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Einmal kommt der Veitstag für jeden

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„Jede Ziege auf ihrem Bein, doch wenn der Veitstag kommt, werden wir sehen!“ Diese populäre bulgarische Redewendung stammt aus längst vergessenen Zeiten. Damit will man zum Ausdruck bringen, dass man eines Tages für seine Taten zur Rechenschaft gezogen wird.

Veitstag – ein Tag der Vergeltung

In den Vorstellungen der alten Bulgaren ist der Veitstag der Tag der Vergeltung durch eine höhere Macht. Jeder, der etwas Böses getan hat und nicht nach den Gesetzen Gottes gelebt hat, erhält eines Tages seine gerechte Strafe. Und das geschieht am Veitstag – bulgarisch „Widow Den“, womit man aber sicher nicht den Tag den heiligen Veit gemeint hat, der am 15. Juni geehrt wird. Laut Volksetymologie stehe an diesem Tag eine Frau namens „Wida“ im Mittelpunkt, die die Schwester zweier Heiliger gewesen sein soll – Bartholomäus und Elissäos (eigentlich Elischa - ein Prophet des Alten Testaments), die beide Gebieter des Hagels seien. Nach altem Brauch dürfe an diesem Tag nicht gearbeitet werden, damit man diese „Hagel-Heiligen“ nicht erzürnt und sie die Ernte vernichten.

Heilige, die vor Hagel schützen

In einer anderen Legende werden vier Brüder genannt – German, Bartholomäus, Elissäos und Wido. Den German ehrt man am 12. Mai, an dem die Kirche an den heiligen Germanos, Patriarch von Konstantinopel, erinnert, der im 8. Jahrhundert gelebt hat und gegen die Ikonoklasten (Ikonenstürmer) gewesen ist. Die alten Bulgaren sahen im heiligen German, wie sie ihn nannten, aber eher eine heidnische Gottheit, die Hagel brachte, wenn man sie nicht gebührend ehrte und damit erzürnte. Auch an diesem Tag durfte man nicht arbeiten; gemeint ist natürlich die Feldarbeit. Am 11. Juni ehrt die Kirche wiederum den heiligen Apostel Bartholomäus. Auch in ihm sahen unsere Vorfahren einen Gebieter über den Hagel und genauer gesagt den Sommer-Hagel. In einigen Dörfern Bulgariens wird bis heute an diesem Tag über die künftige Ernte orakelt. Unmittelbar vor dem Veitstag wird am 14. Juni des Propheten Elissäos gedacht. Der legitime Nachfolger des Propheten Elija hatte jedoch in den Augen der Bulgaren eine ganz andere, weitaus profanere Aufgabe – er sollte vor Haarausfall schützen. Außerdem sah man in ihm einen Geist, der Krankheiten verbreite, diese aber auch heilen könne. Bis zum Tag des Propheten Elissäos musste die Hirse-Saat beendet werden. Ein Bauernweisheit besagt: „Wer bis Elissäos-Tag nichts sät, wird auch nichts ernten!“

Alte Rituale, die Gesundheit und Heiterkeit bescheren

Am Vorabend des Veitstags gingen früher die Bauern auf die Felder, wo sie sich mit verschiedenen Kräuter-Suden begossen und irgendetwas gelobten, um gesund zu bleiben. Das war die Vorbereitung auf den Veitstag, an dem die „Schwester Wida“, oder eben der „Bruder Wido“ verehrt wurde.

Die meisten Bräuche, die am Veitstag gepflegt wurden, sind heute in Vergessenheit geraten. Wenn man vom Veitstag spricht, dann meint man meist den „Tag der Vergeltung“, der irgendwann einmal für jeden Menschen kommt. Nur in einigen wenigen Regionen Bulgariens werden bis heute noch einige Rituale vollführt. So muss man am Veitstag noch vor Sonnenaufgang aufstehen und genau verfolgen, wie die Sonne aufgeht. Das solle Gesundheit und Heiterkeit bescheren.

Hagel – eine Strafe für begangene Sünden

Laut volkstümlichen Vorstellungen seien Hagelschläge und andere Unbilden der Natur eine Strafe Gottes für begangene Sünden. Die Ethnologen sehen hierin die Verbindung zwischen dem „Tag der Vergeltung“ und den „Hagel-Heiligen“. Sie bestrafen, während ihre Schwester (oder ihr Bruder) alles beobachtet und die Vergehen registriert.

In einigen Regionen Bulgariens öffneten die Mädchen die Truhen mit ihrer Aussteuer und hängten einige ihrer Kleider auf den Zaun, damit sie die Sonne sehe, aber auch die anderen Dorfbewohner. Einer alten Überlieferung nach stehe der Veitstag mit dem Sehvermögen in Verbindung. Aus diesem Grund standen die Menschen, die Sehstörungen hatten, früh auf und wuschen ihre Augen mit dem Tau, der sich auf den grünen Zweigen gebildet hatte.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BGNES, Pixabay



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