Anfang der Woche legte die EU-Kommission ihren ersten Korruptionsbericht für alle 28 Mitgliedsländer vor. Er soll vor allem den Einsatz der Politik stimulieren, mehr gegen Bestechlichkeit und Machtmissbrauch zu tun. Der nächste Bericht soll in zwei Jahren erscheinen.
Für Bulgarien ist dieses Verfahren nicht neu – das Land lebt seit dem Beitrittsjahr 2007 im Halbjahres-Takt, denn die Brüsseler Kommission veröffentlicht alle sechs Monate im Rahmen des sog. Kooperations- und Kontrollverfahrens einen Fortschrittsbericht für die kritischen Bereiche Inneres und Justiz. Dazu gehört ohne Frage auch die Korruption. Im Halbjahres-Takt flattert also der EU-Bericht nach Sofia ein und sorgt jedes Mal für politisch(populistisch)en Kontroversen, jedoch meist von kurzer Dauer und mit wenig Folgen.
Der Korruptionsbekämpfungsbericht vom vergangenen Montag ergab, dass Bestechungen die Wirtschaft in der Europäischen Union pro Jahr um 120 Milliarden Euro schädigen. Eine ernüchternde Zahl. Die Summe kommt fast dem gesamten EU-Haushalt gleich. Wie viel davon in Bulgarien geschmiert wird, steht im Bericht nicht. Und überraschend für viele mag sein, dass Bulgarien bei weitem nicht zu den Schlusslichtern gehört. Justizministerin Zlatanowa "beruhigte" sogar die Medien, das Land gehöre zur "goldenen Mitte". Erst in einem Nebensatz erwähnte sie aber, dass nur 9 Prozent der befragten Bulgaren der Justiz im eigenen Land trauen. Es macht doch einen Unterschied, ob nach Ansicht der Bürger die Richter korrupt sind, oder einzelne Manager.
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström legte einen Maßnahmenkatalog vor, mit dem die Kommission die Länder im Kampf gegen Schmiergeldzahlungen unterstützen will. Drei Tage später reagierte endlich auch der bulgarische Regierungschef Plamen Orescharski, indem er ein Programm und eine neue Behörde versprach. Darin sind die bulgarischen Regierungen einfach unschlagbar – Programme, Strategien und Behörden gibt es in Hülle und Fülle. Mit der Umsetzung hapert es aber gewaltig. Die Bürokratie in Bulgarien sucht ohnehin seines Gleichen. Nun soll eine neue Antikorruptionsbehörde die Bemühungen aller staatlicher Institutionen in der Korruptionsbekämpfung koordinieren. Diese erste Reaktion des Ministerpräsidenten vom Mittwoch enthält kein einziges Wort von Strafverfolgung in Korruptionsdelikten. Und auch nichts über „Frühwarnsysteme“ gegen Bestechung. Es fehlt auch eine nur ansatzweise geplante Regelung für Lobbyismus. Dabei ist der EU-Korruptionsbericht in seinem Teil über Bulgarien sehr deutlich – obwohl das Land mit zahlreichen Bestechungsskandalen für negative Schlagzeilen sorgt, gibt es keine Gerichtsurteile. Dabei schuf man 2011 ein Spezialgericht für schwere Verbrechen der organisierten Kriminalität (und Korruption gehört ja dazu).Politisch äußerst dynamisch, mit einem Gefühl grenzenloser Toleranz gegenüber den Fehlern der Regierenden seitens der Gesellschaft. So kann allgemein das Jahr 2023 aus der Sicht der Politikwissenschaftler Sergej Petrow und Swetlin Tatschew eingeschätzt..
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