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Klimawandel ist eine Tatsache, aber auch Chance zur Veränderung des Lebensumfelds

Wälder werden am meisten von Temperaturanstieg betroffen

Foto: BGNES

Das für die Jahreszeit ungewöhnlich milde Wetter und der Mangel an Schnee werfen die beunruhigenden Fragen nach dem Klimawandel und dem Eingreifen des Menschen zur Rettung dieses scheinbar unumkehrbaren Prozesses auf. Laut WWF-Angaben wurden die 15 wärmsten Jahre auf dem Planeten genau in den letzten zwei Jahrzehnten registriert.

Klimaforscher bescheinigen unserem Land immer längere Dürreperioden, gefolgt von Stürmen und Überschwemmungen mit Zerstörungen und Opfern. Südlich des Balkangebirges nähert sich das Klima allmählich dem Mittelmeerklima an, während im Norden die fruchtbaren Böden langsam veröden. Der Schnee fällt erst nach Weihnachten und die Wassermenge, die uns im Laufe des Jahres zur Verfügung steht, nimmt ab.


Ist die globale Erderwärmung wirklich schon eine Tatsache?

„Statistisch gesehen beobachten wir tatsächlich einen Anstieg der Durchschnittstemperaturen, aber das ist ein Trend, der für die ganze Welt charakteristisch ist“, antwortet der Klimaforscher Dr. Christo Popow von der Sofioter Universität „Heiliger Kliment von Ochrid“. „Es werden jedoch regionale Unterschiede beobachtet. An manchen Orten, wie zum Beispiel Sibirien, steigt die Temperatur deutlich stärker an, während wir in anderen Gebieten, vor allem in der Region des Äquators, einen Rückgang beobachten. Im vergangenen Jahrhundert hatten wir auf der Nordhalbkugel mehrere Perioden, in denen die Temperaturen höher lagen, doch zwischen 1961 und 1990 kam es zu einer spürbaren Abkühlung. Wir leben jetzt in einer Periode, in der das Klima durch höhere Durchschnittstemperaturen im Vergleich zur vorherigen Periode gekennzeichnet ist.

In den letzten Jahren wurden in Bulgarien etliche Wetteranomalien registriert, darunter kaum Schnee im Winter, einschließlich in den Gebirgen. Der Klimaforscher bestätigt, dass das Wetter momentan tatsächlich etwas wärmer als gewöhnlich ist, versichert aber, dass wir Ende des Monats den Winter zu spüren bekommen werden. Was die anderen Wetterkapriolen betrifft meint er:

„Sie stehen in gewisser Weise mit dem Klimawandel in Verbindung“, versichert Dr. Popow. „In den vergangenen einhundert Jahren war ein Wechsel von Dürren, sintflutartigen Regenfällen und unerwarteten Überschwemmungen zu verzeichnen gewesen - beispielsweise in den Jahren von 1931 bis 1960 und zuvor zwischen 1928 und 1930. Besinnt man sich dieser Angaben vom vergangenen Jahrhundert macht das Wetter momentan keine gravierende Ausnahme. Vielmehr kehrt das Klimasystem zu der Art und Weise zurück, wie es in dieser früheren Zeit funktioniert hat, die längst vorbei ist und viele Menschen sie nicht erlebt haben bzw. sich nicht mehr daran erinnern können.“


Trotz der beruhigenden Ähnlichkeit mit vergangenen Perioden ist der Klimaforscher davon überzeugt, dass sich die Erwärmung in den nächsten einhundert Jahren fortsetzen wird. Zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ökosystemen in unserem Land werden die Wälder gehören, meint seinerseits Dozent Dr. Momtschil Panajotow von der Universität für Forstwirtschaft.

„Bulgarien liegt in Südosteuropa und gemäß den Klimamodellen können wir ziemlich unangenehme Veränderungen erwarten – häufigere Dürren, Hitzewellen während der Sommerperioden, rapide Wechsel in den Niederschlagsmengen in kurzen Zeitabschnitten sowie ein allgemeiner Anstieg der Temperaturen“, listet er auf. „All das wird voraussichtlich sehr schwerwiegende Auswirkungen haben, insbesondere auf die natürlichen Ökosysteme. Katastrophen, wie sie sich an den Südhängen des Balkangebirges ereignet haben (Überschwemmungen in den Dörfern bei Karlowo im September dieses Jahres, Anm. d. Red.), werden häufiger auftreten. Solche extremen Klimaereignisse können sich also auch unangenehm auf unsere Lebensweise auswirken.“

Ein großer Teil unseres Landesterritoriums ist vollständig bewaldet, beispielsweise in der Region südlich von Widin sowie im Balkangebirge und den Rhodopen, wo das Leben der Menschen dort vollständig von den Wäldern abhängt. Daher sei es laut dem Fachmann logisch, dass diese Ökosysteme am meisten leiden werden.

Ferner wird die Landwirtschaft stark betroffen sein“, betont Dr. Panajotow. „Dort kann man jedoch reagieren und beispielsweise Bewässerungsanlagen errichten und andere Kulturen anbauen und sich auf diese Weise den veränderten Bedingungen anpassen. In Wäldern hingegen geschieht die Anpassung sehr langsam, da es sich um langlebige Systeme handelt und wir die Artenzusammensetzung der Bäume nicht von heute auf morgen ändern können. Wir haben also ziemlich unangenehme Erwartungen in Bezug auf einige Baumarten und das gibt und Anlass zur Sorge.“


Doch kann man etwas tun? Ja, man kann! Genannt seien der Schutz alter Wälder und die Reduzierung des Holzeinschlags, gute Planung bei der Bewirtschaftung der Wälder sowie Aufforstung neuer Gebiete... Obwohl Bulgarien in einer der trockensten Regionen Europas liegt und von anhaltenden Dürren bedroht ist, entdeckt Dr. Christo Popow in jeder Lage positive Möglichkeiten. So könnte die Klimaerwärmung seiner Meinung nach als Chance für den Anbau wärmeliebender Nutzpflanzen genutzt werden. Darüber hinaus sollten die Veränderungen Anlass geben, Maßnahmen zum Schutz und zur umfassenden Nutzung der Wasserressourcen sowie zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu ergreifen, wenn wir unser Lebensumfeld qualitativ verändern wollen.

Text: Diana Zankowa (nach Interviews von Tschawdar Slatew von BNR-Stara Sagora und Jordanka Petrowa von BNR-Widin)
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES




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