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Große Stromkonzerne wollen sich um Bau des Atommeilers Belene bewerben

Einige deutsche Unternehmen haben Interesse am Meilerprojekt bekundet
Foto: Archiv
Der Bau des Atommeilers Belene werde große Energiekonzerne und eine solide europäische Beteiligung anziehen, sind Ministerpräsident Bojko Borissow und Wirtschafts- und Energieminister Trajtscho Trajkow überzeugt. „Für das Projekt wollen wir unbedingt europäische und amerikanische Investoren gewinnen“, so der Regierungschef. Mehr Klarheit über die Perspektiven des Projektes brachte die Berlin-Visite der bulgarischen Regierungsdelegation. Einige deutsche Unternehmen haben Interesse am Meilerprojekt bekundet. Dabei könnte der deutsche Konzern RWE erneut in das Projekt einsteigen. Der Essener Konzern hielt ursprünglich 49 Prozent der Projektgesellschaft, stieg später jedoch offiziell aus dem Projekt aus. Auch dem Siemens-Konzern, bisher Unterauftragnehmer des Belene-Projekts, wurde ein Angebot unterbreitet.

Der Bau des Atommeilers Belene war von der neuen Regierung zunächst eingefroren worden. Der Grund – die ursprünglich geplanten vier Milliarden Euro Projektkosten könnten, so die Experten, auf zehn Milliarden Euro ansteigen. Die Regierung veranlasste eine Prüfung von Kosten und wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit. „Gegenwärtig wird das Projekt umstrukturiert, alle Kosten beziffert sowie eine ausführliche Strommarktstudie erstellt“, erklärte Ministerpräsident Bojko Borissow.

Energie- und Wirtschaftsminister Trajtscho Trajkow kündigte seinerseits ein Ausschreibungsverfahren zur Wahl eines Projektberaters an. An diesem, so Trajkow, werden sich große Energieunternehmen beteiligen. Das Ausschreibungsverfahren soll in renommierten Wirtschaftsmagazinen wie „Financial Times“ und „The Economist“ veröffentlicht werden. Das Beratungsunternehmen soll das Projekt wirtschaftlich relevant umstrukturieren, d.h. den Mindestanteil an Aktien bestimmen, der dem Staat auch künftig die „goldene Aktie“ sichert, sowie den Aktienanteil des strategischen Investors beziffern. Bisher war man der Auffassung, dass ein staatlicher Projektanteil von 20 Prozent ausreichend sei.

Der Auftragnehmer des Projektes ist das russische Unternehmen Atomstrojexport. Um den Bau des Atommeilers bis zur Findung eines neuen strategischen Investors voranzutreiben, hat Russland den Vorschlag unterbreitet, das Projekt zu finanzieren. Minister Trajkow konkretisiert:

„Falls der Zeitplan eingehalten wird, sind in den kommenden zwei Jahren zwei Milliarden Euro für den Bau des Atommeilers erforderlich, die von russischer Seite finanziert werden.“

Auf diese Weise sichert sich Moskau einen Aktienanteil. Den größten Anteil erhält selbstverständlich der strategische Investor. Bisher hat lediglich Russland offizielles Interesse am Kauf aller Meileraktien bekundet. Die Tatsache, dass das Belene-Projekt für Moskau sozusagen „lebenswichtig“ ist, da das Land auf diesem Weg die ersten drei russischen Reaktorblöcke der dritten Generation an den europäischen Strommarkt bringt, kommentiert Minister Trajkow folgendermaßen:

„Der Bau eines Mustermeilers in Bulgarien wäre für Russland und Atomstrojprojekt ein Durchbruch. Es wäre der erste russische Atommeiler der neuen Generation in der Europäischen Union.“

Offensichtlich geht in diesem Fall die Theorie von Nobelpreisträger John Nash auf. Diese definiert die Beziehungen zwischen zwei Staaten als modernes Spiel, bei dem eine Ausgeglichenheit erreicht wird, die beiden Staaten Vorteile bringt. Obwohl das Belene-Projekt von der Regierung weiter lanciert wird, diskutiert die breite Öffentlichkeit nach wie vor darüber, ob das Land wirklich einen zweiten Atommeiler braucht, ob die Preise für Belene-Strom wettbewerbsfähig sein werden und ob der Strom künftig in der Region verkauft werden kann. Zudem planen zahlreiche Balkanstaaten den Bau eigener Kraftwerke. Gegenwärtig sind Bulgarien und Rumänien die größten Stromexporteure der Region. Dabei deckt Bulgarien ein Drittel des regionalen Stromdefizits.

Die Befürworter des zweiten bulgarischen Atommeilers begründen die Notwendigkeit des Baus neuer Anlagen mit dem Argument, dass die Stromnachfrage in den kommenden 10 bis 15 Jahren um 80 TWh steigen werde. Darüber hinaus müsse Bulgarien seine strategisch günstige geografische Lage nutzen und nicht zuletzt befürworte die Europäische Union Atomstrom als einzige Möglichkeit zur Verringerung der schädlichen Treibhausgase.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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