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Die Geheimnisse des Leuchtturms von Schabla

Foto: Weneta Nikolowa
Es gibt einen Ort an der bulgarischen Schwarzmeerküste, der sich auch im Winter großer Beliebtheit erfreut. Und zwar die Gemeinde Schabla am nördlichsten Zipfel unserer Küste. Im Einzugsgebiet der Gemeinde befinden sich drei Feuchtgebiete, in denen Dutzende gefährdete Vögel ihr Winterquartier aufschlagen, einschließlich der gesamten Weltpopulation der Rothalsgänse. In den kalten Monaten, wenn in unseren Seebädern gespenstische Ruhe eintritt, empfängt die Gemeinde Schabla Gruppen ausländischer Ornithologen und Naturliebhaber, ausgerüstet mit „schwerer Artillerie“ wie Fotoapparaten, Ferngläsern, Videokameras u.a. Bevor sie sich jedoch in Richtung Feuchtgebiete aufmachen, begeben sich die Wintergäste an einen romantischen Ort inmitten von Meerwasser, an dem die Zeit scheinbar vorbeigegangen ist. Dort erwartet sie der von Winden und Legenden umwehte und von kreisenden Möwen gekrönte Leuchtturm von Schabla.



Der älteste Leuchtturm an der bulgarischen Schwarzmeerküste befindet sich am östlichsten Punkt Bulgariens – am Schabla-Kap. Hier beginnt das astronomische Jahr eher als im Rest des Landes. So wird der Leuchtturm zu Silvester ganze neunzehn Minuten eher das neue 2011 begrüßen, als die 550 km westlich gelegene Hauptstadt Sofia.



Die in dunkelrot und weiß gestreifte Navigationshilfe ist eine der Hauptattraktionen an der nördlichen Schwarzmeerküste. Man erzählt, das der Leuchtturm nach dem Vorbild eines des sieben Weltwunder erbaut worden sei – dem bekannten Leuchtturm von Alexandria, der im Mittelalter einem Erdbeben zum Opfer fiel. Allerdings hat der Leuchtturm von Schabla die Unwirren der Zeit und Naturgewalten überstanden. Er wird auch der „Sandleuchtturm“ genannt, da er die Schiffe vor der Gefahr der trügerischen Sandbänken zwischen dem Kap Schabla und dem nahe gelegenen Fischerdörfchen Tjulenowo bewahrt.



Alle 25 Sekunden senden die Leuchtfeuer auf dem 32 m hohen Turm ihre Signale 17 Meilen weit ins Meer. Der heutige Leuchtturm existiert seit 1856, denn in besagtem Jahr wurde eine hundert Jahre zuvor gebaute Navigationsanlage saniert und in Betrieb genommen. Auch gibt es Hinweise darauf, dass vom Schabla-Kap bereits in der frühen Antike Leuchtsignale gesendet wurden, als Seefahrer und Händler aus der gesamten Region durch das Schwarze Meer kreuzten.


„Auch heute verfügen nicht alle Schiffe über GPS-Systeme. Und in der Gegend lauern gefährliche Unterwasserriffs. So ist der Leuchtturm nicht nur ein sentimentales Überbleibsel, sondern eine Notwendigkeit“, erklärt Ilian Hristakiew vom Gemeindeamt Schabla. Wie viele andere Leuchttürme in Bulgarien wird auch der Leuchtturm von Schabla Mitte des 19. Jahrhunderts, zur Zeit der türkischen Fremdherrschaft, von der französischen Gesellschaft „Compagnie des Phares de l´Empire Ottoman“ verwaltet.

„Im Turm gibt es ein Monogramm von Sultan Abdülmecid, der zu dieser Zeit im Osmanischen Reich regierte“, erzählt Ilian Hristakiew weiter. „Derartige Monogramme wurden in Gebäuden mit außerordentlich wichtiger Bedeutung für das Imperium eingemauert. Interessant ist, dass der Leuchtturm, obwohl er die höchste Navigationshilfe an unserer Küste ist, einfach und schnell gebaut wurde. Auch die Baukosten fielen um etliches geringer aus. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich einige Meter vom Leuchtturm entfernt im 4. bis 6. Jahrhundert die Wälle einer spätrömischen Festung erhoben, die als Baumaterial für den Leuchtturmbau verwendet wurden.“

Kap Schabla war bereits in der Antike besiedelt. Historischen Quellen zufolge, befand sich vor über 2.000 Jahren in unmittelbarer Nähe des Leuchtturms eine Stadt namens Karia. Übriggeblieben ist einzig der Name – den heute ein vor Jahren entstandenes Fischerdörfchen mit niedrigen Häusern trägt. Die farbenfrohe Kneipe des Dörfchens bietet leckere Gerichte aus frisch gefangenem Fisch.

Südlich des Leuchtturms breiten sich jungfräuliche, von Menschenhand unberührte Seelandschaften aus. Die bizarren Felsen nahe des Dorfes Tjulenowo verbergen zahlreiche Höhlen, die bis vor 15 Jahren Robbenkolonien beherbergten. In unmittelbarer Nähe erstreckt sich einer der wildesten und schönsten Strände unserer Schwarzmeerküste. Um das Schabla-Kap pfeifen oft heftige und sehr malerische Seestürme – sehr zur Freude von Künstlern und Fotografen, die nicht Müde werden, mit der Kamera oder dem Pinsel Riesenwellen einzufangen, die mit ungeheuerlichem Getöse am Strand zerschlagen.

Im fernen Jahr 1901 wurde die Region von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht, das in den umliegenden Dörfern zahlreiche Schäden anrichtete. Der Leuchtturm bleib jedoch fast unbeschädigt. Lediglich der Turm erhielt kleine Risse und wurde mit Metallreifen gesichert, die bis heute zu sehen sind. Auch der Leuchtturm von Schabla hat sein Geheimnis. 1996 vergruben die Betreiber während der Feierlichkeiten zum 140. Leuchtturmjubiläum eine Botschaft an die Nachwelt, die erst im Jahr 2054, anlässlich des 200. Leuchtturmjubiläums geöffnet werden darf.

Übersetzung: Christine Christov

Fotos: Weneta Nikolowa
По публикацията работи: Weneta Nikolowa


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