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Brüssel will Sofia wegen umstrittener Tauschgeschäfte von attraktiven Waldflächen bestrafen

"Die Europäische Kommission erwartet von uns Informationen, zu welchen der umgetauschten Grundstücke eine Baugenehmigung erstellt worden ist. Ins Visier geraten sind in erster Linie Waldflächen, die zu Baugrund umgewandelt wurden", zitierte Regierungschef Bojko Borissow aus dem Schreiben aus Brüssel
Foto: Tanja Harizanowa
Bulgarien hat nach Meinung der EU-Kommission gegen europäisches Recht verstoßen, und die Kommission will eine Klage gegen Sofia für 55 Millionen Euro einreichen. Es handelt sich um einen sehr umstrittenen Umtausch von attraktiven Waldflächen im staatlichen Besitz zugunsten von Privatunternehmen.

Die letzten Tauschgeschäfte wurden Anfang vergangenen Jahres abgewickelt. Das Schema ist ziemlich einfach. Bauunternehmen, die im Besitz von billigen Grundstücken in entlegenen Teilen des Landes sind, tauschen diese gegen Grundstücke oder Wälder im Staatsbesitz in attraktiven Gegenden um. Damit bekommen sie appetitlichen Baugrund, bevorzugt an der Schwarzmeerküste oder am Rande der großen Skiorte. Das Waldstück wird dann meist gegen Schmiergeld in Bauland umgewandelt, der Wald wird gefällt und die Krönung des lukrativen Geschäfts ist dann in der Regel eine neue Hotelanlage. Die Rechnung ist simpel – der Quadratmeterpreis für Grundstücke in unbesiedelten Teilen des Landes liegt bei ca. 4 Euro, der Preis der Appetitstücke erreicht durchschnittlich 100 Euro pro Quadratmeter. Keine schlechte Gewinnspanne, oder?

Gegen diese Art von Tauschgeschäften hatten jahrelang Umweltschützer in Bulgarien protestiert, und sie allarmierten auch die EU-Kommission. Die Reaktion aus Brüssel kam fast schon zu spät. Dafür aber macht die Kommission ernst: Im Schreiben, das die Regierung in Sofia bekommen hat, heißt es sogar, dass die Strafe auf 126 Millionen Euro angehoben wird, sollte für die umstrittenen Landstriche die Baugenehmigung bereits ausgestellt worden sein. Das Kabinett muss nun in einer Frist von 20 Tagen auf die Anfrage aus Brüssel antworten. Ministerpräsident Borissow fürchtet sogar, dass die Geldstrafe noch höher ausfallen kann, sollte Brüssel alle Tauschgeschäfte aus der Zeit vor 2007 unter die Lupe nimmt. Vorläufigen Angaben zufolge sind zwischen April 2008 und Januar 2009 1800 Hektar ausgehandelt worden.

"Die Europäische Kommission erwartet von uns Informationen, zu welchen der umgetauschten Grundstücke eine Baugenehmigung erstellt worden ist. Ins Visier geraten sind in erster Linie Waldflächen, die zu Baugrund umgewandelt wurden", zitiert Regierungschef Borissow aus dem Schreiben aus Brüssel. Landwirtschaftsminister Najdenow erläutert:

"Die Prozedur in der Europäischen Kommission ist anhand einer Klage eingeleitet worden, wobei wir keine offiziellen Angaben über den Kläger haben", sagt Miroslaw Najdenow. "Wir können nur vermuten, dass es sich dabei um Umweltschutzorganisationen handelt, die jahrelang gegen diese Art der Tauschgeschäfte mit den bulgarischen Wäldern protestiert haben. Im Anhang der eingereichten Klage finden wir ein Gutachten über den Unterschied zwischen dem Marktpreis der erworbenen Grundstücke und dem tatsächlich bezahlten Preis", sagt Agrarminister Najdenow.

Ministerpräsident Borissow beschuldigte die Vorgängerregierung, diese umstrittenen Tauschgeschäfte geduldet zu haben. Darauf hat der sozialistische Ex-Premierminister Stanischew blitzschnell reagiert, die Kommission wolle die Sachlage eigentlich nur prüfen. Und fügte hinzu, nicht seine Regierung habe Baugenehmigungen ausgestellt, sondern die jeweiligen Kommunalverwaltungen.

Den Fall kommentierte auch Generalstaatsanwalt Boris Weltschew. Ihm zufolge handele es sich bei dem umstrittenen Umtausch um ein kriminelles Delikt. Die Geschäfte seien juristische Grenzfälle und die bulgarische Gesetzgebung gebe keine Möglichkeit, die bereits abgeschlossenen Verträge für nichtig zu erklären. Nächste Woche will die Regierung die Sachlage genau prüfen und der Europäischen Kommission antworten.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Tanja Harizanowa


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