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Bulgarien und Russland treiben den Bau der Erdgaspipeline South Stream voran

"Die Einnahmen Bulgariens aus dem Transit von russischem Gas werden nach der Umsetzung des South-Stream-Projekts von 600 Millionen auf 2,5 Milliarden Dollar steigen", hat Russlands Premier Wladimir Putin ausgerechnet.
Foto: Tanja Harisanowa
Im Rahmen des eintägigen Besuchs von Russlands Premierminister Wladimir Putin am Samstag in Sofia unterzeichneten die russische Holding Gazprom und die Bulgarische Energieholding BEH die Unterlagen über die Gründung eines Joint Ventures, das den South-Stream-Abschnitt auf bulgarischem Staatsgebiet umsetzen und auch bauen soll. Gazprom und die bulgarische Energie-Holding werden je zur Hälfte beteiligt. Das Gemeinschaftsunternehmen soll bis Ende November in Bulgarien offiziell registriert werden.

South Stream ist eine der Pipelines, die russisches Gas nach Europa leiten soll. Das Konsortium wird vom russischen Konzern Gazprom kontrolliert. Weitere Partner sind der italienische Energieversorger ENI und EDF aus Frankreich. Das Vorhaben wird in Westeuropa als Konkurrenz zu dem Pipeline-Projekt Nabucco betrachtet, das Ergas aus Zentralasien unter Umgehung Russlands nach Europa fördern soll. Auf der Abschluss-Pressekonferenz betonte jedoch der bulgarische Regierungschef ausdrücklich, dass South Stream vom EU-Energiekommissar Günther Oettinger abgesegnet wurde. Einzelheiten zum Projekt nannte Wladimir Putin:

"Folgendes bieten wir an: Die South-Stream-Leitung verbindet Russland über das Schwarzmeer-Gewässer mit den Ländern Süd- und Zentraleuropas. Das bedeutet die garantierte Belieferung von Bulgarien, Serbien, Ungarn, Griechenland, Slowenien, Kroatien und Österreich mit Erdgas aus Russland. Mit den genannten Ländern wurden bereits entsprechende Regierungsabkommen über die Verlegung der Pipeline geschlossen. Die Vorteile Bulgariens liegen klar auf der Hand – die Einnahmen Bulgariens aus dem Transit von russischem Gas werden nach der Umsetzung des South-Stream-Projekts von 600 Millionen auf 2,5 Milliarden Dollar steigen", hat Russlands Premier ausgerechnet.

Die Beteiligung Bulgariens am Projekt war rund ein Jahr lang nicht gesichert. Nach dem Amtsantritt im Sommer 2009 beschloss der jetzige bulgarische Premier Bojko Borissow einen Stopp aller Projekte mit Russland, darunter auch des South-Stream-Projekts. Erst im Juli 2010 wurde endlich beschlossen, dass sich Bulgarien am South-Stream-Projekt beteiligt. Die Vorteile für Bulgarien kommentierte Ministerpräsident Borissow folgendermaßen:

"Mit diesem Abkommen sichern wir den nächsten bulgarischen Regierungen 2,5 Milliarden Dollar Einkommen", sagte Bojko Borissow auf der Pressekonferenz in Sofia. "Mit dem gleichen Tempo arbeiten wir auch am anderen Gasprojekt Nabucco, so dass Bulgarien in der Tat ein Drehkreuz für die Gaslieferungen in Europa wird", so Borissow.

Über die geplante Erdgaspipeline soll russisches Erdgas über Bulgarien in einem Strang nach Griechenland und Süditalien und in einem zweiten Strang nach Norditalien sowie Österreich transportiert werden. Das Gesamtvolumen beträgt 63 Milliarden Kubikmeter. Das Projekt hat einen Wert von etwa 25 Milliarden Euro. Baufrist – Ende 2015. Für die Unterzeichnung der Papiere für das bulgarisch-russische Gemeinschaftsunternehmen war auch Gazprom-Chef Alexej Miller nach Sofia gereist.

"Bulgarien ist sehr wichtig für das South-Stream-Projekt, weil es auf der Strecke das erste Land nach dem Unterwasser-Stück der Pipeline ist. Ich glaube, die Erdgasleitung hat heute nach langem Zögern Europa erreicht", kommentierte Miller gegenüber Journalisten.

Derzeit kommen 100 Prozent der bulgarischen Gasversorgung aus Russland über die Ukraine. Deshalb kann sich Bulgarien nicht leisten, das Projekt South Stream zu blockieren, sagte der bulgarische Wirtschafts- und Energieminister Trajkow. Und weiter:

"Bulgarien ist neben Nabucco auch an South Stream beteiligt, weil dies zwar nicht die Quelle, aber zumindest die Transportwege unseres Gases diversifizieren wird. Hinzu kommt, dass diese Erdgasleitung mit enormen finanziellen Vorteilen für Bulgarien verbunden ist", sagte Wirtschafts- und Energieminister Trajkow.

Die Erdgas-Pipeline South Stream war nicht das einzige Gesprächsthema während des eintägigen Putin-Besuchs in Sofia. Bulgariens Ministerpräsident Borissow äußerte seine Hoffnung auf einen baldigen Abschluss der Verhandlungen mit Russland über den Tarif für die Gaslieferungen aus Russland. "Dies ist eine wichtige Frage für die bulgarische Wirtschaft", betonte er. Die Gasholding Gazprom habe ein Angebot an die bulgarischen Partner aufgestellt, das eine Herabsetzung des Tarifs für die Gaslieferungen an Bulgarien bis Ende 2012 um fünf bis sieben Prozent vorsieht.

Und noch eine offene Frage zwischen Bulgarien und Russland bekam zumindest eine Teilantwort – der Bau des zweiten bulgarischen AKW bei Belene an der Donau. Dazu gibt es bereits einen Bauvertrag mit der russischen Staatsfirma Atomstroyexport; was fehlt ist ein Investor. Bulgarien ist auf der Suche nach einem westeuropäischen Unternehmen, das bereit ist, anstelle des Essener Energiekonzerns RWE in das Projekt einzusteigen. Russland versäumte jedoch die Gelegenheit in Sofia nicht, daran zu erinnern, dass es bereit ist, sowohl zu bauen, als auch zu investieren. Die Kosten für das AKW Belene sollen von den anfänglich geplanten 4 Milliarden Euro auf mindestens 6,3 Milliarden Euro steigen. Dieser Preis sei jedoch unakzeptabel, sagte Bulgariens Wirtschafts- und Energieminister Trajkow.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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