Die bulgarische Stadt Widin entstand als keltische Siedlung unter dem Namen Dunonia im 3. Jh. vor Christus. Im 1. Jh. wurde sie von den Römern erobert, die eine Festung erbauten und sie Bononia nannten. Im Mittelalter, bereits unter dem Namen Bdin, gehörte die Siedlung zum von Khan Asparuch (681-701) gegründeten Bulgarischen Reich.
Die Donaustadt Widin ist bemüht, ihr reiches kulturelles und historisches Erbe aus der Römerzeit, dem bulgarischen Mittelalter und der türkischen Fremdherrschaft zu erhalten und zu pflegen.
Wolen Antow begleitet uns auf eine virtuelle Reise durch die Epochen, die an der emblematischen Festung Baba Wida beginnt.
„Es ist die am besten erhaltene mittelalterliche Festigung in Bulgarien“, vermerkt unser Reiseführer. „Es gibt keine andere Festung in unserem Land, die so sehr dem Originalbau aus dem 14. Jh. nahe kommt.“
Von der Festung aus bietet sich ein herrlichen Ausblick auf die Donau. Auf dem Spaziergang zum nahe gelegenen Donaupark sind mehrere, für die Stadt emblematische Gebäude zu erkunden, darunter der Metropolitensitz von Widin, die alte türkische Post und die Moschee, die der Stadthalter von Widin Osman Pasvantoglu (1793-1807), der sich zum Pascha aufschwang, erbauen ließ. Pasvantoglu lehnte sich gegen den Sultan und das türkische Heer auf und führte eine selbständige Politik. Die Moschee, die er bauen ließ, ist wahrscheinlich die einzige ihrer Art in der Welt, dessen Minarett nicht der türkische Halbmond schmückt, sondern ein Herz, das Symbol der Liebe und des Humanismus.
Ein anderes bemerkenswertes Gebäude in Widin ist die Synagoge aus dem 19. Jahrhundert. Zu der damaligen Zeit lebte in Widin eine große jüdische Gemeinschaft. Die meisten Juden verließen jedoch nach dem 2. Weltkrieg die Stadt. Seit dieser Zeit begann auch der Verfall der Synagoge, die nach der Synagoge in Sofia die zweitgrößte im Land ist. Sie hat ein trauriges Schicksal. Kurze Zeit war dieses wunderschöne Gebäude in eine Lagerhalle umfunktioniert. Danach wurde es völlig verwahrlost, was bis heute so geblieben ist. Einen Funken Hoffnung gibt es dennoch, weil die jüdische Gemeinschaft die Eigentumsrechte inzwischen an die Stadt übertragen hat. Somit bestehen gewisse Chancen auf Renovierung.
Die nächste Station unseres Rundgangs durch Widin ist der zentrale Platz, wo das einstige Haupteingangstor zur Festung steht. Weiter geht es zur Kathedrale "Heiliger Demetrius von Thessaloniki", die auf den Grundmauern einer Holzkirche aus dem 17. Jh. steht.
Widin war im Mittelalter ein wichtiger Kreuzweg der Handelswege nach Europa. Auch heute noch gibt es Plätze, die an jene Zeiten erinnern.
„Widin hat Handelskontakte zu Republik Venedig unterhalten und bis heute sind die so genannten Venedig-Lagerhallen erhalten“, weiß Wolen Antow zu berichten. „Diese Räumlichkeiten befinden sich unter der Erde, in der Nähe der Baba-Wida-Festung. Dort konnte kein Wasser eindringen, so dass die Waren vor Überflutung völlig geschützt waren.“
Wie jede Stadt hat auch Widin Artefakte, die nicht jedem bekannt sind. Solche können entdeckt werden, wenn man von den üblichen Touristenwegen abweicht, verrät der Reiseleiter. Ein solcher ist beispielsweise die gut erhaltene Festungsmauer, die weitab vom Zentrum liegt.
Es gibt auch interessante Denkmäler aus der osmanischen Zeit, die außerhalb der alten Festung liegen. Dazu gehört das Grab von Pascha Osman Pasvantoglu, das leider vergessen ist und inmitten von Neubaublöcken steht.
Die Tatsache, dass Widin durch die Donau Kontakte zu Mittel- und Westeuropa unterhalten hat, hat sich auch auf die Architektur der Stadt ausgewirkt. Der Einfluss auf die Bauweise ist unverkennbar. Die Händler, die durch Europa unterwegs waren, brachten Ideen mit, die sie unbedingt auch in ihrer Heimat umsetzen wollten. So hat sich eine eigenwillige Architektur entwickelt, die an der Architektur Westeuropas angelehnt war.
Widin gilt heute als eine der ärmsten Städte der EU, bedauert Wolen Antow. Das mag zwar stimmen, doch trotzdem hat die Stadt ihren Reiz und ist eine Reise wert für alle, die für Geschichte etwas übrig haben.
Übersetzung und Redaktion: Georgetta Janewa
Fotos: Wikipedia, opoznai.bg und Privatarchiv