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Die Rentner in der Krise

Diese Rentnerin muss Zeitungen verkaufen, um ihre knappe Haushaltskasse ein bisschen aufzufüllen.
Foto: Milka Dimitrowa
Die Bulgaren sind laut Statistik Schlusslicht in Europa, was ihr Einkommen betrifft. Die Gehälter betragen gerade mal ein Drittel des europäischen Durchschnitts. In Bulgarien gibt es fast zwei Millionen Rentner bei einer Bevölkerung von ca. 7,5 Millionen. Auch die Rentner bei uns freuen sich nicht besonders auf den Ruhestand, denn auch ihre Renten sind weit von dem europäischen Durchschnitt entfernt. Deswegen müssen die Menschen bei uns meistens auch nach ihrer Pensionierung weiter arbeiten, um über die Runden zu kommen. In Bulgarien ist es auch üblich, dass die Eltern ihr Leben lang ihre erwachsenen Kindern weiterhin finanziell unterstützen, besonders jetzt in der Krise.

Die genaue Zahl der bulgarischen Rentner zu Beginn des Jahres betrug 2,2 Millionen. Die Durchschnittsrente in Bulgarien ist 140 Euro. Die Minimumrente kommt auf etwa 68 Euro. Fast 43 Prozent der Ausgaben im Staatshaushalt werden für die Renten aufgebracht. Dabei werden nur 40 Prozent der Renten von den Beiträgen der Arbeitnehmer und 60 vom Staat bezahlt. Um diese Situation zu ändern muss man die Arbeitnehmer dazu motivieren, länger im Arbeitsverhältnis zu bleiben. Das ist eines der Grundprinzipien der bevorstehenden Rentenreform in Bulgarien, die bald realisiert werden muss. Dadurch wird ein Ausgleich zwischen den Berufsjahren, den gezahlten Beiträgen und der Höhe des Gehaltes erreicht, was letztendlich zu einer Erhöhung der Renten führen wird.

Die Realität sieht im Moment aber anders aus. Die Wirtschaftskrise hat zu vielen Entlassungen geführt. Die Gehälter und die Renten wurden eingefroren. Somit fielen erst mal die Erhöhungen der Altersrenten für die Senioren ab 75 und für die Witwen aus. Wie überleben die älteren Menschen in Bulgarien in Zeiten der Krise? Sie versuchen eben irgendwie über die Runden zu kommen, bis die Wirtschaft sich erholt hat und die nächste geringe Rentenerhöhung in Sicht ist. Eine Rentnerin aus dem Dorf Markowo sagt dazu Folgendes:

„Es ist schwer“, sagt sie. „Ich muss mich auf meine Kinder verlassen. Wenn sie nicht gewesen wären, weiß ich nicht was ich getan hätte. Nur die Medikamente, die ich brauche, kosten etwa 50 Euro im Monat. Meine Rente beträgt dabei 100 Euro, 15 davon bekomme ich wegen meiner Arbeitsunfähigkeit. Ich habe 36 Berufsjahre hinter mir. Ich bin nicht dafür, dass das Rentenalter erhöht wird, weil die Bulgaren so wie so ein krankes Volk sind. Wir sind an erster Stelle in Europa bei den Herzerkrankungen und Schlaganfällen“.

Eine andere Rentnerin muss Zeitungen verkaufen, um ihre knappe Haushaltskasse ein bisschen aufzufüllen. Sie ist auch über die Lage der Rentner in Bulgarien eher skeptisch.
„Ich arbeite, weil ich von 50 Euro Rente nicht leben kann“, meint sie. „Ich habe 40 Jahre Berufserfahrung. Seit 10 Jahren verkaufe ich Zeitungen, damit ich überleben kann. Ich habe auch ein Kind großgezogen und versuche es nun zu unterstützen. Hilfe will ich nicht, möchte lieber alleine über die Runden kommen“.

Die wachsende Zahl der Arbeitslosen in Bulgarien hat an sich auch andere Folgen. Ein Rentnerpaar hat zum Beispiel zugegeben, dass es mit einer der beiden Renten seine arbeitslose Kinder unterstützt. Auch viele Rentner, die vor der Krise finanzielle Hilfe von ihren im Ausland lebenden Kindern bekamen, mussten nun darauf verzichten. Zumindest auf dem Land haben einige Rentner die Möglichkeit selbst Gemüse und Obst zu züchten und sparen dadurch etwas Geld.

Wie schaffen es aber die Senioren, die in der Stadt leben? Auf dem größten Obst- und Gemüsemarkt in Sofia kommen zu 90 Prozent Rentner, weil sie auf der Suche nach billigeren Angeboten sind. Es gibt auch übrigens Rentner, denen es eigentlich gut geht. Sie haben entweder Ersparnisse oder haben irgend eine Immobille, die ihnen zusätzliches Einkommen ermöglicht. Aber das ist nur ein geringer Teil der bulgarischen Rentner. Die meisten von ihnen wären auch mit 250 Euro im Monat zufrieden.

Übersetzung: Milkana Dehler
По публикацията работи: Milka Dimitrowa


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