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Heim und Freizeit: Der Rettich

Foto: de.wikipedia.org
In der kalten Jahreszeit, wenn es uns mehr oder weniger an Vitaminen mangelt, sollten wir uns an eine alte und zu unrecht etwas in Vergessenheit geratene Gemüseart erinnern, die unserem Körper dabei helfen kann, fit und gesund zu bleiben. Die Rede ist vom guten alten Rettich und den mit ihm verwandten Radieschen.

In unserem Land gehört der Rettich in Form von Salat immer noch auf den Speiseplan vieler Bulgaren. Da der Rettich selbst für bulgarische Gaumen ziemlich scharf ist, verfeinern wir den Salat, den wir im Winter sehr gern essen, mit Möhren. Gemacht wird ein Rettich-Möhren-Salat denkbar einfach: Man nehme einen saftigen Rettich - egal ob schwarz, weiß oder welcher Farbe auch immer und einige Karotten. Das Gemüse wird gewaschen, geschält und auf der Reibe kleingerieben. Anschließend geben wir etwas Salz, Zitronensaft und Olivenöl oder Sonnenblumenkernöl dazu und fertig ist ein gesunder und schmackhafter Salat, der die Immunabwehr stärkt und für ein Gläschen guten Schnaps wie geschaffen ist. Wenn Sie mögen, können Sie diesen Salat auch mit etwas Petersilie oder Sellerie abschmecken, so bekommt er einen frischeren Geschmack. Und zur Dekoration sind einige grüne oder schwarze Oliven ebenfalls sehr geeignet. Probieren Sie doch mal!

Der auf den ersten Blick unscheinbare Rettich birgt eine Reihe von wertvollen Vitaminen, Mineralstoffen, Nährsalzen, Enzymen und Ölen, die unseren Stoffwechsel wieder in Schwung bringen. Er entschlackt und stärkt unseren Körper und das wussten bereits unsere Vorfahren. Deshalb wurde er von den alten Griechen und Ägyptern als Kulturpflanze angebaut. Den Ägyptern war er wohl schon um 2500 v. Chr. bekannt und wurde als heilkräftige Nahrungspflanze geehrt. Die Pyramidenbauer im alten Ägypten sollen neben Brot, Zwiebeln und Knoblauch auch Rettich bekommen haben, um gesund und kräftig zu sein und die harte Arbeit meistern zu können.

Woher der Rettich genau stammt, ist ungewiss. Man geht aber davon aus, dass seine ursprüngliche Heimat Vorderasien war. Von dort verbreitete er sich nach Korea, China und Japan sowie in Richtung Mittelmeerraum. Mit den Römern gelangte er nach Mittel- und Nordeuropa, wo die Kelten und Germanen ihn lieben und schätzen lernten und über die Griechen ist die wertvolle Rübe wahrscheinlich nach Bulgarien gekommen. Im Mittelalter war der Rettich jedenfalls schon überall in Europa präsent und wurde in vielen Kräuterbüchern erwähnt und abgebildet. Das ist auch durchaus kein Zufall, denn die Menschen hatten erkannt, dass der Rettich harntreibend, gallensteinauflösend, entzündungshemmend und appetitanregend ist, um nur einige seiner Wirkungen zu nennen. Die im Rettich enthaltenen Senföle und Bitterstoffe regen die Gallenbildung und die Produktion von Magensaft an und hemmen die Vermehrung von Bakterien und Pilzen. Egal also ob bei Lebererkrankungen, Husten, Rheuma, Nieren- oder Blasenentzündungen, Hautproblemen oder sonstigen Leiden - der Rettich und der Rettichsaft können bei vielen Gebrechen Linderung verschaffen. An dieser Stelle sollte aber auch gesagt werden, dass man Menschen mit Magengeschwüren, Kolitis, Gastritis, Problemen mit dem Pankreas und schwangeren Frauen vom Konsum von Rettich abrät.

Der Rettich und seine kleineren Schwestern, die Radieschen, haben die unterschiedlichsten Formen, Farben und Größen. Einige Sorten sind rot, andere violett, schwarz, gelb, weiß, braun oder rot-weiß, lila-weiss etc. Es gibt runde, zylindrische und längliche Hybride, von denen der japanische Daikon-Rettich zum Beispiel bis zu einem Meter lang und mehrere Kilogramm schwer werden kann. Allen gemeinsam ist, dass ihr Fleisch unter der Schale weiß ist. Manche Rüben schmecken scharf, andere haben einen milderen Geschmack. Wichtig aber ist, dass 200 Gramm Rettich unseren Tagesbedarf an Vitamin C decken und uns auch mit sonstigen sehr wertvollen Nährstoffen versorgen. Da die Rettiche viele dieser Vitalstoffe beim Erhitzen verlieren, sollte man sie auf jeden Fall roh verzehren - entweder in feine Scheiben geschnitten oder geraspelt. Eigentlich sind Rettiche und Radieschen das ganze Jahr über in den Geschäften zu finden, denn es gibt Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterrettiche.

