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Zum Nachdenken vor dem Welttag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober

Von Panikattacken bis hin zu ständiger Angst und Depression oder wie wir auf die Covid-Situation reagieren

Foto: Pixabay

Egal ob Krieg, Naturkatastrophe oder Epidemie, ist es normal, dass jede extreme Situation, die nicht unserer Kontrolle unterliegt, ein Gefühl der Hilflosigkeit und Verletzlichkeit erzeugt. Oft führen diese Umstände zu psychischen Traumata. Die Verschlechterung der psychischen Gesundheit wird für Europa zu einer parallelen Pandemie und sie bedroht nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) massenhaft die psychische Gesundheit auf dem Kontinent. Betroffen sind vor allem junge Menschen.

Diese Befürchtungen werden auch von den Mitarbeitern des Zentrums für psychosoziale Unterstützung beim Bulgarischen Roten Kreuz mit Sitz in Plowdiw geteilt. Seit Beginn der Covid-Krise haben engagierte Psychologen mehr als 4.000 Bulgaren bei von der Pandemie verursachten psychischen Problemen kostenlos konsultiert. Die meisten Ratsuchenden waren Frauen und junge Menschen.

„Es gibt eine Entwicklung der Problematik. Während wir 2020 mit der Panik konfrontiert waren, ist es jetzt die Angst, hervorgerufen durch viele Unbekannte, den langen Lockdown, den Verlust des Arbeitsplatzes oder von nahen stehenden Personen. Dadurch steigt der Anteil der Bulgaren mit Depressionen“, erklärt die Direktorin der regionalen Organisation des Bulgarischen Roten Kreuzes (BRK) Tanja Georgiewa und fügt hinzu, dass Menschen aus dem ganzen Land um Hilfe bitten.

Angst vor Ansteckung, Krankheit und Tod, Angst vor Einsamkeit, Arbeitslosigkeit und Armut, Angst um das Leben von geliebten Menschen und die Hilflosigkeit, sie nicht schützen zu können und vor allem der Verlust der Kontrolle über das eigene Leben.

„Es gibt Bulgaren, die ihr Leben vollständig der Suche nach Informationen über das Geschehen während der Pandemie untergeordnet haben. Es ist ein Leben im Netz und das wirkt sich negativ auf ihre psychische Gesundheit au. Diese Menschen suchen nach einer Möglichkeit zu überleben, indem sie sich in die virtuelle Welt flüchten. Das ist aber mit erhöhter Angst verbunden und kann depressive Zustände auslösen, die zu Panikattacken führen", sagte Biljana Karadzhowa, Koordinatorin des Kontaktzentrums in Plowdiw.

„Auffallend unter den jungen Menschen im aktiven Alter, die unsere Dienste in Anspruch genommen haben, ist, dass sie ihren Arbeitsplatz verloren haben und bereits zu den Langzeitarbeitslosen zählen. Sie befinden sich in einer schweren sozialen Isolation. Sie vertieft sich und hindert sie daran, Arbeit zu finden. Das veranlasst sie wiederum, sich noch mehr abzukapseln und so geraten sie in einen Teufelskreis. Das zeichnet sich bereits als Tendenz ab, haben wir mit Kollegen festgestellt“, behauptet die Psychologin.

Die Angst, Unsicherheit und Isolation wirken sich, den Psychologen zufolge, auch auf die Familien aus.

"Viele Menschen wenden sich wegen eines psychischen Zusammenbruchs im Zusammenhang mit der Trennung von einem geliebten Menschen an uns, sei es die Scheidung von Ehepaaren oder die Auflösung einer freien Beziehung", erzählt Biljana Karadzhowa. Die Krise wirke auf instabile und disharmonische Familienbeziehungen wie ein Katalysator.

Was die häusliche Gewalt unter den Bedingungen von Covid betrifft, so sind die Signale für solche Verbrechen in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres um das Dreifache mehr, warnte die Bezirksstaatsanwaltschaft von Sofia.

Die weltweite Covid-Pandemie führt zu unvorhersehbaren psychischen Folgen und ob der Bulgare diese überwinden kann, wird die Zukunft zeigen, darin sind sich die Psychologen einig.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: Pixabay, BRK


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