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Bulgarien setzt auf Kernenergie

Die Verlängerung der Betriebszeit der Reaktoren 5 und 6 des AKW Kosloduj und der Bau des AKW Belene sind laut Prof. Atanas Tassew Hauptprioritäten der bulgarischen Kernenergetik.
Foto: BGNES
Die Kernenergie feiert ein Comeback weltweit und zwar mit guten Chancen. Viel diskutiert und verneint in den letzten Jahren, erlebt sie heute eine wahre Renaissance.

Der Klimawandel und die Ausschöpfung der konventionellen Energiequellen sind die Gründe für viele Staaten zurück zu Kernenergie zu blicken. „Bis zum Jahr 2050 sollen weltweit noch Kernkraftwerke mit einer Kapazität von 1200 Gigawatt gebaut werden. Anders gesagt sind das 1200 Reaktoren mit einer Kapazität von je 1000 Megawatt. Momentan befinden sich 55 neue Kernkraftreaktoren in der Projekt- oder in der Bauphase. Die Daten wurden von Professor Atanas Tassew bei einer Pressekonferenz des Bulgarischen Energieforums bekannt gegeben und stammen aus einer Studie der US-Universität MIT, die von dem US-Präsidenten Barak Obama bestellt wurde. Die Analyse wurde auch von einem Bericht des Kernkraftplans bis zum Jahr 2050 der Kernkraftagentur bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bestätigt.

In Europa zum Beispiel gibt es 152 Kernreaktoren, die in 15 Staaten verteilt sind. 80 davon müssen bis zum Jahr 2016 stillgelegt, der Rest soll bis zum Jahr 2018 geschlossen werden. Dies gab Anlass zu einer erneuten Diskussion über die Verlängerung der Exploatationszeit der Atommeiler. Die Bundesregierung reagierte als erste mit einer solchen Entscheidung. In Bulgarien hat man ebenfalls begonnen über eine Verlängerung der Lebenszeit der zwei 1000 Megawatt Meiler des AKW in Kosloduj nachzudenken. Denn die einzige zuverlässige Quelle für saubere und kostengünstige Energie momentan ist die Kernkraft. Seit über 30 Jahren ist Bulgarien Mitglied des Weltklubs der Kernkraftstaaten. Was sind die Prioritäten auf diesem Gebiet heute?

„Bulgarien bleibt in dem Klub“, erklärte für Radio Bulgarien Professor Atanas Tassew. „Wir sehen die Entwicklung der Kernkraftenergie in verschiedenen Richtungen vor. In erster Linie ist das der Bau des geplanten zweiten AKW bei Belene. Das Projekt ist im fortgeschrittenen Stadium und hat sich aus finanzieller Sicht als ziemlich attraktiv erwiesen. Das zweite Projekt ist die Verlängerung der Betriebszeit der Reaktoren 5 und 6 des AKW Kosloduj, was im Kontext der Kernkraftrenaissance geschehen soll. Viele Länder, darunter auch Deutschland, das sehr skeptisch gegenüber der Kernenergie war, akzeptieren diese Vorgehensweise. Auch die Begleittätigkeiten sind wichtig. Auf jeden Fall müssen wir das Problem mit der Trockenlagerung der radioaktiven Abfälle und des abgebrannten Kernbrennstoffes lösen“.

Der Wind der Veränderung kam aus Deutschland auch nach Bulgarien. Gibt es Hürden auf dem Weg der Verlängerung der Betriebszeit der Reaktoren 5 und 6 des AKW Kosloduj?

„Das ist wirtschaftlich zweckmäßig“, kommentierte weiter Professor Tassew. „Aber die Lösung dieser Frage wird nach wie vor von den Hauptkonstrukteuren aus Russland kommen. Die Antwort hängt davon ab, wie die Entscheidung über den Bau des AKW Belene ausfällt. Dort hat Russland ernsthafte Interessen und ist am künftigen Bau des AKW beteiligt. Auf jeden Fall will Bulgarien an beiden Projekten arbeiten. Für die Verlängerung der Betriebszeit der beiden 1000 Megawatt Reaktoren in Kosloduj gibt es momentan weder technische noch strukturelle Schwierigkeiten und ist völlig plausibel“.

Warum konzentrieren wir uns aber auf die Reaktoren 5 und 6 des AKW Kosloduj? Weil eben diese zwei Meiler dem bulgarischen Energiemix den gewünschten Produktionspreis der Elektroenergie sichern, die am niedrigsten in Europa ist. Der Energieexperte Anton Iwanow meint dazu Folgendes:
„Über das AKW Kosloduj spricht man meistens im Kontext des Baus von neuen Reaktoren entweder dort oder im neuen AKW Belene“, sagt er. „Das hat auch seine positive Seiten, aber für die Gesellschaft ist es viel wichtiger in wie fern wir für die Verlängerung der Betriebszeit der Meiler 5 und 6 bereit sind. Ohne diese wird der günstige Strompreis in Bulgarien undenkbar sein. Diese Frage ist eine Schlüsselfrage in der Gesamtdiskussion. Die nicht ganz deutlich definierten Verpflichtungen seitens der Leitung des AKW und des Energieministeriums in dieser Frage veranlasst uns dazu, sie erneut zu stellen und auf genaue Antworten zu warten. Denn von der Finanzierung dieses Projektes hängt eine Menge ab, wie zum Beispiel die Genehmigung der Charakteristika der Blöcke 5 und 6 und die Lizenz für die verlängerte Betriebszeit“.

Übersetzung: Milkana Dehler
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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