In Bulgarien lieben wir die Radieschen insbesondere im Ostersalat. Diesen Salat mischen wir aus Frühlingszwiebeln, Frühlingsknoblauch, Radieschen und Blattsalat, würzen mit gehackter Petersilie oder frischen Dill, schmecken mit Salz, Essig und Öl ab und geben zu guter Letzt ein oder mehrere kleingeschnittene gekochte Eier und einen Becher Joghurt dazu. Der Joghurt löst die Eidotter auf und es entsteht eine himmlisch schmeckende Soße, in der das Grünzeug und die roten Radieschen hervorleuchten - ein Schmaus für alle Sinne eben. Sie brauchen aber nicht bis Ostern zu warten, um diesen Salat mal auszuprobieren. Guten Appetit!

In der Naturmedizin werden Rettich und Radieschen bei vielen Leiden empfohlen. Da sie viel Vitamine der B-Gruppe enthalten, sollen sie bei Nervenerkrankungen und Depressionen helfen. Die Folsäure wirkt der Blutarmut entgegen, das Silizium stärkt die Blutgefäße und die Knochen und verbessert den Zustand der Haut und der Haare. Rettichgemüse enthält viel Kalium, deshalb unterstützt es unser Herz- und Kreislaufsystem. Außerdem senkt der Verzehr von Rettich und Radieschen den Cholesterinspiegel und fördert dank der vielen Ballaststoffe die Darmtätigkeit.
Bei Gelenkschmerzen kann man ebenfalls Rettich zu Hilfe ziehen – es wird geraspelt und mit der Rettichpaste macht man einen Umschlag, den man 15 bis 20 Minuten wirken lässt. Auch bei Rheuma, Gicht und Hautwunden, die schwer verheilen, kann man dieses Mittel einsetzen.

In vielen Ländern, darunter in Bulgarien und Deutschland, empfiehlt die Volksmedizin Rettichsaft gegen hartnäckige Erkältungen, Husten und Heiserkeit. Offensichtlich haben viele Völker aus eigener Erfahrung herausgefunden, dass die Vitalstoffe im Rettich Bakterien und Keime abtöten und eine schmerzlindernde und antibiotische Wirkung aufweisen. Wenn einen also eine Grippe oder Erkältung mit Husten und Heiserkeit erwischt hat, dann braucht man einen schwarzen Rettich. Diesen wäscht man zuerst gründlich, höhlt ihn dann aus und füllt ihn mit Zucker oder noch besser mit Honig und lässt ihn über Nacht stehen. Am Morgen verfügt man dann über einen wirksamen Hustensaft, den man ihn eine dunkle Flasche abfüllen und in den Kühlschrank stellen sollte. Von diesem Hustensaft sollte man bei Atemwegs-Beschwerden alle ein-zwei Stunden je einen Teelöffel einnehmen. Dieses selbstgemachte Heilmittel wirkt krampf- und schleimlösend, verbessert das Durchatmen und soll selbst bei Keuchhusten helfen.

Das Volk hat also herausgefunden, dass der Rettich ein sehr gesundes und robustes Gemüse ist. Nicht von ungefähr hören die bulgarischen Kinder besonders ein Volksmärchen sehr gern, das Märchen vom Großvater und dem Rettich, das der Dichter Ran Bossilek auch in spaßige Reime verfasst hat. Hören Sie in Kürze dieses Märchen: Im Garten der Familie wuchs ein schöner großer Rettich heran. Der Großvater ging, den Rettich zu ernten. Er packte ihn und begann am Rettich zu ziehen, doch der Rettich blieb störrisch und wollte nicht nachgeben. So rief der Großvater die Großmutter. Diese eilte heran und beide zogen und zerrten, doch der Rettich blieb stur. So riefen sie auch die anderen Hausgenossen zu Hilfe, die einer nach dem anderen mit anpackten. Zuerst kam die Enkelin, dann der Hund und schließlich die Katze. Alle zogen gemeinsam am Rettich, der Rettich wich nicht von der Stelle. Zu guter Letzt reihte sich auch die kleine Hausmaus hinten an und endlich konnten sie mit vereinten Kräften den Rettich aus dem Boden ziehen.
Und hier noch eine lustige, moderne Anekdote: Es las ein Computerprogrammierer das Märchen vom Großvater und dem Rettich und meinte anschließend: Na ja, es war doch klar, dass es ohne die Maus nicht funktionieren kann!

