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Ökohäuser in Bulgarien – Traditionen und moderne Trends

Altes Haus im Dorf Leschten, gebaut nur aus Naturmaterialien - Holz, Stein und Lehm.
Foto: Archiv
Jeder Bulgare ist in seinem Leben zumindest einmal in einem Haus aus Lehm und Holz gewesen und konnte die behagliche Gemütlichkeit und die Ruhe verspüren, die solche Gebäude ausstrahlen. Mit der Zeit veraltet, lässt ihr Geruch das vergangene Jahrhundert erahnen und Erinnerungen aufkommen. Solche kleinen Oasen gibt es in der Altstadt von Plowdiw, in Arbanassi, Kopriwschtitza, Boschentzi, Scherawna, Trojan, Zlatograd, Melnik – alles Orte, die den alten Geist als auch die Architektur der Meister bewahrt haben, die die alten bulgarischen Häuser umweltschonend aus Holz, Stein und Lehm bauten. Nicht zu vergessen die herrlichen bulgarischen Klöster... Das dominierende Baumaterial aller dieser Bauten ist Lehm, da, wie die alten Meister zu sagen pflegen "Gott aus Lehm den Menschen schuf." Wenn wir die Romantik und den Hauch der Geschichte einmal beiseite lassen und diese Dinge mit den Augen des "computerisierten" Menschen betrachten, werden wir feststellen, dass diese 300-400 Jahre alten "Veteranen" rein ökologisch gebaut wurden – und zwar lange vor unserer umweltbewussten Zeit. Gerade die Gemütlichkeit eines Hauses hängt vor allem von den verwendeten Baumaterialien, dem Design und der Fähigkeit ab, ein solches Haus zu entwerfen.

In Westeuropa begann die Wiedergeburt dieses Baustils zu Beginn der 1980er Jahre, als in Bulgarien Beton und Plattenbau auf dem Vormarsch waren. An dieser Stelle sollten wir den einheimischen Baumeistern aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt die gebührende Achtung zukommen lassen, deren Fähigkeiten sie weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt machte und die uns ein lebendiges Erbe hinterlassen haben. Heute eröffnet sich uns die Möglichkeit, die Traditionen von einst wieder aufleben zu lassen – allerdings mit modernen Technologien der Lehmbauweise.

Auch in unserem Land kommen Ökohäuser aus Lehm wieder in Mode. Der bekannte bulgarische Architekt Georgi Georgiew baut nahe des Dorfes Tschiflitzite bei Belogradtschik ein ungewöhnliches Ökohaus - und zwar nach alter bulgarischer Tradition ausschließlich aus natürlichen Baumaterialien. Das Haus entsteht auf einer großen Wiese im Herzen des Balkanvorlandes, an einem der schönsten Orte Bulgariens – unterhalb einer einzigartigen Belogradtschiker Felskrone. Für den Architekten ist dieses Haus ein Experiment, denn er will es mit eigenen Händen bauen. Alle Baumaterialien kommen aus der Natur – Stein für das Fundament, Lehmziegel für die Wände, Holz für die Dachkonstruktion. Auch das Konzept für das ungewöhnliche Haus mit zwei seitlichen, flügelähnlichen Vordächern stammt von Georgi Georgiew. Das Gebäude fügt sich natürlich in die Landschaft und ist von weiten kaum auszumachen. Selbst das Dach ist mit Grasziegeln gedeckt. Beeindruckend sind die ideal glatten Wände aus 80 cm breiten Rohziegeln. Die Ziegel werden mit einer Presse vor Ort gefertigt. Der Lehm für die Ziegel, dem etwas Heu beigemischt wird, stammt aus dem Fundament des Hauses. Mörtel, Beton und jegliche andere Elemente aus dem modernen Bauwesen sind hier fehl am Platz. Selbst der Innenputz ist aus natürlich gefärbtem Lehm. Derartige Ökohäuser gibt es vielerorts in der Welt. In Bulgarien ist es nach dem einzigartigen Projekt im Dorf Leschten bei Gotze Deltschew, das auch als "Flintstone- Haus" bekannt ist, jedoch erst das zweite Lehmhaus dieser Art.

Ein weiteres bulgarisches "Unikat" ist ein Einfamilienhaus in Plowdiw, für dessen Bau ausschließlich alternative Energieträger genutzt werden. Übrigens bewirbt sich dessen Eigentümer um einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Warum? Ganz einfach – weil mit dem Bau eines solchen Hauses mindestens zwei Hauptprobleme der Gegenwart gelöst werden – in Krisenzeiten spart man Geld und im Zeitalter des Klimawandels schützt man die Umwelt. Laut Konzept von Ingenieur Georgi Stamow wird für den Hausbau Wasser mithilfe eines Windmotors aus der Erde gepumpt, die Elektrogeräte werden mit Solarstrom gespeist, die schwereren Maschinen werden mit Rapsöl-Kraftstoff angetrieben. Das Dach ist eine 5 m hohe Nachbildung der Cheops-Pyramide.

International, meint Georgi Stamow, setze man auf die s.g. Passivhäuser. Bulgarien verfügt über zahlreiche Naturgegebenheiten – es wäre eine Schande, wenn man diese nicht nutzen würde, so der Ingenieur. Durch die Nutzung alternativer Quellen könnten die Haushalte bis zu 90 Prozent Strom sparen. Das Neue bei diesem Projekt ist, dass die Ausbreitung der Wärmeströme der Natur entlehnt wurde – genauer gesagt den Verhaltensweisen afrikanischer Termiten, die seit 250 Millionen Jahren extremste Witterungsbedingungen überleben. Rund 65 Prozent der im Haus verwendeten Geräte werden aus erneuerbarem Strom gespeist. Zudem, so Georgi Stamow, sei der Bau derartiger Ökohäuser nicht sehr teuer.

Nach Artikeln in der bulgarischen Presse
Übersetzung: Christine Christov


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