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Bulgariens Ombudsmann startet Kampagne zur Popularisierung der Europäischen Charta der Patientenrechte

Ombudsmann Ginjo Ganew (r.) stellte die Europäische Charta der Patientenrechte in der Medizinischen Militärakademie in Sofia vor
Foto: BGNES
Nach Angaben der europäischen Organisation für Analysen und Information Health Consumer Powerhouse nimmt Bulgarien 2009 einen der letzten Plätze in Europa in bezug auf die Rechte der Patienten ein. Das ist verständlich angesichts der ständigen Erschütterungen in unserem Gesundheitssystem in den zwei Jahrzehnten nach der Wende von 1989.

Auch gegenwärtig gibt es Spannungen unter den Ärzten wegen des Zurückhaltens der Gelder, die die Familienärzte erarbeitet haben, aber nicht ausgezahlt bekommen. Sie haben mit Streikmaßnamen begonnen. Gleichzeitig läuft eine weitere Gesundheitsreform, die mit der Umstrukturierung und Schließung von zahlreichen Krankenhäusern im Land verbunden ist. Unter diesen Umständen werden die Rechte der Patienten in den Hintergrund gedrängt, wenn es um die Gesundheitsfürsorge geht. Bulgarien kann es sich allerdings als europäisches Land nicht leisten, sie zu ignorieren. Viele der Beschwerden der unzufriedenen Patienten bei uns werden direkt an den nationalen Ombudsmann Ginjo Ganew gerichtet. Er startete seinerseits eine ernste Kampagne zur Popularisierung und Erörterung der Europäischen Charta der Patientenrechte und stellte sie persönlich in einigen der großen Krankenhäuser vor. Eines davon war das der Medizinischen Militärakademie in Sofia, wo Ginjo Ganew vor Ärzten und Patienten die Regierenden aufrief, eine Gesundheitsreform mit Maß zu machen. Die von ihnen begonnene Umstrukturierung der Krankenhäuser bedroht ihm zufolge einige der grundlegenden Rechte der Patienten – den freien Zugang zu guter medizinischer Behandlung und der freien Wahl einer medizinischen Einrichtung.

„Zuerst muss zugängliche, rechtzeitige, qualitative Gesundheitshilfe für alle geben, und wenn die Bedingungen dafür geschaffen sind, kann man zum Schließen der Krankenhäuser übergehen“, sagt Ginjo Ganew. „Andererseits muss es ein Minimum von Bedingungen in den Krankenhäusern geben – gut ausgebildete Ärzte und technologische Bedingungen und dann kann man davon reden, dass die Bürger Zugang zu guter medizinischen Hilfe haben. Ein Krankenhaus, das nicht über Ressourcen verfügt – Ärzteteam und Einrichtung, kann nicht Finanzen und weiteres Bestehen beanspruchen. Das belastet nicht nur das ohnehin unterfinanzierte Gesundheitssystem zusätzlich, es ist auch nicht im Interesse der Patienten. Die Umstrukturierung der Krankenhäuser als ein Element der Gesundheitsreform muss mit viel Vernunft, Maß und Verantwortungsgefühl für die Patienten gemacht werden.“

Die europäische Charta der Patientenrechte bestimmt 14 Grundrechte, darunter das Recht auf Zugang zu Gesundheitsleistungen, informiertes Einverständnis bei der Behandlung, die freie Wahl der medizinischen Dienstleistungen auf der Grundlage der adäquaten Information über sie, das Recht der Einhaltung der Qualitätsnormen bei den medizinischen Dienstleistungen usw. Die Lösung der Probleme mit den Rechten der Patienten kann nicht erreicht werden, solange es nicht genug medizinische Standards gibt. Die Verharmlosung der Ärztefehler ist eine Tatsache. Und eines der fundamentalen Rechte in der Charta ist das Recht auf kompetente Krankenhilfe. Ein weiteres Recht, das wenig bekannt und von den Patienten eingefordert wird, ist das Recht auf Prävention. Es ist eine Tatsache, dass obwohl Bulgarien EU-Mitglied ist, es hier noch kein Gesetz zum Schutz der Rechte der Patienten gibt. 2006 wurden drei Gesetzentwürfe zu diesem Thema in die Volksversammlung eingebracht. Sie sehen vor, dass jeder Patient das Recht auf finanzielle Entschädigung hat, in dem Fall, dass seine Gesundheit durch ein medizinisches Experiment oder therapeutische oder diagnostische Prozedur beschädigt wird. Das Gesetz ist aber immer noch nicht offiziell verabschiedet. Die Probleme der Verwirklichung der Rechte der Patienten in Bulgarien sind vor allem mit dem bestehenden Monopol der Krankenkasse, sowie der Schwierigkeiten des Dialogs zwischen dem Gesundheitsministerium, der Krankenkasse und dem nichtstaatlichen Sektor verbunden. Ein Schritt zur Verbesserung dieses Dialogs ist die Gründung der nationalen Patientenorganisation.

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Diana Hristakiewa


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