In Deutschland ist der Rettich besonders in der pfälzischen Schifferstadt sehr beliebt, wo man ihn sogar als „weißes Gold“ bezeichnet. Dort erntet man 85 Prozent der Radieschen und Rettiche in Deutschland und es gibt auch ein mehrtägiges Fest, das diesem Gemüse gewidmet ist, welches in Schifferstadt seit 1964 im Mai gefeiert wird – das Rettichfest. Überhaupt essen die Deutschen Rettich sehr gern zu Weißwurst mit Brezeln und trinken dazu natürlich das eine oder andere Bierchen.
Doch der Rettich und die Radieschen haben es natürlich auch über den Ozean geschafft. Mit den Spaniern sind sie im 19. Jahrhundert nach Mexiko gekommen und die Bevölkerung der mexikanischen Stadt Oaxaca feiert seit 1897 am 23. Dezember, einen Tag vor Weihnachten, ein spezielles Fest, das eigens dem Radieschen gewidmet ist. Während dem Radieschenfestival, bekannt als La Fiesta de Los Rabanos oder auch als La Noche de Rabanos, also Nacht der Radieschen, werden an den Verkaufsständen auf dem Hauptplatz der Stadt einzig und allein Radieschen feilgeboten. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einfache Radieschen, sondern um unterschiedliche, mit viel Kunst- und Feingefühl geschnitzte Figuren aus diesem Gemüse – Tier-, Pflanzen- und Menschenfiguren. Die teilweise bis zu 50 Zentimeter hohen und drei Kilogramm schweren Radieschen, stellen passend zum Anlass auch die Weihnachtsgeschichte oder aber Gestalten aus indianischen Mythen dar. Die bis ins kleinste Detail bearbeiteten und mit allerlei anderem Gemüse wie Blumenkohl und Zwiebeln sowie getrockneten Blüten dekorierten farbenprächtigen Figuren sind aber bei weitem nicht der einzige Hingucker. Das Radieschenfest ist auch der große Tag der Gärtner und Floristen, denn sie präsentieren dem Publikum nicht nur kunstvoll geschnitzte Figuren, sondern auch ungewöhnliche Radieschen. Und so werden in der Nacht der Radieschen auch das dickste, längste, rundeste und eleganteste Radieschen gekürt. Nachdem die Gewinner ihre Preise erhalten haben, erstrahlen über den Tausenden Teilnehmern an dieser ungewöhnlichen Fiesta abschließend viele Feuerwerke und die Leute freuen sich auf ihre nächste Zusammenkunft im folgenden Jahr, wieder einen Tag vor Weihnachten. Eine andere Besonderheit der La Fiesta de Los Rabanos ist auch, dass die Besucher mit Zuckersirup übergossene kleine Teigbällchen, die sogenannten Buñuelos, verzehren. Die Buñuelos werden auf kleine Teller serviert, die man nach dem Verzehr über die Schulter zu werfen pflegt – in je mehr Stückchen so ein Tellerchen zerbricht, um so erfolgreicher wird das nächste Jahr sein.

Und nun ein paar interessante Informationen und Tipps rund um Rettich und Radieschen:
Man kann Radieschen im Kühlschrank frisch halten, indem man das Laub vollständig entfernt und sie in eine Schale mit Wasser legt. So werden sie übrigens besonders knackig.
Rettich zieht das Nitrat aus dem Boden, deshalb sollte man ihn lieber aus kontrolliert biologischem Anbau kaufen und unbedingt die Schale entfernen.
Beim Einkauf von Rettich sollte man darauf achten, dass die Knolle prall und fest ist, keine Dellen hat und die Blätter, soweit vorhanden, frisch sind.
Der schwarze Rettich gehört zu den empfehlenswertesten Gemüsen mit dem höchsten Basenüberschuss. Britische Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Rettich neben Brokkoli am besten gegen altersbedingte Senilität hilft.
Die alten Magier waren fest davon überzeugt, dass ein Haus, in dem es Rettich gibt, gegen böse Geister und Menschen mit bösem Blick gefeit sei.
Besonders geschätzt ist das Rettich-Gemüse in Ostasien, so liegt in Korea der jährliche Prof-Kopf-Verbauch bei 30 Kilogramm Rettich, während die Deutschen ca. 250 Gramm pro Jahr verzehren. Wie es bei den Bulgaren aussieht, konnte ich leider nicht ergründen.

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По публикацията работи: Rossiza Radulowa


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