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Das Aladscha-Kloster – ein Muss für Liebhaber der Geschichte und des Mystizismus

Foto: Albena Besowska
Das Aladscha-Kloster zählt zu den meistbesuchten touristischen Sehenswürdigkeiten des Landes. Auch heute noch zieht der Ort, an dem im Mittelalter Einsiedlermönche lebten, Liebhaber der Geschichte und des Mystizismus in seinen Bann. Ganz besonders im Sommer. Dann erheben sich die weißen, sonnenumfluteten Felsen inmitten des Grüns der riesigen Bäume, umgeben vom azurblauen Meer.

© Foto: Albena Besowska


Vor Jahrhunderten verbreitete sich auf bulgarischem Boden der Hesychasmus, eine spirituelle Form des orthodoxen Christentums. Angestrebt wird ein Zustand der völligen äußeren und inneren Ruhe, der als Voraussetzung für das Erleben einer besonderen göttlichen Gnade gilt. Der Name ist vom altgriechischen Wort "hesychia" abgeleitet, das „Ruhe“, „Stille“, „Schweigen“, „Einsamkeit“, „Gelassenheit“ und „Friede“ bedeutet. Zahlreiche Anhänger findet der Hesychasmus unter den Athos-Mönchen sowie in einer Reihe geistlicher Zentren in Kleinasien und auf der Balkanhalbinsel. Die Anhänger der mystischen Lehre finden in vielen Klöstern unseres Landes Unterschlupf, um ihren Gebetspraktiken nachzugehen.

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Das Aladscha-Kloster zählt zu den landesweit best erhaltenen geistlichen Zentren aus dem Mittelalter. Gelegen ist es im Nordosten Bulgariens, unweit des Seebades Goldstrand, 17 km nördlich von Warna - der zweitgrößten Stadt des Landes. Am Fuße des Felsplateaus erstreckt sich der Naturpark Goldstrand.

Der knapp 40 m hohe Kalksteinfelsen ist Teil eines mit natürlichen Felsnischen übersäten Plateaus, das einst auf dem Meeresboden lag. Historiker gehen davon aus, dass die Gegend bereits in der frühchristlichen Epoche (4.-6. Jahrhundert) besiedelt war. Davon zeugen Keramikfragmente, Münzen sowie Kreuzdarstellungen an den Wänden. Vor ca. 700 Jahren werden die Höhlen zum Heim von Mönchen, welches heute als Aladscha-Kloster bekannt ist. Nach der Eroberung Bulgariens durch die Osmanen verkommt der Ort.

© Foto: Albena Besowska

Altarnische in der Kapelle

Der christliche Name des Klosters ist unbekannt. Die Bezeichnung „aladzha“ ist persisch-arabischen Ursprungs und bedeutet „farbenprächtig, bunt“. Offensichtlich haben die farbenfrohen Fresken, die die Einheimischen vor Jahrhunderten hier vorfanden, bei der Namensgebung Pate gestanden. Leider ist heute nicht mehr viel von diesen herrlichen Wandmalereien zu sehen. Erhalten sind lediglich einzelne Ikonenfragmente, die für eine Restauration jedoch nicht ausreichen. Am besten erhalten sind die Fresken in der Kapelle in der zweiten Ebene. Allerdings ist diese nicht für Touristen zugänglich. Informationen über einen Teil der Fresken hat der Archäologe und Wissenschaftler Karel Skorpil in seinem Notizbuch festgehalten. Ausgangs des 19. Jahrhunderts beginnen die Skorpil-Brüder tschechisch-bulgarischer Abstammung und Begründer der bulgarischen Archäologie mit der Erkundung dieses christlichen Denkmals.

© Foto: Albena Besowska

Die Klosterkirche

Obwohl das Kloster Jahrhunderte lang leer stand, sind die einzelnen Räume gut auszumachen. In zwei Ebenen wurden Mönchszellen, eine Kapelle, eine Krypta und eine kleine Friedhofskirche in den Fels gehauen. Ebenfalls erhalten sind die Küche und der Speisesaal der Mönche. Auf der ersten Ebene befindet sich unmittelbar neben der Besucher-Holztreppe die Klosterkirche mit einer Altarnische in der Ostwand und wenigen erhaltenen Fresken. Wissenschaftler datieren die obere Malschicht auf Ende des 18. Jahrhunderts - die untere auf das 11.-12. Jahrhundert. Von der Kirche aus führt eine von Menschenhand geschaffene Steintreppe in sechs Mönchszellen. An den Wänden der Asketenbehausungen zeichnen sich noch heute die Spuren kleiner Nischen ab, in die Ikonen oder andere bescheidene Gegenstände gestellt wurden, die den Alltag der Bewohner begleiteten. Heute zieren lediglich einzelne Bilder die Wände, die das einstige Klosterleben veranschaulichen. Diese ist, abgesehen von den zahlreichen Zettelchen, auf denen In- und Ausländer trotz Verbot ihre innigsten Wünsche vermerken, der einzige moderne Eingriff. Dem hiesigen Volksglauben nach soll das Kloster auch heute noch von den Seelen der Mönche erfüllt sein, die den Menschen ihren innigsten Wunsch erfüllen.

© Foto: Albena Besowska

Eine der Mönchszellen

Das Aladscha-Kloster ist von zahlreichen Legenden umwoben. Eine Legende erzählt beispielsweise, dass von Zeit zu Zeit einer der Mönche erscheint und fragt, ob es noch Bäume in der Gegend gibt als auch ob die Frauen noch gebären... und mit dem Bejahen der Fragen wieder verschwindet. Zuvor soll er jedoch prophezeit haben, dass das Verschwinden des Lebens mit einem geheimnisvollen Ereignis verbunden sein wird.
Ob nun aufgrund dessen, dass der Bulgare dazu neigt, an herkömmlichem Aberglauben festzuhalten oder aber weil der Ort in der Tat besonders energiegeladen ist - sei dahingestellt. Auf jeden Fall trifft man dort jederzeit Menschen an, die sich der Geschichte des Aladscha-Klosters besonders verbunden fühlen. Im Museum am Klostereingang werden sie von freundlichen jungen Menschen empfangen, die ihnen die Ausstellung zeigen und über interessante Druckausgaben berichten, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.

© Foto: Albena Besowska


Vielleicht treffen sie ja auch auf einen schweigsamen Mann aus Warna, der oft hierher kommt. Der gelernte Elektriker hat sich der Holzschnitzerei verschrieben. Unter seinen geschickten Händen entstehen stets neue Figuren von Einsiedlermönchen. Seiner Ansicht nach haben die Asketen den Ort mit Glauben und vielen anderen Dingen aufgeladen, die nur schwer in Worte zu fassen sind.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Albena Besowska


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