Bettenburgen mit exotischen Namen, dröhnende Musik aus den Diskotheken und dicht aneinander gedrängte Pauschalreisende am Strand – mit diesem Bild wird die bulgarische Schwarzmeerküste assoziiert. Doch, die knapp 400 km lange Küste im Osten Bulgariens hat auch versteckte Schätze zu bieten.
Wer eine All-inclusiv-Reise zum Sonnenstrand an der bulgarischen Schwarzmeerküste gebucht hat, ist wahrscheinlich ein Partygänger auf der Suche nach der neuen Ballermann-Hochburg, wo er für wenig Geld die Sau so richtig rauslassen kann. Wer proletenhaft zwei Wochen lang durchtrinken will, ist am Sonnenstrand genau richtig.
Genau falsch ist diese Art von Sommerferien für viele eingefleischte Camper, die trotz der Zubetonierung der bulgarischen Küste freie Plätzchen finden, um ihre Zelte aufzuschlagen. Genauso, wie es ihre Eltern und zuweilen Großeltern schon mal getan haben. Mia Jotowa wird bald 17 und hat ihren ersten Sommerurlaub ohne Elternaufsicht gerade hinter sich. Mit Freunden ging es – wie kann es anders sein – an einen der wenigen übrig gebliebenen Campingplätze an der Schwarzmeerküste. Etwa 70 Kilometer südlich von Burgas befindet sich Arapja, eine inzwischen fast komplett mit Hotels und Gaststätten zugebaute paradiesische Bucht, wo man immer noch mit Wohnwagen und Zelt die Seele so richtig baumeln lassen kann.
„An diesem Campingplatz habe ich laufen gelernt“, sagt Mia Jotowa. „Für mich ist zelten viel angenehmer, als zwei Wochen im Hotel zu verbringen. Am Campingplatz fühlt man sich frei, man lernt die kleinen Dinge zu schätzen. Ein Freund von mir hatte mal den Spruch gebracht, lieber hätte er die Sterne am Hotel, als über seinem Kopf. Er kann mir nur leidtun, denn er wird nie spüren, wie schön es ist, am Strand zu sitzen und den nächtlichen Sternenhimmel zu sehen. Und überhaupt – warum soll man im Sommer die Stadt verlassen, um sich wieder zwischen vier Wände einzusperren, nur eben am Meer?“
Davon würden Eltern heute abraten. Und überhaupt – Eltern wissen, wie schwierig es ist, die eignen Kinder in den Urlaub mitzunehmen, wenn es dort kein Wlan gibt… Ohne die Bequemlichkeiten des modernen Alltags hat aber Oma Ekaterina es geschafft, die Liebe ihrer Kinder und Enkelkinder für diese naturnahe Art der Sommerferien weiterzugeben. Sie hat nie daran gedacht, den Urlaub in den damals heiß geliebten betriebseigenen Erholungsheimen zu verbringen.
„Wer will schon den Urlaub mit seinen Arbeitskollegen verbringen“, lacht Ekaterina Dimitrowa. „Außerdem haben wir und unsere Freunde damals die Abgeschiedenheit gesucht… und gefunden. Viele Bekannte wunderten sich, wie man den Urlaub freiwillig so primitiv verbringen kann, dazu noch mit Kindern. Aber eben, als unsere Kinder klein waren, haben wir umso mehr das Zelten geschätzt – die Kinder gingen abends im Zelt zu Bett, und wir konnten dann in aller Ruhe vor dem Zelt am Strand beim Gläschen Wein, Kerzenlicht und angenehmen Gesprächen den Tag ausklingeln lassen. Die Kinder ihrerseits waren untereinander befreundet, haben sich den ganzen Tag getummelt und gespielt, wir organisierten für sie Karnevalsumzüge und Expeditionen zur nächsten Bucht. Es war einfach eine sehr schöne Zeit, die man in einem Ferienort nicht haben kann“, sagt Ekaterina Dimitrowa.
Die Campingzeiten sind dabei, von der bulgarischen Schwarzmeerküste endgültig zu verschwinden. Und mit ihnen auch die manchmal lauten Camper. Die zugebaute bulgarische Küste hat sie in das benachbarte Griechenland verjagt, wo man seine Zelte noch auf dem Strand in Wassernähe aufschlagen und die Zeit vergessen kann.
Fotos: Dimitar Stantschew und Vessela Vladkova