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Jugendwelle Sofia: Die Geschichte des ersten Kindes, das im ersten SOS-Kinderdorf in Bulgarien aufgenommen wurde

Heute ist Simeon Simeonow ein selbstständiger junger Mann
Foto: Milka Dimitrowa
Simeon ist das erste Kind, das im ersten SOS-Kinderdorf in Bulgarien aufgenommen wurde. Heute erinnert er sich schmunzelnd an die Zeit im Kinderdorf, ist aber seiner SOS-Mutter dankbar, dass sie ihn bei seinen ersten Schritten im Leben begleitet und seinen Charakter geformt hat. Simeons Leben begann in einem Waisenheim in Schumen, im Osten Bulgariens, wo er drei Jahre lang blieb. Seine Mutter war schwer psychisch krank, sein Vater verstarb kurz nach Simeons Geburt. Er kennt ganz Bulgarien, aber nicht aus einem guten Grund – der kleine elternlose Junge wechselte die Waisenheime und wurde von Schumen im Osten nach Pernik im Westen des Landes versetzt. Als 1995 das erste SOS-Kinderdorf in Bulgarien im kleinen Dorf Dren, unweit der Hauptstadt Sofia, eröffnet wurde, war Simeon das erste Kind dort. Im SOS-Kinderdorf wurden kleine gemütliche Häuser gebaut, in denen der Wohnraum für bedürftige Kinder zur Verfügung gestellt wurde. Die Kinder dort haben eine SOS-Kinderdorfmutter und bis zu acht und mehr Geschwistern. Jede Familie hat ein eigenes Haus im SOS-Kinderdorf und die Waisenkinder bekamen so zum ersten Mal die Möglichkeit, in einem neuen Zuhause familiäre Geborgenheit zu erleben.

Simeon Simeonow erinnert sich am ersten Tag im SOS-Kinderdorf: "Ich betrat mein Zimmer und sprang stundenlang auf der Matratze rum." Als Simeon 12 wurde, bekam er zum ersten Mal in seinem Leben eine Mutter – Ewdokia Nikolowa. „Mama Doxy“, wie sie liebevoll genannt wurde, war streng, aber liebevoll, erinnert sich Simeon.

„Mama Doxy verlangte viel von uns, brachte uns aber bei, uns regelmäßig die Zähne zu putzen, morgens zu duschen und das Haus in Ordnung zu halten – das alles war für uns, Waisenkinder, bis dahin keine Selbstverständlichkeit“, erzählt Simeon. „Sie war streng, hat aber immer erklärt, warum die Ordnung wichtig ist. Das galt auch für die Schule, und plötzlich haben sich meine Schulnoten deutlich verbessert. Bis dahin hatte ich nie eine Eins in der Schule geschrieben. Heute bin ich ihr sehr dankbar – ich studiere immerhin auf der Wirtschaftsuniversität in Sofia, eine der besten Hochschulen in Bulgarien überhaupt. Ohne Mama Doxy hätte ich es nie soweit geschafft“, sagt Simeon.

Mama Doxy hat einen festen Platz im Herzen von Simeon. „Sie gab mir alles, wonach ich mich damals sehnte – Liebe, Geborgenheit, sie stand mir immer mit Rat und Tat bei Seite. Für jedes normale Kind ist das eine Selbstverständlichkeit, nicht aber für Kinder wie mich“, sagt Simeon. Mama Doxy blieb elf Jahre im SOS-Kinderdorf. In dieser Zeit haben es alle ihrer Kinder zum Abitur geschafft. Simeon studiert BWL, träumte jedoch früher von etwas ganz anderem:

„Ich wollte Fußball-Profi werden“, erinnert er sich. „Noch im Vorschulalter begann ich zu trainieren und spielte fast bis zum Abitur, schaffte es sogar in einen guten Verein. Doch, mit der Zeit wurde mir klar, dass meine Ausbildung wichtiger ist und so wechselte ich in das Fachgymnasium für Telekommunikationen nach Sofia. Obwohl ich eine Zeitlang mit dem Fußball weiter gemacht habe, habe ich den Leistungssport an den Nagel gehängt. Ich war fest entschlossen zu studieren und das war mir wichtiger“, sagt Simeon Simeonow.

Heute ist er ein selbstständiger junger Mann. Nach den Vorlesungen geht Simeon als Barkeeper jobben, um sich neben seinem Stipendium noch etwas Geld zu verdienen. Simeon träumt davon, sein Studium in der Schweiz fortzusetzen. Das SOS-Kinderdorf hat seinen Sitz in der Schweiz und viele Spender kommen aus der Schweiz. Simeon hat bei seiner Aufnahme in das erste SOS-Kinderdorf in Bulgarien ein Foto mit den Spendern bekommen. Den SOS-Kindern wird oft auch nach Verlassen des Kinderdorfes geholfen. Simeon hofft nun, dass er es auf die Universität in Sankt Gallen schafft.

Übersetzung: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Milka Dimitrowa


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