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Heim und Freizeit: Die Tomaten

Foto: Архив
Heute habe ich wieder eine Reise rund um den Globus für Sie vorbereitet, denn wir wollen sehen, wie ein Gemüse oder botanisch gesehen eine Beere die Erde erobert hat und zu einer der weltweit bedeutendsten und beliebtesten Nutzpflanzen avanciert ist.

Wenn es Stadtbewohner oder Ausländer im Februar oder März in die bulgarische Provinz verschlägt, dann bietet sich ihren erstaunten Augen ein bizarrer Anblick. In den meisten Fenstern sind die Blumen kleinen grünen Pflanzen gewichen. Manche von Ihnen rekeln sich in Blumentöpfen der schwachen Wintersonne entgegen, andere haben die Hausfrauen kurzerhand in Joghurtbecher oder sogar in Margarinedosen gepflanzt. Es handelt sich dabei um Setzlinge von Kohl, Paprika und vor allem von Tomaten. Jeder Bulgare, der einen Garten hat und etwas auf sich hält, züchtet nämlich eigene Tomaten. Die wohlschmeckenden, saftigen, vollreifen Tomaten sind ein Wahrzeichen Bulgariens - die Besucher unseres Landes können das eine oder andere Museum vielleicht vergessen, nie aber den Geschmack der bulgarischen Tomaten.

Obwohl wir sie heute als selbstverständlich ansehen und sie als typisch bulgarisches Gemüse betrachten, hat es eigentlich lange Zeit gedauert, bis unsere Landsleute auf den Geschmack der Tomate gekommen sind - erst Ende des 19. Jahrhunderts kamen die Tomaten nach Bulgarien. Dabei gelangten die ersten Tomaten bereits 1498 auf den Schiffen von Kolumbus nach Europa, zunächst nach Spanien und Portugal. Ursprünglich wurden sie aber nur für die Gestaltung der Gärten verwendet und als Zierpflanzen gehalten. Die ersten Tomaten auf dem alten Kontinent waren auch ganz anders als die heutigen - sie waren klein und von gelber Farbe, weshalb die Italiener sie auch Pomidori zu Deutsch Goldene Äpfel nannten. Lange dachte man, Tomaten seien giftig. Das Tomatenkraut und die grünen Früchte enthalten in der Tat einen giftigen Wirkstoff - das Alkaloid Tomatidin, das dem Solanin in den Kartoffeln entspricht. Es kann Kopfschmerzen, Übelkeit, Magenschleimhautentzündungen oder Krämpfe verursachen. Nicht von ungefähr ließ man also vor Jahrhunderten lange Zeit die Finger von den Tomaten. Auch dachte man vor 200 Jahren, Tomaten seien erst dann genießbar, wenn sie drei Stunden lang gekocht werden. In Frankreich wiederum schrieb man den Tomaten eine aphrodisierende Wirkung zu und nannte sie deshalb Liebesäpfel. Während also manche beherzt zur Tomate griffen, um ihre Liebeslust zu stärken, wurde jungen Mädchen der Verzehr von Tomaten verboten, um sie vor Liebeswahn zu schützen. Von der Kirche war die Tomate zeitweise sogar als „Pflanze des Satans“ verschrien. Nach vielen Vorurteilen und Missverständnissen hielten die Tomaten gegen Ende des 18. Jahrhunderts endlich Einzug in die Küche der Europäer und begannen ihren kulinarischen Triumphzug durch Europa, Asien und auch in ihrer Heimat Amerika. Dort erfand der deutsche Einwanderer Henry John Heinz 1876 das Tomatenketschup. Übrigens heißt es, das Originalrezept von diesem Ketschup wird, genau wie bei Coca Cola, auf das strengste gehütet. Nur etwa acht Personen sollen die exakten Zutaten dafür kennen. Wie aber bereits in früheren Sendungen erwähnt, enthält Ketschup jeder Art bis zu 20 Prozent Zucker, deshalb ist es doch mit Vorsicht zu genießen!

Ursprüngliche Heimat der Tomaten ist Mittel- und Südamerika. Dort sind sie auch heute noch in wilder Form zu finden. Tomaten wurden bereits vor knapp 2.500 Jahren von den Indianern angebaut und galten damals schon als kostbar - eine Tomate kostete soviel wie eine Kakaobohne - dem damaligen Zahlungsmittel. Heutzutage gibt es weltweit Tausende von Sorten. Geschmack, Resistenz gegenüber Schädlingen und Erkrankungen, Ertrag, Transportfähigkeit, lange Haltbarkeit - das sind nur einige der Kriterien, nach denen immer neue und neue Hybride entwickelt werden. Man geht davon aus, dass es mindestens 2.500 Tomatensorten gibt. Inoffiziell könnten es aber auch bis zu 20.000 sein, da viele Züchter und Hobbygärtner eigene Variationen züchten, die keine Namen haben und überhaupt nicht registriert werden. Dabei erzielen sie die unterschiedlichsten Formen und Farbnuancen, begonnen bei weiß über gelb, orange, rosa, rot, violett, grün, braun und schwarz. Sogar gestreifte und marmorierte Tomaten gibt es sowie solche, die in kräftigem Pink leuchten - sogenannte T-Tomaten. Auch in der Größe variieren Tomaten von kleinen Kirschtomaten bis hin zu Tomatenmonstern, die mehrere Kilo auf die Waage bringen. So soll die bisher schwerste Tomate 3,5 Kilogramm gewogen haben. Die höchste Tomatenpflanze maß 19,8 Meter und die größte Tomatenpflanze soll 32.000 Früchte getragen haben.

