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Mission in Gefahrenzone

Ein junger Arzt erzählt über seine Arbeit in einer Corona-Abteilung

Foto: Privatarchiv

„Es ist eine Arbeit, auf die man nicht vorbereitet ist. Trotz der Ermüdung und der täglichen Opfer ist die Freude über genesene Patienten und die gesammelten Erfahrungen groß.“ Das sagte der junge Arzt Dr. Kalojan Tschilingirow, der momentan in der Corona-Abteilung des Sofioter Unfallkrankenhauses „Pirogow“ arbeitet.

Dr. Tschilingirow stammt aus der ostbulgarischen Stadt Schumen. Seit fast 3 Monaten hilft er in der Abteilung für Corona-Patienten des hauptstädtischen Krankenhauses „Pirogow“, obwohl er von der Ausbildung her ein Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde ist. Er gehört zu jenen Fachleuten, die aus anderen medizinischen Einrichtungen und Abteilungen entsandt wurden, um ihren Kollegen in überlasteten Corona-Abteilungen Unterstützung zu leisten. Der junge Arzt muss zugeben, dass es heute „ruhiger“ ist, im Vergleich zur Situation im November vergangenen Jahres, als es für das Gesundheitssystem besonders kritisch war. Dr. Tschilingirow hat aber auch feststellen müssen, dass die Bürger gespaltener Meinung zur Maskenpflicht sind. Die einen tragen strikt Masken, den anderen scheint es gleichgültig zu sein...

Bar des eigenen Komforts helfen und Leben retten

„Alle Kollegen – Ärzte in „Pirogow“ arbeiten auf diesem Gebiet bereits seit Beginn der Pandemie, da der erste Corona-Fall in Bulgarien in unser Krankenhaus eingeliefert wurde. Im November machte sich ein ernster Mangel an Ärzten bemerkbar, die dem Druck der Corona-Welle standhalten mussten. Jede Abteilung einer jeden Klinik im Land musste mindestens einen Arzt und weiteres medizinisches Personal entsenden, die in Corona-Abteilungen Hilfe leisten sollen. Wir wussten nicht, für wie lange das sein wird. Am Anfang dachten wir, dass es etwa zwei, drei Wochen dauern werde, doch dann kam auch schon das Ende des Jahres. Ich hatte mich freiwillig gemeldet, da ich 20 bis 30 Jahre jünger als meine Kollegen bin, die entsprechend gefährdeter sind. Ich fühlte mich dazu berufen. In den ersten Wochen klopfte mir bereits das Herz als ich morgens aus dem Haus und ins Krankenhaus ging. Einem derartigen Stress war ich bislang nie ausgesetzt gewesen. Es gab Augenblicke, da dachte ich, dass ich nicht mehr weitermachen kann. Die Arbeit war aber derart intensiv, dass man keine Zeit zum Nachdenken hatte. Man hatte das einzige Ziel vor Augen, den Menschen zu helfen, den ganzen Patientenandrang zu bewältigen, der rund um die Uhr anhielt.“


Die Patienten

„Wir arbeiten mit lebenden Wesen, die leiden und ungemein verängstigt sind. Einige Patienten glauben wiederum nicht, dass sie infiziert sind, obwohl sie bereits extrem starke Atemnot verspüren. Sie sind davon überzeugt, dass das irgendein Medienschwindel ist. Sobald sie sich aber ihrer Lage bewusst geworden sind, kommt die Ernüchterung. Sie stellen unheimlich viele Fragen. Einige verhalten sich auch grob, aber das ist verständlich, bedenkt man, dass sie abgeschirmt sind, in Isolation leben – getrennt von ihren Nächsten. Ich war immer 12 Stunden mit ihnen zusammen und hatte keine anderen Kontakte; wir haben es geschafft, uns gemeinsam zu helfen und wieder Land unter den Füßen zu bekommen.“

Was wird Dr. Tschilingirow nie vergessen können?

„Ich werde keines der Gesichter der Patienten vergessen, die wir verloren haben. Es waren leider nicht wenige, trotz aller Anstrengungen.“

Vom „Schlachtfeld“ zur „Waffe“ – Impfstoff

Laut Dr. Kalojan Tschilingirow haben die sozialen Netzwerke eine negative Rolle in Bezug auf die Ängste und Vorurteile gegenüber einer Corona-Impfung gespielt, da über sie viel pseudowissenschaftliche Information verbreitet wird. So z.B. wurde behauptet, dass Frauen, die sich impfen lassen, nicht mehr schwanger werden können. „Wem nutzt das?“, fragt der Mediziner aufgebracht und meint: „Solche Mythen müssen öffentlich bekämpft werden!“


„Ziel der Impfung ist der Aufbau einer Herdenimmunität“, sagt der junge Arzt, der sich demnächst impfen lassen wird. „Der größere Teil der Kollegen, die sich bislang nicht infiziert haben, wird sich impfen lassen, weil wir täglich die schwersten Fälle vor Augen haben und keiner von uns die Infektion weiterverbreiten möchte.

Redaktion: Elena Karkalanowa

Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow

Fotos: Privatarchiv und BGNES


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