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Entführungen entwickeln sich zu einem einträglichen Geschäft

Umgerechnet fünf Millionen Euro haben bulgarische Verbrecherbanden bisher von ihren Entführungsopfern erpresst. In 15 nicht aufgeklärten Entführungsfällen ermittelt eine Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft. Nachdem Schutzgelderpressung und Diebstahl nicht mehr die erwünschten Summen einbringen, haben sich die kriminellen Banden umqualifiziert. In Mode gekommen sind Entführungen, die einträgliche Gewinne abwerfen.
Warum das Risiko eines Bankraubs eingehen, wenn man einen Unternehmer oder einen Millionärssohn entführen und dafür ein sattes Lösegeld verlangen kann? Die hiesigen Entführerbanden gehen sehr professionell vor, bisher erlaubten sie sich keinen einzigen „Ausrutscher“. Monatelang erkunden sie die Gewohnheiten ihrer künftigen Opfer und halten sich über deren Geschäfte auf dem Laufenden. Sie wissen genau, wann die Angehörigen das erforderliche Lösegeld zusammen haben. Das Geschäft bringt Millionen, weswegen die Entführer auch vor Morden nicht scheuen.

„Dieses Geschäft ist sehr einträglich, weil man auf einen Schlag eine halbe bis eine Million Euro ergattert, in manchen Staaten auch mehr“, sagt Zwjatko Zwetkow, Experte für Kriminalitätsbekämpfung und ehemaliger Staatssekretär im Innenministerium. „Allerdings birgt dieses Geschäft auch etliche Risiken. In einer Reihe von Staaten ist es den zuständigen Behörden zunehmend gelungen, die Entführer in die Enge zu treiben, was in manchen Ländern dazu geführt hat, dass die Verbrechergruppen von Entführungen absehen. Der heikelste Moment des Geschäfts ist die Geldübergabe, für die Polizei die einzige Möglichkeit, die Entführer zu schnappen. Risikoreich ist zudem die Geldausgabe, allerdings ist in Bulgarien die Kontrolle der Finanzströme recht schlaff.“

In jedem zweiten Entführungsfall verzichten die Angehörigen der Opfer auf polizeiliche Unterstützung. Einerseits fehlt das Vertrauen in die Sondergruppen und andererseits bangen die Angehörigen um das Leben des Opfer, tanzen nach der Pfeife der Entführer und zahlen das geforderte Lösegeld. Italien hatte in den 1980-ern das gleiche Problem, löste es jedoch umgehend, indem alle Bankkonten und Immobilien der Familien von Entführungsopfern zwangsweise blockiert werden. Auf diese Weise beugt man Lösegeldzahlungen vor. In anderen Staaten würden prinzipiell keine Lösegelder gezahlt, unabhängig von der Gefahr für das Opfer“, fügte Zwjatko Zwetanow hinzu. Allerdings komme das einer psychologischen Gratwanderung gleich. Auf wen haben es Entführer in Bulgarien abgesehen?

„Vor allem auf Personen, die ohne große Probleme die geforderten Lösegelder herbeischaffen können“, so Zwjatko Zwetkow. „Viele Unternehmer demonstrieren einen ausschweifenden und luxuriösen Lebensstil. Das sorgt einerseits für Aufmerksamkeit unter Entführergruppen und andererseits für Verärgerung unter der Bevölkerung. Dabei entsteht eine absurde Volkspsychologie, denn die Leute meinen, wer mit Geld nur so um sich wirft, kann auch Lösegeld zahlen. Viele Jahre begünstigten sich lediglich ausgewählte Kreise öffentlicher Gelder und häuften plötzlich Reichtum, und das vor den Augen der Bevölkerung. Jetzt bauen die Reichen eigene Sicherheitsnetze auf, um sich so vor Entführungen zu schützen. Dafür ein Beispiel. Das letzte Entführungsopfer, ein Millionärssohn, wurde im Sofioter Studentenstädtchen entführt. Da Studentenstädtchen sehr groß ist, dort sehr viele Kinder vermögender Eltern wohnen, die ihren Reichtum auch zur Schau stellen, birgt dieser Stadtteil ein hohes Risikopotential.“

Die zunehmende Zahl von Entführungen bekannter Unternehmer und deren Kindern hat die vermögenden Bulgaren aufgeschreckt. Aus Angst vor Entführern wechseln sie ihre Luxuskarossen gegen einfachere Modelle. So steht beispielsweise der supermoderne BMW eines Bauunternehmers in der Garage, während er nun mit einem Volkswagen Golf durch die Gegend fährt. Um nicht aufzufallen, reduzierten viele vermögende Bulgaren zudem die Anzahl ihrer Leibwächter, setzen jedoch verstärkt auf Selbstverteidigung.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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