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"Unverheiratet mit Kinder": Wilde Ehe - pro und contra

Sollte das Zusammenleben ohne Ehe in Bulgarien gesetzlich legitim gemacht werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer öffentlichen Diskussion, die anlässlich der Parlamentsdebatte über dieses Thema entstanden ist. Die Abgeordneten, die für die Legalisierung dieser eheähnlichen Verhältnisse waren, haben damit argumentiert, dass dadurch auch die Kinder, die daraus hervorgehen, denen, die in einer Ehe geboren wurden, gesetzlich gleich gestellt werden. Sie betonten auch, dass dies bereits der Fall in vielen anderen Ländern sei, die die Bedeutung diesen Schritts erkannt haben. Die Mehrheit im Parlament war aber dagegen und zwar aus folgendem Grund: dies sei nicht im Sinne der bulgarischen Verfassung, die besagt, dass "nur eine standesamtliche Ehe gesetzlich sein kann". Auch viele Bürger waren dagegen.

Letztendlich wurde der Gesetzesentwurf nicht verabschiedet und die Gemüter beruhigten sich. Im Internet und unter den Bürgern läuft aber die Diskussion immer noch. Dabei werden nicht nur die juristische Seite des Problems, sondern die rein menschlichen Aspekte betrachtet. So zum Beispiel hat eine Dame in einem Internetforum auf die Frage, ob die Ehe die Liebe zwischen den Partnern irgendwie verändern kann, folgendes geantwortet: "Es ist wichtig, dass die Menschen sich lieben. Ich denke, dass die Unterschrift im Standesamt nichts daran ändern kann. Die Hochzeit ist zwar was Schönes, aber mit dem Geld sollte man lieber in den Flitterwochen fahren, auch wenn man sich doch nicht richtig getraut hat". Ein anderer Internetnutzer hat dazu geschrieben: "Die Unterschrift bedeutet nichts. Die Hochzeit ebenfalls. Man kennt so wie so über die Hälfte der Gäste nicht. Ich habe es einmal gemacht und nach drei Jahren war es vorbei. Nun lebe ich glücklich in einer Beziehung ohne Ehe".

Diese Aussage stimmt mit den Ergebnissen der soziologischen Untersuchungen überein, die sowohl bei uns, als auch in anderen EU-Staaten durchgeführt wurden. Daraus wird klar, dass die Zahl der Paare, die in wilder Ehe leben dauernd wächst. "Das ist die Wahl vor allem der jüngeren Menschen, die das schlechte Beispiel der Ehen ihrer Eltern vor Augen haben. Tatsache ist, dass über 70 Prozent von ihnen nach 5 bis 10 Jahren doch zum Standesamt gehen", sagt der Familientherapeut Stojan Georgiew. Dazu kommt noch die Tatsache, dass viele Paare sich auch nur kirchlich trauen. Das ist in Bulgarien aber noch nicht möglich, weil man davor orthodox getauft sein muss und eine standesamtliche Ehe geschlossen haben muss.

"Die Menschen wollen etwas anderes. Sie wollen entweder ihren eigenen Regeln folgen oder einfach Schritt mit der Zeit halten", erklärt Stojan Georgiew weiter. "Ehrlich gesagt, kann ich sie verstehen. Wir werden aber sehen, dass die Institution der Ehe sich weiterhin bewahren wird, weil sie ihre eigene Rolle in der Gesellschaft hat. Denn dadurch werden die Eheversprechen offiziell. Ich bin auch der Meinung, dass alle Religionen, die ihre Anhänger in Bulgarien haben und anerkannt sind, die Möglichkeit bekommen sollen, auch ihren Angehörigen zu trauen. Die Zeugnisse sollten auch vom Staat anerkannt werden. Das ist etwas ganz Natürliches, die Gesellschaft ist aber noch nicht dafür bereit".

"Ich lebe zusammen mit meinem Freund seit fast einem Jahr, aber ich bin eher für die Ehe, das wird unsere Stellung in der Gesellschaft ändern und unseren Kindern ein anderes Selbstwertgefühl geben", mein eine andere Dame im Internetforum über die Ehe. Eine andere antwortet darauf: "Ich denke, dass die Kinder aus einer wilden Ehe glücklicher sind als die aus einer konventionellen, weil sie die Probleme ihrer Eltern nach einer Scheidung nicht miterlebt haben". Die Psychologin Wesela Banowa sagt dazu folgendes:

"Es gibt kein Problem, in wilder Ehe zu leben", meint sie. "Für das Kind ist der Nachnahme des Vaters wichtiger. Dadurch wir das Kind in seiner Familie eingeführt. Das ist für die Entwicklung des Kindes sehr wichtig. Ob die Kinder in einer Ehe leben oder nicht, ist nicht so wichtig. Von Bedeutung sind viel mehr die Verhältnisse in der Familie und zwischen den Partnern. Die Ehe ist eher eine wirtschaftliche, als eine moralische Union".

Übersetzung: Milkana Dehler
По публикацията работи: Diana Hristakiewa


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