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Arbeitsmarktlage in Krisenzeiten

Mit der Vertiefung der Wirtschaftskrise in Bulgarien nimmt auch die Zahl der Arbeitslosen zu. Die Statistik sagt aus, dass derzeit rund 222.000 Menschen, also 6,8 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung in unserem Land, ohne Broterwerb sind.
Der Wirtschafts- und Sozialrat appelliert, die Beschäftigtenzahlen in den Schlüsselbereichen der Wirtschaft nicht weiter absinken zu lassen. Ferner sollen Maßnahmen und Programme für die neuen Arbeitslosen getroffen werden. In der letzten Zeit hat sich insbesondere die Zahl mittel- und hochqualifizierter Erwerbsloser erhöht. Zudem kehren zunehmend mehr Bulgaren aus dem Ausland zurück, wo die Lage noch prekärer ist. Die Gewerkschaften sind der Ansicht, dass viele der Arbeitsprogramme ineffizient sind und daher verändert oder ganz aufgegeben werden sollten. Im bulgarischen Arbeitsgesetzbuch werden sieben Schlüsselmaßnahmen aufgeführt, die in Krisenzeiten zum Greifen kommen sollen. In der Praxis zeigen von ihnen aber nur wenige tatsächlich einen befriedigenden Effekt. Experten des Wirtschafts- und Sozialrates verweisen darauf, dass lediglich jene Programme des Nationalen Beschäftigungsplans Priorität genießen sollen, die sowohl von den Arbeitgebern, als auch von den Arbeitslosen befürwortet werden. Eines der gescheiterten Programme ist das "Von Sozialhilfe zur Beschäftigung".

"Dieses Programm ist auf die Langzeitarbeitslosen und jene ausgerichtet, die kaum oder keine Ausbildungen und Fähigkeiten besitzen", sagt Plamen Dimitrow, stellvertretender Vorsitzender der "Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften Bulgariens". "Um die Finanzierung der Randgruppen aufrecht zu erhalten muss das Programm weitergeführt werden, aber in anderer Form. Es muss auf regionaler Ebene wirken, wobei den örtlichen Arbeitsämtern und Arbeitgebern eine aktivere Rolle zukommen muss."
Die Arbeitslosen im Alter bis 29 Jahren werden seit je her in Bulgarien bevorzugt unterstützt. Die Maßnahmen zur Senkung ihrer Zahl werden von den Jugendlichen selbst für gut befunden. Es hapert aber bei den Ausbildungsprogrammen, wo sich beispielsweise bei den Computerschulungen erweist, dass die Ausbilder weniger wissen und können als die Auszubildenden. Solche Computerlehrgänge sind hingegen in der Gruppe der 50 bis 55jährigen mehr als notwendig.

Eine der Maßnahmen, um trotz Krise die Arbeitsplätze zu erhalten, ist der Übergang zur Halbtagsarbeit. Das solle laut den Experten des Wirtschafts- und Sozialrates weiter ausgebaut werden. Dazu der Gewerkschaftler Plamen Dimitrow:

"Eine der Varianten ist, vier Stunden Arbeit und in den verbleibenden vier Stunden zusätzliche Qualifikationslehrgänge. Dafür wird der Teilnehmer eine Art Stipendium erhalten, es sollen ihm auch die Kosten für die Fahrt zum Weiterbildungsort zurückerstattet werden. Wir schlagen auch Veränderungen in der Berechnungsgrundlage für die Arbeitslosenhilfe vor. So z.B. soll ein voller Monatsbetrag ausgezahlt werden, auch wenn der Betreffende seine Arbeit erst gegen Mitte des Monats verloren hat. Ebenso soll die Periode, in der wegen der Krise Halbtagsarbeit geleistet wurde, als vollwertige Dienstzeit gerechnet werden."

Arbeitslosengeld wird derzeit in Abhängigkeit von den geleisteten Dienstjahren zwischen vier und zwölf Monaten gezahlt. Das Arbeits- und Sozialministerium schlägt vor, diese Zeit um drei Monate zu verlängern, falls der Arbeitslose an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnimmt.

"Es sollen die Arbeitslosen eine längere Zeit unerstützt werden. Das gilt vor allem für die jungen Arbeitslosen, die nach Arbeit suchen und zudem Weiterbildungs- und Umschulungslehrgänge besuchen", sagt Arbeits- und Sozialminister Totjo Mladenow. "Die Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung um drei Monate wird etwa 25.000 Arbeitslose betreffen, die gleichzeitig damit Ausbildungslehrgänge besuchen werden."

Im kommenden Jahr sollen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie auch für Arbeitslosengelder insgesamt etwa eine halbe Milliarde Euro ausgegeben werden, unterstrich u.a. der Arbeits- und Sozialminister.

Autor: Milka Dimireowa
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow


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