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Lazarustag – ein Fest des Jungseins und der Schönheit

Foto: Archiv

Heute ist Lazarustag. Es ist der Tag, an dem Christus eines Seiner Wunder vollbracht hat – die Auferweckung des Lazarus von den Toten. Dieses Fest leitet in gewisser Weise die Auferstehung des Herrn ein, die eine Woche später begangen wird.

Einst stellte der Lazarustag eine wichtige Etappe in der sozialen Entwicklung der Mädchen dar, die sich an der Schwelle zum heiratsfähigen Alter befanden. Mit einem Blumenkranz auf dem Kopf vollführten sie verschiedene Bräuche als sogenannte Lazarus-Mädchen.

Im Unterschied zum Fernunterricht oder Online-Konferenzen verliert der Brauch seinen Sinn, wenn er der Lieder und Rituale der Lazarus-Mädchen beraubt ist, mit denen der Frühling und die Schönheit besungen werden. „Wir müssen vernünftig sein und das Leben und die Gesundheit der Bewohner unseres Dorfes bewahren“, sagte, wenn auch mit einem Seufzer, Wentzislawa Potewa, Bibliothekarin und Leiterin der Laienensembles am Kulturhaus des Dorfes Mirowjane bei Sofia.

Jahrhunderte lang waren unsere Vorfahren davon überzeugt, dass ein Mädchen nie heiraten werde, wenn es sich nie an den Lazarusbräuchen beteiligt hat. Man glaubte, dass auch andere Gefahren auf solche Mädchen lauern würden, beispielsweise könnte sie ein Drache entführen. In einigen Regionen Bulgariens begannen die Vorbereitungen auf den Lazarustag bereits am 9. März. Die Mädchen versammelten sich in Gruppen und lernten von den älteren Frauen die Lieder und Rituale für das Fest. Jedem Mädchen kam eine bestimmte Aufgabe zu – Sängerinnen, Tänzerinnen, Anführerinnen des Reigens u.a.

Da das Fest an der Wende zur wärmeren Jahreszeit liegt, fanden einst traditionelle Umzüge statt. Dabei machten die Lazarus-Mädchen eine Runde um die Wiesen und Äcker und segneten dabei den Boden, dass er fruchtbar sein möge. Segenswünsche wurden auch in den einzelnen Gehöften des Dorfes überbracht. Dabei tanzten die Lazarus-Mädchen in ihren neuesten Trachten, geschmückt mit Blumengebinden. Sie galten als Symbole der Jugend, Schönheit, des Neuanfangs und der Hoffnung auf Gesundheit und Fruchtbarkeit.

Lange Jahre wurde das Brauchtum zum Lazarustag vernachlässigt. Erst seit einigen Jahrzehnten wird es wieder in den meisten Dörfern und Kleinstädten gepflegt, wo die Folklore zunehmend mehr Anhänger findet. Es gibt Orte in Bulgarien, an denen die Traditionen nie zum Erliegen gekommen sind, jedoch nur im engen Familienkreis ausgeübt wurden.

Im vergangenen Jahr haben die meisten Kulturhäuser auf die speziellen Veranstaltungen zum Lazarustag verzichtet. Die Lieder der Lazarusmädchen erklangen nur über die sozialen Netze. Obwohl der diesjährige Lazarustag in eine Zeit der Lockerung der epidemiologischen Maßnahmen gefallen ist, wurden die meisten Veranstaltungen der Laiengruppen abgesagt. „Man begnügt sich mit Aufnahmen von vergangenen Jahren, um das Fest zu spüren“, erzählte uns Iwan Naumow, Vorsitzender des Kulturhauses „Quelle 2013“ in Separewa Banja.

In einigen Orten haben sich dennoch Lazarusmädchen versammelt, allerdings nur vor ihren Häusern – mit aufgesetzten Schutzmasken und den nötigen Abstand einhaltend. „Es ist zwar nur eine halbe Sache, wir werden aber dennoch einige Rituale vollführen“, versichert Margarita Petkowa, Bürgermeisterin des Dorfes Zarewetz. „Falls wir alles aufgeben sollten, was wird uns dann noch vom Leben bleiben und was werden wir weitergeben können? Die alten Rituale sollen Gesundheit bescheren und die guten Wünsche in Erfüllung gehen lassen. Allen möge es wohl ergehen, vor allem den Kindern!“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BGNES, Archiv





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