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Dr. Petar Atanassow: „Der Patient ist kein Rechnungskonto!“

Foto: Darina Grigorowa

In der Klinik für Innere Medizin des Notfallkrankenhauses „Pirogow“ warten vor dem Sprechzimmer von Dozent Petar Atanassow jeden Morgen viele Patienten, ganz egal ob es gerade ein Werk- oder Feiertag ist. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Menschen, die eine Covid-19-Infektion überstanden haben und deren gesundheitlicher Zustand überwacht werden muss. Aber es kommen auch Patienten aus allen Landesteilen, die hoffen, dass Dozent Atanassow ihre Ängste zerstreut. Wenn die Patienten ihn nach der Untersuchung fragen, was sie ihm schulden, antwortet er immer ein und dasselbe: „Nichts weiter als freundliche Behandlung!“

Dozent Atanassow* ist felsenfest davon überzeugt, dass ein Arzt unter keinen Umständen in finanzielle Beziehungen mit seinen Patienten treten darf. „Ein Mensch ist kein Rechnungskonto. Ich möchte mich nicht damit befassen! Ich möchte keine finanziellen Schranken haben, um nicht ungewollt der Gesundheit eines Menschen zu schaden. Egal ob durch Handeln oder Unterlassen: Wenn man einem Patienten schadet, ist das nicht professionell“, sagt er.


Dozent Atanassow ist einer der ersten Mediziner in Bulgarien, die Anfang März 2020 mit Covid-19 konfrontiert wurden. Binnen 24 Stunden wurden die Notaufnahme, die Klinik für Innere Medizin und ein Teil der Intensivstation in „Pirogow“ in Covid-19-Abteilungen verwandelt, wo die schwersten Fälle aus ganz Bulgarien eingeliefert wurden. Als Leiter der gesamten Covid-Abteilung kommt Dozent Atanassow die ganze Verantwortung für die schwierigen Entscheidungen während der Krise zu. Er wacht über jeden Patienten persönlich. Aus diesem Grund erhalten er und sein Team ein äußerst positives Feedback von den Patienten.

Ich danke für die Anerkennung! Die Patienten sind die Opfer und können deshalb am besten beurteilen, ob wir unsere Sache gut machen. Wir tun nur unseren Job. Wir haben die Lage in der Welt analysiert und mir war klar, dass wir eine Lösung finden müssen, um sie zu meistern. Unter großen Befürchtungen habe ich mich zugunsten einer natürlichen Immunität entschieden, angefangen bei mir selbst. Es hat sich herausgestellt, dass man eine stabile und dauerhafte Immunität erlangen kann, wenn man vernünftig und konsequent handelt. Ich habe den Krankheitsverlauf von über 400 Patienten verfolgt, die die Erkrankung vor einem Jahr überstanden haben und kann sagen, dass die Immunität bei 99 Prozent von ihnen weiterhin leicht ansteigt“, sagt Dozent Atanassow.

In der Covid-19-Abteilung** in „Pirogow wurden mehr als 5.000 Patienten in einem mittel- bis sehr schweren Zustand untersucht und behandelt und über 20.000 leichtere Fälle diagnostiziert, ambulant behandelt und überwacht. All das liefert ein umfassendes Bild, was die Komplikationen der Erkrankung angeht. Leider wurde der Großteil der Bulgaren, die nicht in der Covid-19-Abteilung von Dozent Atanassow behandelt wurden, dem Gewissen ihrer Hausärzte überlassen, die einerseits den Limits der Krankenkasse und andererseits der Gesundheit ihrer Patienten Rechnung tragen müssen.

„Früher haben wir Patienten mit Diagnosen aufgenommen, und jetzt sind wir gezwungen, auf klinische Behandlungspfade zu achten. Das ist ein Indikator, dass sich die Dinge ändern müssen“, betonte Dozent Atanassow. „Wir haben ein Monopolsystem und bestimmte Schablonen eingeführt; ein Mensch kann aber nicht nach Schablonen behandelt werden“, meint Dozent Atanassow. „Die Behandlung in einen trockenen, toten Algorithmus zu stecken – das führt nicht zu guten Ergebnissen. Wenn es sich um eine Bedrohung für viele Menschen handelt, muss man das kleinere Übel wählen, trotzdem aber um jedes einzelne Menschenleben kämpfen! Bei manchen Patienten muss man mehr Zeit, mehr Mühe, mehr Denkarbeit und natürlich mehr Geld investieren. Ich aber möchte nicht, dass mich das Geld interessiert und mir den Weg weist! Das führt sehr oft zu Einsparungen zum Nachteil der Gesundheit des Patienten, und dies ist ein Verbrechen an diesem Menschen“, so Dozent Petar Atanassow abschließend.



*Dozent Petar Atanassow leitet seit 2014 die Klinik für Innere Medizin im Notfallkrankenhaus „Pirogow“, ist aber seit 1992 im Krankenhaus tätig. Er ist Autor von über 100 wissenschaftlichen Publikationen.

** Die Genesungsphase muss wegen der Gefahr bleibender und lebensgefährlicher Schäden überwacht werden. Es wurde auch ein Callcenter eingerichtet – zur Nachverfolgung von Patienten in häuslicher Quarantäne und für Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Ihr gesundheitlicher Zustand wird im Laufe eines Jahres überwacht. Es wurde auch eine Hotline für psychologische Beratung eingerichtet, inklusive für das medizinische Personal im Krankenhaus.


Übersetzung: Rossiza Radulowa



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