträgen gibt. Gegenwärtig nimmt die Verwaltung alles, was wir unterzeichnen und zahlen, genauestens unter die Lupe.

Sie haben sich mit Herr Putin über die Zukunft der gemeinsamen Energieprojekte unterhalten und er erwartet von Ihnen eine baldige Antwort.

„Im Unterschied zu den bulgarischen Politikern hat Herr Putin verstanden, dass wenn von Milliarden Euro die Rede ist und Milliarden Euro vom Geld der bulgarischen Steuerzahler gezahlt werden sollen, man sehr gut kalkulieren und sehr vorsichtig und ausgewogen handeln sollte. Ich denke, dass wir die Zeit, die wir uns freigehalten haben, ausreichen wird. Aus meinen Treffen mit Herrn Barroso und Herrn Buzek habe ich erfahren, dass sich die EU und das Europäische Parlament über jeden Schritt informieren, den wir tun. Dieser Tatsache sollten wir als EU-Mitglied Rechnung tragen und nach einer gemeinsamen Lösung suchen“.

Besonders heikel ist ja das Thema Korruption. Wird man in Europa damit aufhören uns nachzusagen, die Bulgaren seien das ärmste und korrupteste Volk?

„So ungewöhnlich es auch klingen mag bin ich der Meinung, dass wir die Korruption am leichtesten bewältigen können. Sehr kompliziert ist es aber beispielsweise in der Landwirtschaft. Es ist nicht einfach, dort zu starten, wo man säen, pflügen, ernten und mahlen muss. Wir müssen über einen ausreichenden Tierbestand verfügen und das ist ein Prozess, der nur schwierig forciert werden kann. Der Kampf mit der Korruption hängt einzig und allein von uns ab. Die Regierung darf sie nicht dulden und die Justiz muss gegen die Korruption vorgehen.“

Was bereitet Ihnen die größten Probleme und was motiviert Sie am meisten auf Ihrem Posten als Ministerpräsident?

„Mich motiviert die Hoffnung der Menschen auf ein besseres Dasein und die Aufgabe, das negative Image Bulgariens aufzuheben. Beides ist machbar. Natürlich ist das ein langwieriger Prozess, doch ich habe bereits vor Tagen bei der Eröffnung der neuen Strecke der Sofioter U-Bahn gesagt: „Vor drei Jahren habe ich in meiner Eigenschaft als Sofioter Oberbürgermeister ein solches Tempo eingeschlagen, dass wir einerseits die EU-Gelder auf das Dreifache anheben und andererseits die U-Bahn bauen konnten.“ Heute, als Premierminister, habe ich in Sofia wieder einen neuen Kindergarten eröffnet. Das soll heißen – im Laufe von drei Jahren haben wir die entsprechenden Projekte entworfen, ihre Finanzierung gesichert und konnten so vieles bauen. Ab heute gibt es für die Kinder noch einen wunderbaren Kindergarten. Vor mir wurden die Kindergärten nur verkauft oder die Grundstücke an ihre ehemaligen Eigentümer zurückerstattet.“

Herr Ministerpräsident, für die meisten Bulgaren sind die letzten 20 Jahre, die Jahre nach der Wende, im direkten und indirekten Sinne verloren. Was für eine Hoffnung würden Sie ihnen geben?

„Es stimmt schon, dass wir diese Jahre verloren haben. Deshalb zielen alle unsere Bemühungen auf die kommenden 2-3 Jahre ab. Doch das gute Tempo, das wir eingeschlagen haben und die Unterstützung Brüssels stimmen mich optimistisch.“

Was für eine Botschaft hätten Sie an unsere Landsleute im Ausland?

„Ich hoffe, dass sie in einem Jahr von sich aus in die Heimat zurückzukehren beginnen“.

Autor: Tatjana Obretenowa
Übersetzung: Rossiza Radulowa


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