Nach dem Julianischen Kalender wurde einst das Kirchenfest der Taufe des Herrn am 19. Januar und am Tag darauf der Johannes-Tag begangen. An beiden Tagen spielt das Wasser eine große Bedeutung und es finden verschiedene Wasserweihen statt. Laut einem alten Brauch erhalten am Tag der Taufe des Herrn die Junggesellen und die frischverheirateten Männer eine Wasserweihe. Daher bezeichnet man den Tag auch als „Männer-Wasserfest“. Am Tag darauf, dem Johannes-Tag, versuchen wiederum die Junggesellen die heiratsfähigen Mädchen ins Wasser zu werfen. Die Paten „baden“ ihrerseits die jungen Ehepaare und die kleinen Mädchen. Daher nennt man das Fest im Volksmund auch „Weiber-Wasserfest“. Laut Volkskalender gingen am nächsten Tag, dem 21. Januar, an dem die Hebammen geehrt werden, die Wasserweihen weiter. Die Geburtshelferinnen besuchten alle Familien, wo im vergangenen Jahr ein Kind auf die Welt gekommen war. Das Baby badete man in geweihtem Wasser und die Hebamme wünschte dem Kind ein langes, gesundes und glückliches Leben. Anschließend wurde gefeiert und abschließend auch die Hebamme gebadet.
Der Tag der Geburtshelferinnen wird als Babin-Den, übersetzt Omas-Tag, bezeichnet. Die meisten Bulgaren meinen, dass man mit „Oma“ die Hebammen meine, weil es einst erfahrene ältere Frauen waren. Der Name für das Fest rührt aber nicht von „Baba“ (Oma) her, sondern von „Babitza“ – so bezeichneten unsere Vorfahren eine Kinderkrankheit mit fatalem Ausgang, die heute nur schwer ausgemacht werden kann. Am Tag der Hebammen wünschten diese den Neugeborenen, nicht daran zu erkranken und die wichtigsten Rituale waren zur Verbannung dieser Krankheit ausgerichtet.
Am Tag der Geburtshelferinnen standen die Frauen früh auf, damit auch ihre Kinder früh aufstehen. Noch in den Morgenstunden bereiteten sie Ritualbrote zu. Die jungen Mütter, die in den vergangenen 12 Monaten ein Kind auf die Welt gebracht hatten, erwartete bereits am frühen Vormittag die Hebamme zu Besuch. In Thrakien war es üblich, dass die Hebamme alle Mütter besucht, denen sie im vergangenen Jahr bei der Geburt geholfen hat. Die Hebamme setzte sich neben das Kinderbett, strickte dort ein Armbändchen aus roter Wolle und schenkte es dem Kind, das es an der rechten Hand tragen musste. Das Armbändchen war eine Art Glücksbringer gegen böse Blicke und sollte Gesundheit bescheren, vor allem jedoch die gefürchtete Kinderkrankreich „Babitza“ verscheuchen. Anschließend wusch sie symbolisch das Gesicht des Kindes, bestrich seine Wangen mit etwas Butter und Honig und segnete es. Danach half die junge Mutter der Hebamme, sich die Hände zu waschen, woraufhin die Hebamme ihre Hände im Kleid der Mutter trocknete mit dem Wunsch, sie möge ihre Kinder schmerzlos auf die Welt bringen. Jede Mutter schenkte der Hebamme Silbermünzen und Wolle. Die jungen Frauen, die zum ersten Mal Mutter geworden waren, bereiteten ein spezielles Ritualbrot für die Hebamme zu, das in der Mitte ein Loch hat. Durch das Loch banden sie ein weißes Leinenhemd, bunte Wollsocken und eine Schürze – alles Geschenke für die Hebamme. Alle Frauen mit Kindern bis zu drei Jahren, gingen ihrerseits zu Mittag die Hebamme besuchen. Sie brachten verschiedene Geschenke – vor allem jedoch Seife, Handtücher, ein Blumensträußchen und etwas Geld. Die Hebamme musste rituell ihre Hände waschen, wobei das für gewöhnlich unter einem Obstbaum geschah. Die zu Besuch gekommene Mutter half dabei und goss das Wasser zur Handwaschung aus. Dieser Brauch hat sich in vielen Regionen Bulgariens bis heute erhalten.
Das eigentliche Fest begann erst zu Mittag. Alle Frauen hielten bunte Sträußchen in der Hand und gingen in das Haus der Hebamme feiern. Anwesend waren aber nur zwei Männer – ein Dudelsackspieler und ein Fiedelspieler, die das Fest musikalisch untermalten. Bevor sich die Frauen an die Festtafel setzten, segnete die Hebamme die Gerichte mit den Worten: „Alle, die im letzten Jahr ein Kind auf die Welt gebracht haben, sollen in diesem Jahr ein zweites bekommen. Alle, die noch keine Kinder haben, sollen ihr erstes gebären. Alle, die schwanger sind, sollen ein gesundes Kind zur Welt bringen. Amen“. Daraufhin brach die Hebamme das Ritualbrot in Stücke und gab jeder Frau davon. Am Stück des Ritualbrotes deuteten sie, was für ein Kind sie haben werden. Ein Eckstück bedeutete ein Junge, ein Stück aus der Mitte des Brotes symbolisierte ein Mädchen. Währen dieser Zeremonie hatte sich die Hebamme scharfe rote Paprikaschoten um den Hals gebunden. Sie symbolisierten das männliche Urprinzip. Damit die Frauen wiederum fruchtbar bleiben und mehr gesunde Kinder zur Welt bringen, entzündete die Hebamme Weihrauch auf einem Dachziegel und ließ den Weihrauch unter den Röcken der Frauen aufsteigen. Gesungen wurden übrigens recht anzügliche Lieder. Schließlich wurden die Männer in das Fest einbezogen. Die Frauen nahmen ihnen die Pelzmützen ab, lockerten deren Bauchbinden und schickten sich an, ihnen die Beinkleider herunterzuziehen. Die Männer kauften sich aber bei der Hebamme frei. Das Fest ging fröhlich in trauter Runde fort.
Zum Schluss wurde die Hebamme symbolisch gebadet. Dabei sagte einer der Männer: „Sie hat alle unsere Kinder gebadet, nun ist sie an der Reihe!“. Alle anwesenden Männer fügten hinzu „So muss es sein!“ Daraufhin versuchten nun die Frauen die Hebamme loszukaufen, doch vergebens. Mittlerweile verlagerte sich das Fest auf den Hof, wo Reigen getanzt wurden. Schließlich verließ auch die Hebamme das Haus. Sie wurde feierlich von zwei Männern in die Hände genommen und zu einem festlich geschmückten Wagen getragen. In einer Prozession ging es daraufhin zum nächstgelegenen Brunnen oder Fluss, wo die Waschung stattfand. Der Hebamme wurde symbolisch mit ein wenig Wasser übergossen woraufhin der Rückweg angetreten wurde. Bei ihrem Haus angelangt, wurde sie erneut von zwei Männern in die Hände genommen und ins Haus getragen. Während der ganzen Zeit wurde Musik gespielt und fröhlich getanzt und das Fest weitete sich auf das ganze Dorf aus.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES und Archiv