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100 Jahre seit der Geburt von Nikola Wapzarow - der einzige Bulgare, dem der internationale Friedensehrenpreis verliehen wurde

Foto: Архив
Am 7. Dezember 2009 wäre der große bulgarische Dichter Nikola Wapzarow 100 Jahre alt geworden. Seine Familie gehörte zu den bekanntesten in der Stadt Bansko in Südwest-Bulgarien. Sein Vater war einer der Führer der bulgarischen Befreiungsbewegung in dieser Region, die bis zum Jahre 1912 in den Grenzen des Osmanischen Reiches verblieben war. Später pflegte er freundschaftliche Beziehungen mit der bulgarischen Zarenfamilie. Die Mutter von Nikola Wapzarow besuchte das Amerikanische College in Bulgarien und förderte breite kulturelle Interessen bei ihren Kindern. Nikola Wapzarow selbst lernte an der Seeingenieursschule in Varna. Dank seiner Begabungen und literarischen Talente könnte er ein ruhiges und abgesichertes Leben haben. Statt dessen wurde er Arbeiter. Und nahm so an der schweren Arbeit, Arbeitslosigkeit und Armut seiner Helden teil. In seiner Poesie beschreibt er die großen Widersprüche des XX. Jahrhunderts, die Romantik der Schifffahrt und seinen Glauben an eine gerechtere Welt. In den 30er Jahren trat er der Bulgarischen kommunistischen Partei bei. In den Jahren des Zweiten Weltkrieges, als Bulgarien ein deutscher Verbündeter war, gehörte Nikola Wapzarow zu den Organisatoren des antifaschistischen Widerstandes. Er wurde dafür zum Tode verurteilt und am 23. Juli 1942 erschossen.

„Über Nikola Wapzarow wurden Tausende Seiten Biographien und Analysen geschrieben“, erklärte die Leiterin des „Nikola-Wapzarow-Museums“ in Sofia Katja Sografowa. „In einem Vorwort zu seinen Werken aus der Zeit vor der Wende von 1989 hieß es, dass das Schicksal grausam gegenüber Nikola Wapzarow zu seinen Lebzeiten und großzügig nach seinem Tod gewesen sei. Es klingt schön, stimmt aber nicht, denn Nikola Wapzarow wurde zu einem Denkmal gemacht. Und dann nach der Wende versuchten manche selbsterklärte Wapzarow-Kenner seine Größe zu schmälern und zu behaupten, er gehöre nicht zu den besten bulgarischen Literaten“, sagt Katja Sografowa und weiter:

„Der Bulgare entdeckte Nikola Wapzarow als 1940 sein Gedichtband „Motorenlieder“ erschien. Dieses Buch wurde von der Kritik übersehen. Nikola Wapzarow wurde vom Volk, von seinen Lesern entdeckt. Und das erklärt die Tatsache, dass es keine Ideologie geschafft hat, die Liebe der Bulgaren zu Nikola Wapzarow auszumerzen. Er schreibt sehr warm und ist außerordentlich human in seinem Denken. Wenn wir seine Gedichte lesen, strömt aus ihnen Menschlichkeit und Intimität, selbst wenn er von den globalsten Problemen der Geschichte schreibt. Und gerade deswegen wird er geliebt, weil er mit uns, wie mit einem lieben Freund spricht. Aber er ist sehr tief, trotz der täuschenden Einfachheit, Leichtigkeit und Verständlichkeit seiner Gedichte. Nicht zufällig ist er einer der am meisten übersetzten bulgarischen Autoren. Seine Dichtung ist in 40 Ländern in 60 Sprachen erschienen.“

Nikola Wapzarow ist der einzige Bulgare, dem der internationale Friedensehrenpreis 1952 postum verliehen wurde. Und die UNESCO erklärte das Jahr 2009 zum Jahr von Nikola Wapzarow aus Anlass seines 100. Geburtstages. „Wapzarow ist ein moderner europäischer und internationaler Dichter, der immer aktueller für den jungen Leser wird“, sagt Katja Sografowa und weiter:

„Der jungen Generation gefällt er auf eine sehr spezielle Art“, berichtet sie weiter. „Die jungen Menschen sind ziemlich skeptisch, demotiviert und resigniert. Und Nikola Wapzarow erscheint ihnen zuerst als unwahrscheinlich naiv, ein Romantiker, dessen Utopien gescheitert sind. Das Leben ist immer noch nicht „schöner als ein Lied, als ein Frühlingstag“ geworden, wie er es erwartet hatte. Deswegen lächeln die jungen Menschen zunächst, wenn sie Nikola Wapzarow lesen. Dann aber beginnt er ihnen allmählich zu gefallen. Denn wenn wir diesen Glauben von Nikola Wapzarow nicht hätten, der wirklich tief empfunden und erlitten wurde, müssten wir unsere Häuser zu Bunkern machen und auf das Ende der Welt warten. Er zeigt die Entfremdung unter den Menschen, alle diese modernen Prozesse der Abscheu und Dehumanisierung, vergleicht sie mit Gangräne und Lepra. Aber sein ganzes Leben und Werk sind dem Glauben an den Menschen gewidmet.“

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


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