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Radiogeschichte des bulgarischen Schlagerliedes – Zweiter Teil

Mitte der 60er Jahre des vergangnen Jahrhunderts erlebte die bulgarische Schlagerbranche einen kräftigen Auftrieb und das auf mehreren Ebenen: Podium, Medien und Livemusik. Hinzu kommen die Laieninterpretationen und die Hausmusik, die zu jener Zeit noch weitgehend gepflegt wurde. Es fehlte einzig der Bereich Wettbewerb. Doch er ließ nicht lange auf sich warten. Die damalige staatliche Wirtschaftsvereinigung „Tourist“ organisierte ein Festival des bulgarischen Schlagerliedes, dessen erste Aufgabe 1965 in der Feriensiedlung „Sonnenstrand“ am Schwarzen Meer veranstaltet wurde. Im Jahr darauf erlebte das Festival eine zweite Ausgabe.

Als Großer Preis wurde der „Goldene Orpheus“ verliehen. Die Idee für diese Auszeichnung wie auch die Statuette stammen vom bedeutenden bulgarischen Maler Detschko Usunow. Doch zu jener Zeit trug das Festival noch den Namen „Lied der bulgarischen Schwarzmeerküste“.

Die auf diesem Wettbewerb vorgestellten Lieder zeichneten sich durch ihre Vielfalt aus. Etliche Kompositionen erhielten verschiedene Preise der Jury, wie auch verschiedener Organisationen. Erwähnt seien an erster Stelle die Tanzlieder.
Auf der Ausgabe des Schlagerwettbewerbs „Lied der bulgarischen Schwarzmeerküste“ von 1966 wurde kein Erster Preis vergeben. Auf den zweiten Platz kam das Lied „Erinnerungen an den Sommer“. Der frische Charleston sorgt für Stimmung auch mit seinem Text, geschrieben von Sdrawko Petrow. Nicht unerwähnt soll auch die Rumba „Das Meer lädt mich ein“ von Georgi Genkow bleiben. Dieses Lied erhielt den Preis von „Heimattourist“, einem damaligen staatlichen Reiseveranstalter.
Ein Preis von „Heimattourist“ ging auch an das Lied „Meine verstreute Liebe“ von Tontscho Russew in der Interpretation von Margarita Dimitrowa.
Was die Hörgewohnheiten der Bulgaren anbelangt, so gibt man eher dramatischeren und emotionsgeladeneren Liedern den Vorzug. Ein solches Lied ist „Die Delfine“ von Dimitar Waltschew, das auf dem Schlagerwettbewerb „Lied der bulgarischen Schwarzmeerküste“ ebenfalls einen zweiten Preis erhielt.

Geschmacklich in die gleiche Richtung geht auch das Lied „Das weiße Boot“, das mit einem dritten Preis bedacht wurde. Die Musik schrieb Angel Saberski und gesungen wurde es von Lili Iwanowa, die sich zu jener Zeit in ihrer sogenannten „italienischen Periode“ befand. Darüber schreibt der Komponist Raswigor Popow in seinen Memoiren „Vor Hunger sterbe ich“ folgendes: „Sdrawko Radoew lud uns ein, das neue Programm zu hören, das sie zusammen mit Lili fürs Ausland vorbereitet hatten. Als sie anfing zu singen, traute ich meinen Ohren nicht. Sie sang nunmehr expressiv, auf neue Weise aggressiv und imitierte die in Italien gerade modern gewordene junge Sängerin Rita Pavone. Die Italiener nannten ihren Stil „urlatore“, was soviel wie „Schreier, Geschrei“ bedeutet. Dabei wird der erste Teil des Liedes sehr leise gesungen, fast nur gehaucht, während der Refrain zum Kontrast aus voller Kehle geschrieen wird. Das war natürlich sehr effektvoll. Wir haben sie daraufhin dafür beglückwünscht, dass sie diesen Stil gewählt haben, der ausgezeichnet zu Lili passt...“

In den 60er Jahren war Lili Iwanowa bereits sehr populär. Die Kombination von ihrem Talent, auf den Hörer einzuwirken und das kompositorische Können von Josif Zankow-Joschi war von schöpferischem Erfolg gekrönt. In seinen Memoiren meinte Raswigor Popow: „Joschi war ein wahrer Meister der Melodie“.

Eine Gipfelleistung des Tandems Lili Iwanowa – Josif Zankow ist das Lied „Meer der Jugend“ von 1966. Dieser Schlager wurde vom Publikum auf den ersten Platz gesetzt, dem die Lieder, die in die zweite Runde des Wettbewerbs gekommen waren, in einigen Radioprogrammen vorgestellt wurden. Wiederum die Hörer waren es, die Lili Iwanowa als beste Sängerin platzierten.

Zum Schluss wollen wir auf noch ein Lied aufmerksam machen. Mit seiner Eigenheit unterstreicht es die großen schöpferischen Ambitionen der jungen bulgarischen Schlagerkomponisten in der Zeit des Aufblühens dieses Genres und seiner nationalen Individualisierung. Die Musik zur „Ballade über die Glocken von Nessebar“ von Bogomil Gudew komponierte Atanas Bojadschiew. Dieses Lied wurde auf dem Wettbewerb mit dem Sonderpreis des Verbandes der bulgarischen Komponisten ausgezeichnet. Im Grunde genommen ist es kein Unterhaltungslied in dem Sinne, sondern malt eher ein schlager-symphonisches Bild, das auf einnehmende Weise die Beziehung zwischen Mensch und Meer als Metapher der Schicksalsschläge im Leben des Menschen schildert.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Um die Sendung zu hören, klicken Sie bitte auf den Titel neben dem Audiosymbol.
По публикацията работи: Prof. Rosemarie Statelowa


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