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Politische Beobachter erwarten kurzfristig eine stabile Regierung

Foto: BGNES

Auf einer außerordentlichen Sitzung des Parlaments stimmen die Abgeordneten heute über die Zusammensetzung der neuen Regierung ab. Sie wurde von der politischen Partei „Wir setzen die Veränderung fort“ (PP) vorgeschlagen, die bei den letzten Parlamentswahlen am 14. November als Sieger hervorging. 
Bulgarien wird von einer Vier-Parteien-Koalition regiert werden, zu der neben PP auch die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), „Es gibt ein solches Volk“ (ITN) und „Demokratisches Bulgarien“ gehören.
"Null Toleranz gegenüber der Korruption" lautet das Motto der neuen Regierung, kündigte der künftige Ministerpräsident Kyrill Petkow an und nannte die Kontrolle der steigenden Strompreise und die Bewältigung der Covid-Krise als unmittelbare Prioritäten.

Die Schnelligkeit, mit der in der vergangenen Woche die zwischen der PP und der BSP entstandenen Meinungsverschiedenheiten ausgebügelt wurden, sowie der erteilte Auftrag des Präsidenten zur Regierungsbildung am Samstag, überraschte viele Beobachter. Was ist der Grund für einen solchen Wettlauf gegen die Zeit?
Die Initiativen und das Tempo werden von der Partei bestimmt, die das Mandat zur Regierungsbildung erhalten hat, erklärte in einem Interview für den BNR der Ko-Vorsitzende von „Demokratisches Bulgarien“ Hristo Iwanow. 

„Es gibt sehr viele Probleme im Land, die dringend gelöst werden müssen“, sagte Iwanow und nannte die Verabschiedung des Staatshaushalts für das kommende Jahr, die sich verspätet habe. Dringend müssen die Preise für Strom und Wasser auf die Tagesordnung kommen, die erst Anfang Januar korrigiert werden können. Für all das werde ein Parlament und eine Regierung gebraucht. 
„Es ist durchaus möglich, dass auch diese Regierung eine äußerst schwierige Übergangslösung darstellt. Sie wird eine Art Brücke zwischen der Ära Bojko Borissow und der neuen politischen Konstruktion sein. Dieses Kabinett wird Zeit für die Schaffung einer neuen politischen Landschaft verschaffen“, denkt Hristo Iwanow. 

Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter als nur Müdigkeit von dem sechsmonatigen Wahlmarathon und dem Wunsch aller Parteien, eine stabile Regierung zu bilden. Der Politologe Strachil Delijski erinnert daran, dass auch das letzte reguläre Kabinett einzig mit dem Ziel gebildet wurde, dass es eine Regierung gibt. 
„Nach mehreren Wahlen sind wir jetzt erneut zu diesem Superziel gelangt, eine Regierung zu bilden, die endlich den Startschuss für einen neuen politischen Zyklus gibt. Es wird jedoch schwieriger sein, denn diese Regierung hat den Auftrag erhalten, Vieles von dem, was die vorangegangene Regierung getan hat, zu verändern.“
Die ehemals regierende GERB-Partei äußerte die Kritik, dass sich die neue Regierung in eine Partei-, Korporativ- und Parteifraktion aufteilen lasse. 

„Eine korporative Fraktion hat es in allen bulgarischen Regierungen gegeben“, entgegnet Strachil Delijski. „Die jetzige Regierung wurde gebildet, um GERB von der Macht fernzuhalten. In diesem Sinne stellt es kein Problem dar, alle möglichen Werte, Ideen, Politik und andere Vorstellungen von der Welt zu vereinen.“
Turbulenzen bei der Regierungsführung schloss der Politikwissenschaftler aus, wenn die Regierung nicht sofort auf strategische Reformen setzt, sondern die laufenden Krisen bewältigt.
Der Politologe Antonij Todorow teilt ebenfalls die Ansicht, dass keine radikalen, abrupten Reformen jetzt gemacht werden dürfen. Die Art, wie die Koalitionsverhandlungen verlaufen seien, hält er für ein gutes Zeichen.
„Es ist klar, dass die Parteien sehr unterschiedlich sind und dass es zwischen ihnen auch auf persönlicher Ebene Unvereinbarkeiten gibt. Sie haben jedoch gezeigt, dass sie diese überwinden können, weil sie erkannt haben, dass sie ein wichtigeres, gemeinsames Ziel haben.“
"Die Angst, dass eine der Parteien, zumindest kurzfristig, die Ursache für den Zusammenbruch der lang ersehnten regulären Regierung werden könnte, wird die Koalitionsparteien zumindest am Anfang davor schützen, zu einer scharfen Konfrontation untereinander überzugehen“, behauptet Strachil Delijski. Deshalb erwartet er, dass die Regierung der neuen Koalition relativ stabil sein wird.

Redaktion: Joan Kolew, unter Verwendung von Interviews von Silwia Welikowa und Jawor Stamatow vom BNR-Programm Horizont.
Übersetzung: Georgetta Janewa



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