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Chinesischer Botschafter in Sofia Guo Yezhou: Wir legen großes Gewicht auf die Beziehungen zu Bulgarien

Botschafter Guo Yezhou (r.) will die wirtschaftliche Partnerschaft zwischen beiden Ländern weiter intensivieren.
Foto: forum.fiat-bg.org
Die stellvertretende chinesische Außenministerin Fu Ying weilte zu einem offiziellen Besuch in Bulgarien. Im Außenministerium in Peking ist sie für die Beziehungen Chinas zu Europa zuständig. Im Rahmen der jetzigen Bulgarien-Visite führte Fu Ying wichtige und für die Beziehungen zwischen beiden Ländern sicherlich zukunftsweisende Gespräche mit der bulgarischen Regierung. In welchen Bereichen Bulgarien und China kooperieren und wie sich die Beziehungen zwischen Sofia und Peking gestalten – auf diese Fragen antwortet der neue chinesische Botschafter in Sofia Guo Yezhou im Interview mit unserer Kollegin Vessela Vladkova.

Botschafter Guo spricht ein perfektes Deutsch. In Peking studierte er acht Semester Germanistik, dann arbeitete er sechs Jahre in der chinesischen Botschaft in Berlin. Seit September 2010 vertritt er nun die Volksrepublik in Sofia. Daher meine erste Frage an Botschafter Guo, welche Aufgaben er sich persönlich in Bulgarien stellt?

"Meine Aufgabe Nr. 1 ist, die politischen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern zu intensivieren und die politische Verständigung auf dem ganz hohen Niveau zu verstärken. Wir haben eine sehr gute Basis für die Entwicklung der bilateralen Beziehungen – Bulgarien führt eine China-Politik und China respektiert die Entscheidungen des bulgarischen Volkes. Diese Basis muss noch weiter vertieft werden. Außerdem ist Bulgarien ein wichtiges Land in der Region. Wir wollen mit Bulgarien nicht nur über die bilateralen Beziehungen sprechen, sondern auch die Konsultationen zu internationalen und regionalen Fragen verstärken. Das ist auch eine meiner Aufgaben. Eine weitere Aufgabe ist, die junge Generation einzubinden, oder ich versuche zumindest, möglichst mehr Unterstützer, Sympathisanten und Mitgestalter von unseren bilateralen Beziehungen aufzubauen. Und natürlich – das gehört auch dazu – möchte ich die wirtschaftliche Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern weiter zu intensivieren, aber da muss ich sagen – ich kann ermutigen, ich kann einfädeln, ich kann unterstützen, aber die letzte Entscheidung wird vom Markt getroffen. Unsere Regierung kann nicht sagen, was die Unternehmen tun sollen. Das geht nicht. Das war früher vielleicht so, in der Zeit der Planwirtschaft, als alles von oben organisiert wurde. Aber inzwischen kann man das nicht. D.h. wir bieten politische Dienstleistung an und die Unternehmen, der Markt wird entscheiden.

Welche Wirtschaftsbereiche in Bulgarien sind für China als Investitionsmöglichkeiten interessant?

Dann würde ich von drei Bereichen sprechen. Erstens: Infrastruktur. Sie wissen, China ist stark in diesem Bereich. Die neugebauten Autobahnen in China, um eine Zahl zu nennen, hat eine Länge von 4000 km. 4000 km in einem Jahr. D.h. wir haben gute Technik, wir haben gut ausgebildetes Fachpersonal, und übrigens, was auch wichtig ist, wir haben Geld. Ein zweiter Bereich ist Energie – herkömmliche, also traditionelle, klassische Energie, aber auch erneuerbare Energie. Ein drittes Bereich sind traditionelle Produkte aus Bulgarien, z.B. Wein, Rosen, also Spezialprodukte, wo Bulgarien besonders lange Traditionen hat.

Welche größere Projekte gibt es im Bereich der Energiewirtschaft, Sie haben die erneuerbaren Energien genannt. Bei Ichtiman ist der erste Solarpark angeschlossen.

Um noch mal bei diesem Stichwort erneuerbare Energien zu bleiben – wir haben nicht weit weg von Plowdiw, in Ichtiman, eine Erfolgstory etabliert. Anfang dieses Jahres sind viele chinesische Unternehmensvertreter nach Bulgarien gekommen, sie wollen weiter in dieser Richtung arbeiten. Diesmal geht es nicht nur um Solarenergie, sondern um Windenergie.

Insbesondere nach der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima ist die Welt nicht mehr so sehr von der Kernenergie überzeugt. Bulgarien verhandelt seit Jahren mit Russland über den Bau einer zweiten Atomkraftanlage bei Belene. Nach dem Rückzug der RWE aus dem Projekt fehlt der Regierung jedoch ein Investor. China meldete Interesse an, eine konkrete Entscheidung ist jedoch noch nicht getroffen.

Das ist eine Entscheidung von der bulgarischen Regierung. Ich habe da nicht zu reden, aber wir warten es ab, wenn die Entscheidung von der bulgarischen Seite getroffen ist, dann werden wir mal sehen. Ich möchte dem Ergebnis der Verhandlungen nicht vorgreifen, die bulgarischen Partner haben zu entscheiden, wen sie mit ins Boot nehmen wollen. Interesse ist da, unser Angebot ist da, die bulgarische Seite kann zu diesem Angebot kommen, sie haben zu entscheiden.

Ich habe das Gefühlt, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bulgarien und China in letzter Zeit besonders intensiv geworden sind. Gibt es bestimmte Vorteile, die Bulgarien als Investitionsstandort hat, oder hat sich in China etwas verändert?

Unsere Politik gegenüber Bulgarien hat sich nicht verändert. Und wenn sich etwas verändert hat, dann in positiver Richtung. Wir legen großes Gewicht auf die Beziehungen zu Bulgarien. Bulgarien hat natürlich viele Vorteile. Z.B. wenn ich von chinesischen Investoren gefragt werde, warum sie in Bulgarien investieren sollen, dann nenne ich ihnen immer folgende Stichworte: Erstens: politisch ist es ein stabiles Land. Und geografisch gesehen ist das Land sehr günstig gelegen. Die geografische Lage spielt immer eine wichtige Rolle. Und die Arbeitskräfte hier sind relativ besser qualifiziert, sie sind übrigens auch nicht so teuer. Das ist auch eine Tatsache, die man nennen muss. Beide Länder hatten immer sehr gute Beziehungen, traditionell gute Beziehungen. Die Bulgaren sind uns gegenüber freundlich gesinnt. Wir haben politisch miteinander also kein Problem. Das sind lauter wichtiger Voraussetzungen, auf die auch Investoren großes Gewicht legen.

Hinzu kommt vielleicht auch die EU-Mitgliedschaft Bulgarien?

Ja, sicher. Meine bulgarischen Partner erzählen mir, dass Bulgarien gern als eine Brücke, als ein Korridor für chinesische Investitionen zur Verfügung stehen würde. Man kann von hier sehr schnell in andere Teile der EU gelangen. Ja, da ist etwas dran, obwohl wir glauben, in der heutigen Welt, in der heutigen Zeit, brauchen wir für die EU eigentlich keine Zwischenstation. Aber Bulgarien ist durch seine geografische Lage de facto eine wichtige Station, wenn man nach Europa geht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Um das Interview zu hören, klicken Sie bitte auf den Titel neben dem Audiosymbol.
По публикацията работи: Vessela Vladkova


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