Vor einem halben Jahrhundert gewann der bulgarische Geiger Peter Deltchev zum zweiten Mal in Folge den vierten Preis des renommierten internationalen Wettbewerbs für Violine „Niccolò Paganini“ im italienischen Genua. Im Jahr zuvor musste Deltchev eine Sondergenehmigung erwirken, da er noch nicht Volljährig war. Auf diesem Wettbewerb hatten nur wenige Bulgaren Erfolg – 1961 errang der damals 33jährige Emil Kamilarow den Ersten Preis und 1970 Mintscho Mintschew (im Alter von 20 Jahre) einen zweiten Preis. Preise gewannen ferner Wanja Milanowa, Georgi Tilow, Wasko Wassilew… Der einzige Bulgare jedoch, der zwei Mal Preise errungen hat und das im jugendlichen Alter, ist und bleibt Peter Deltchev.
Anlässlich dieses Ereignisses wurde unlängst im hauptstädtischen Kulturhaus „Wasraschdane 1935“ ein Treffen veranstaltet, auf dem Krassimir Deltchev (Bruder von Peter Deltshev) über die verhältnismäßig kurze Karriere des begabten Geigers erzählte, der aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig in Rente gegangen ist. Nach einer kurzen Pause wirkte er erneut als Interpret, jedoch nur, um das Album „Weinende Geige“ aufzunehmen, das sein „Schwanengesang“ werden sollte. Die Aufnahmen erfolgten am Bulgarischen Nationalen Rundfunk, der die CD auch herausgab. Auf dem Treffen in Sofia erklangen Stücke aus diesem Album, wie auch Interpretationen vonAgop Manikyan (Viola) und Ani Toshkova (Klavier). Die Pianistin hat lange Jahre den damals jungen Geigenvirtuosen am Klavier begleitet. Für sie war das gemeinsame Musizieren ein unvergessliches Erlebnis. Mario Angelov, der Peter Deltchev bei den Aufnahmen für die „Weinende Geige“ begleitete, erinnert sich:
„Es war im Jahre 2003, als eine große Gruppe des Symphonieorchesters des Bulgarischen Nationalen Rundfunks, zu der auch ich gehörte, in Verbindung mit einem Projekt nach Deutschland reiste“, erzählt der Pianist. „An einem Abend führte man uns in ein Restaurant, das der Gattin von Peter Deltchev gehört, der ein bedeutender, ja außergewöhnlicher bulgarischer Geiger ist. Er lebt seit vielen Jahren in Deutschland, wo er Karriere gemacht hat. Im Restaurant stand ein schöner weißer Flügel. Als wir mit dem Abendessen fertig waren, kam ein hochgewachsener blonder Mann herein und lächelte mehr, als es mir für angemessen erschien. Schnell klärte sich die Sache auf – es war Peter Deltchev. Es hatte nicht nur seine Violine mitgebracht, sondern auch einen großen Koffer voller Noten. Er wollte einfach mit jemand zusammen musizieren, was er anscheinend längere Zeit nicht gemacht hatte. Er kramte verschiedene Noten hervor und legte sie auf den Flügel - ich musste die Stücke aus dem Stegreif spielen. Das Repertoire stammte aus der „goldenen Ära“ der sogenannten Salonmusik – Werke von Gershwin, verschiedene Csárdás… Vordem hatte ich mich noch nicht mit solcher Musik auseinandergesetzt, vielleicht wegen meiner klassischen Ausbildung. Der Bus, der uns abholen sollte, fuhr ohne einige Kollegen ab, darunter der Produzent des Bulgarischen Nationalen Rundfunks, Wladimir Christosow, und der Orchesterinspektor Krassimir Petew. Peter und ich spielten bis zum Morgengrauen. Nach unserer Rückkehr nach Sofia, organisierte Wladimir Christosow die Aufnahmen am Rundfunk.
Wir machten einige kurze Proben mit Peter und nahmen alle Stücke des Albums an zwei Tagen auf. Als sein Bruder in der vergangenen Woche das Konzerttreffen organisierte, auf dem an den aufeinanderfolgenden Erfolg von Peter Deltchev auf dem Paganini-Wettbewerb erinnert wurde, hörte ich zum ersten Mal wieder unsere Aufnahmen. Sie weckten Erinnerungen, ich erfuhr aber auch viele für mich neue Dinge aus dem Leben des Geigers. Bemerkenswert ist, dass er einzig und allein in Bulgarien zum Geigenvirtuosen herangewachsen ist.
Sein hiesiger Lehrer war Konstantin Sidarow. Mich beeindruckte auch die Tatsache, dass Peter mit einer unwahrscheinlichen Leichtigkeit, erlesenen Geschmack und einer perfekten Intonation spielt. So etwas habe ich noch nicht wieder erlebt. Trotz der Distanz der Zeit müssen wir an seine Erfolge erinnern. Peter Deltchev verdient eine weitaus größere Anerkennung!“.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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