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Nationaler Beschäftigungsplan will Roma und Behinderte in den Arbeitsmarkt einbeziehen

Die negativen demographischen Prozesse, das Altern der bulgarischen Bevölkerung und die große Auswanderung nach der Wende von 1989 haben sich auch auf den Arbeitsmarkt negativ ausgewirkt. Deswegen wird es noch notwendiger alle sozialen Gruppen und Schichten einzubeziehen. Im Nationalen Beschäftigungsplan 2010 gilt besondere Aufmerksamkeit den Risikogruppen der Gesellschaft – den Langzeitarbeitlosen, die überwiegend Roma sind, sowie den Behinderten. Es gibt Qualifizierungsprogramme, die die Anpassung dieser Menschen an den Arbeitsmarkt unterstützen sollen. Gute Finanzmöglichkeiten dafür bietet das europäische Programm „Entwicklung der menschlichen Ressourcen“.

Über die Arbeitslosigkeit unter der Roma-Bevölkerung liegen keine genauen Daten vor. Die Fachleute schätzen sie auf 40 bis 80 Prozent. Die Maßnamen sollen sie durch Qualifizierung, Motivierung für aktive Arbeitssuche und unternehmerische Initiativen stärker in den Arbeitsmarkt integrieren. Um junge Roma bis 29 Jahre in den Arbeitsmarkt zu schicken, die überwiegend sehr niedrige Bildung haben, werden Möglichkeiten der Berufsausbildung geschaffen. Das Programm „Nimm Dein Leben in deine Hände“ hat als Teil des Nationalen Beschäftigungsplanes das Ziel diese Altersgruppe der Roma-Bevölkerung zu motivieren. Das Programm sichert Ausbildung zur beruflichen Qualifikation, dreimonatige Praxis bei einem Arbeitgeber und Vermittlung bei der Arbeitssuche. Im Ergebnis sollen 5.000 nichtaktive Personen Arbeit finden.

Die Motivierung der armen Roma-Familien, ihre Kinder in die Schule zu schicken, ist eine der frühen Voraussetzungen für ihre spätere berufliche Realisation. Die Gewährung der monatlichen Sozialhilfe wird hier mit dem Schulbesuch der Roma-Kinder verbunden. Die Prävention von frühen Ehen bei den Roma-Mädchen (die Roma heiraten zwischen 14 und 20 Jahren) ist ein Weg um ihre Bildung fortzusetzen, damit sie Arbeit haben und sie nicht später Armut und Sozialhilfe erwarten.

In den Arbeitsämtern wurden 105 Roma-Mediatoren eingestellt, die die Menschen aus dieser Sozialgruppe ermuntern sollen, Arbeit zu suchen und sich zu qualifizieren. Die Einstellung weiterer Vermittler für die Roma-Gemeinschaft ist vorgesehen. Im Nationalen Beschäftigungsprogramm sind auch Maßnamen für die Menschen vorgesehen, die Sozialhilfe erhalten. Die meisten von ihnen sind Roma. Es sind Maßnamen zur Schaffung von Arbeitsgewohnheiten, indem das Erhalten der Sozialhilfe mit der Arbeit an einigen Tagen im Monat verbunden wird.

Die andere Risikogruppe, die sich schwer auf dem Arbeitsmarkt zurechtfindet, sind die Behinderten. Das Gesetz für Behindertenintegration stimuliert die Arbeitgeber finanziell, Menschen aus dieser Gruppe einzustellen. Der Staat übernimmt die Ausgaben für Löhne, Renten- und Krankenkassenbeiträge für einen Arbeitgeber, der behinderte Menschen für mindestens drei Jahre eingestellt hat. Finanzielle Stimuli sind auch für architektonische Änderungen vorgesehen, die den Zugang der Behinderten zum Arbeitsplatz erleichtern. Es existieren spezielle Betriebe und Genossenschaften, in denen Behinderte arbeiten, für die der Staat Steuerförderung vorgesehen hat. Aber in Zeiten der Krise haben es diese Menschen sehr schwer zu überleben.

Elka Todorowa von der Nationalen Föderation der Arbeitgeber der Behinderten berichtet über die Schwierigkeiten dieser gesellschaftlichen Gruppe auf dem Arbeitsmarkt:
„Für die Behinderten gibt es mehrere Hindernisse beim Zugang zur Arbeit. Das ist der begrenzte Zugang zum Arbeitsplatz mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die nicht behindertengerecht sind. Ein anderes Problem ist die Qualifikation der Menschen selbst – über 40 Prozent der Behinderten haben keine oder nur geringe Bildung. Es gibt aber auch negative gesellschaftliche Einstellungen. Viele Arbeitgeber glauben nicht, dass ein Behinderter ein vollwertiger Beschäftigter sein kann und stellen deswegen solche Menschen nicht ein. Dazu kommt die Tatsache, dass die Behinderten laut dem Gesetz einen höheren Kündigungsschutz genießen, sowie das Recht auf einen längeren bezahlten Urlaub haben. Es gibt auch spezielle Betriebe für Behinderte. Aber wegen der fehlenden Aufträge unter den Bedingungen der Krise können diese Betriebe keine anständige Bezahlung garantieren, sowie durchgehende Beschäftigung. Manchmal können sie nur 4 Stunden pro Tag arbeiten oder die Beschäftigten in Betriebsferien schicken – bezahlte oder nicht bezahlte.“

Nach inoffiziellen Angeben gibt es bei uns 350.000 Behinderte im arbeitsfähigen Alter. Etwa 8 Prozent von ihnen sind Akademiker, fast 45 % haben die Schule abgeschlossen und der Rest hat eine geringere Bildung. Nach Angabe der Beschäftigungsagentur waren im ersten Halbjahr 2010 13.500 behinderte Personen bei den Arbeitsämtern gemeldet. Ein großer Teil der Menschen mit geringeren Behinderungen hat selbständig eine Arbeit gefunden und identifiziert sich nicht als Behinderter aus Angst die Arbeit wieder zu verlieren. Die Nationale Föderation der Arbeitgeber der Behinderten wird eine Novelle des Arbeitsgesetzbuches vorschlagen – Behindertenquoten in den Betrieben einzuführen. Der Staat sucht nach neuen Möglichkeiten für die Arbeit der Behinderten nach den Operationellen Programmen „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Entwicklung der menschlichen Ressourcen“. Mit 30 Millionen Euro aus beiden Programmen werden die Maschinen in den Behindertenbetrieben erneuert und die Produktionstätigkeiten sollen erweitert werden. Die Finanzierung wird auch für die Qualifizierung und die begleitenden Dienstleistungen für die Behinderten genutzt werden, damit sie vollwertig auf dem Arbeitsmarkt sind. Die Gemeinden werden sich Ende des Jahres mit Finanzierungsprojekten bewerben können, wenn sie Behindertenunternehmen bilden – Wäschereien, Armenküchen und Gaststätten.

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Milka Gerginowa


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