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Die Zukunft des Atommeilers Belene – Pro und Kontra

Abgeordnete, Fachleute, Investoren und Berater erörterten die Vor- und Nachteile des geplanten Baus eines zweiten bulgarischen AtomkraftwerksFotos: Tanja Harizanowa
„Dient der geplante Bau des Atommeilers Belene zur Deckung des nationalen Strombedarfs oder handelt es sich hierbei um ein exportorientiertes Geschäftsprojekt?“ Mit dieser Frage eröffnete Martin Dimitrow, Vorsitzender des parlamentarischen Wirtschafts-, Energie und Fremdenverkehrsausschusses, ein Rundtischgespräch über die Zukunft des Atommeilers Belene. Abgeordnete, Fachleute, Investoren und Berater erörterten die Vor- und Nachteile des geplanten Baus eines zweiten bulgarischen Atomkraftwerks. Diskutiert wurde zudem über die Projektkosten.
\n „Wie teuer wird uns der Atommeiler zu stehen kommen? Die Ex-Regierung bezifferte die Kosten mit vier Milliarden Euro“, wollte Martin Dimitrow von den Fachleuten wissen. „Laut Analysen belaufen sich die Kosten auf zehn Milliarden Euro. Der Unterschied zwischen beiden Summen ist gewaltig. Wenn sich die Kosten für den Meilerbau tatsächlich auf zehn Milliarden Euro belaufen sollten, wer wird den Bau finanzieren, wer wird das Risiko eingehen? Auf diese Frage muss eine klare Antwort gegeben werden. Wenn man ein Auto kauft, informiert man sich vorab über dessen Preis, dessen Spritverbrauch und Ersatzteilkosten. Das Gleiche gilt auch für den Atommeiler Belene.“

Während des Rundtischgesprächs stellten Fachleute zudem die Frage nach der preislichen Wettbewerbsfähigkeit von Belene-Strom, als auch nach der regionalen Stromnachfrage, da in anderen Balkanstaaten ebenfalls Kraftwerke gebaut werden. Laut Wirtschafts- und Energieminister Trajtscho Trajkow sei das Schicksal des Meilerbaus bedeutsam für die einheimische Wirtschaft und müsse auf eine breite politische und öffentliche Basis gestellt werden.

„Die Entscheidung über den Meilerbau muss auf wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit beruhen“, fügt Minister Trajkow hinzu. „Auch wenn der Meiler zur Deckung des eigenen Strombedarfs erforderlich ist, muss grundsätzlich die Frage nach der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit gestellt werden.“

Bulgarien und Rumänien sind die beiden größten Stromexporteure der Region. Dabei deckt Bulgarien ein Drittel des regionalen Stromdefizits von 19 TWh.

„In den kommenden 10-15 Jahren wird der regionale Stromverbrauch um 80 TWh steigen. Das erfordert neue Kapazitäten“, erklärt der Chef des Nationalen Stromversorgers NEK Georgi Mikow. „ Bulgarien hat strategische Bedeutung, aufgrund seiner geografischen Lage, sowie aufgrund der Anbindung an Systeme anderer Balkanstaaten. Zudem müssen weitere Leitungssysteme errichtet werden.“

„Die europäische Gemeinschaft steht hinter der Atomenergie als einzigen Weg zur Senkung der schädlichen Treibhausgase“, verteidigt Bogomil Mantschew, Vertreter des Projektberaters „Parsons“, den Meilerbau.

„Das Projekt an sich ist wirtschaftlich vorteilhaft“, erklärt Mantschew. „In 60 Jahren Laufzeit würde der Meiler 80 Milliarden Euro einbringen. Ob das Kraftwerk nun vom Staat oder anderweitig finanziert wird, ist Sache der Regierung.“

„Wenn das geplante Atomkraftwerk ein einwandfrei Projekt ist, dann dürfte es bei der Finanzierung keine Probleme geben“, kontert Wirtschaftsanalyst Georgi Angelow und kommentiert, dass die Finanzierung des Projektes aus dem einheimischen Budget ein riesiges Loch in den bulgarischen Haushalt reißen würde.

Es gäbe keinen eindeutigen Standpunkt zum Belene-Projekt, verallgemeinerte Martin Dimitrow die Ergebnisse des Rundtischgesprächs. Er persönlich, so der Vorsitzende des parlamentarischen Wirtschafts-, Energie und Fremdenverkehrsausschusses, würde das Belene-Projekt nur dann unterstützen, wenn dessen wirtschaftliche Zweckmäßigkeit garantiert sei.

Und so drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass Bulgarien einer Langzeitstrategie für den Energiesektor bedarf.

Autor: Tanja Harizanowa
Übersetzung: Christine Christov


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