Tomaten bestehen zu 95 Prozent aus Wasser. Die restlichen fünf Prozent haben es aber in sich - zahlreiche wertvolle Vitamine, Mineralstoffe wie Kalium, Eisen, Magnesium und Folsäure, aber auch viele Spurenelemente und bioaktive sekundäre Pflanzenstoffe. Vor allem der für die rote Farbe der Tomaten zuständige Carotinoid Lycopin sorgt in letzter Zeit für Gesprächsstoff, denn Forscher wollen herausgefunden haben, dass Lycopin hilfreich ist zur Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, bei Krebs, Prostataleiden und vielen anderen mehr. Hinzu kommt, dass Lycopin hitzestabil ist und vom Körper sogar besser resorbiert werden kann, wenn die Tomaten gekocht sind. Es ist auch gut zu wissen, dass Lycopin vor allem in Konserven in hohen Mengen zu finden ist. Die Erklärung dafür - Tomaten werden meist dort verarbeitet und konserviert, wo sie wachsen, so dass sie ausreichend Zeit haben, gut auszureifen. Sie werden sofort nach ihrer Ernte verarbeitet und somit ist der Lycopingehalt in Industriekonserven höher als bei den im Handel angebotenen frischen Tomaten, die meistens unreif geerntet und danach in die Geschäfte transportiert werden.

Tomaten sind gegenwärtig das zweitwichtigste Gemüse. Die Weltproduktion an Tomaten liegt derzeit bei ca. 120 Millionen Tonnen, Tendenz steigend. Zu den weltweit größten Tomatenproduzenten gehören China, Mexiko, die USA, Spanien, die Türkei, die Niederlande, Italien und Griechenland. Allein in der EU werden jährlich 17 Millionen Tonnen Tomaten auf einer Fläche von 290.000 Hektar angebaut und das aus gutem Grund - heutzutage sind Tomaten ein vielseitiges Küchengemüse - Tomatenmark, Tomatensaft, Ketschup, Konserven, Soßen, unterschiedlichste Gerichte, Suppen und Salate werden daraus zubereitet. Auch zu Pizza und Pasta gehören Tomaten und Ketschup einfach dazu.
Im Durchschnitt isst jeder Deutsche rund 22 Kilogramm Tomaten pro Jahr. Laut Statistik soll die Zahl auch bei den Bulgaren um diesen Wert kursieren. Ich persönlich würde dies aber anzweifeln - Tomaten werden bei uns sehr viel gegessen, in Suppen, Soßen, in vielen Gerichten, als Brotaufstrich in Form der sehr populären bulgarischen Ljutenitsa - einer Art gewürzten und hauptsächlich aus gekochten Tomaten und Paprika bestehenden Paste, die bulgarische Hausfrauen oftmals immer noch selbst zubereiten und vor allem natürlich in Salaten. Symbolisch für Bulgarien ist dabei der Schopska-Salat, der neben Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Paprika unbedingt auch Weißkäse enthält und mit Öl und Petersilie abgeschmeckt wird. Ein wahrer Traum, liebe Freunde! Nicht von ungefähr also legt jeder Bulgare Wert darauf, Tomaten im eigenen Garten zu züchten. Es geht eben nichts über eine saftige, sonnengereifte Tomate.

Etwas ausgefallener als die herkömmlichen Salate sind sicherlich auch die neuerdings als Snack angebotenen getrockneten Tomaten, die übrigens auch hervorragend in Suppen und sonstige Gerichte passen. Manche Exzentriker brennen Schnaps aus Tomaten. In Österreich gibt es dementsprechend einen recht teuren, doch sicherlich exotischen Paradeiserbrand zu kaufen. Tomatensaft und Wodka sind wiederum untrennbarer Bestandteil des zumindest in Bulgarien sehr beliebten Cocktails Bloody Mary. So kurios es auch klingen mag, machen wir hierzulande auch Konfitüre aus grünen Tomaten. In der spanischen Valencia wiederum kann man Eis mit Tomatengeschmack kaufen. Es gibt eben keine Grenzen für die kulinarische Phantasie, vor allem bei Tomaten!

Natürlich muss eine so gesunde, beliebte und schmackhafte Frucht wie die Tomate gefeiert werden. Und so findet seit 1940 jedes Jahr am Mittwoch der letzten Augustwoche in der Stadt Buñol in der spanischen Region Valencia ein Fest statt, das der Tomate gewidmet ist - die Tomatina. Fast 40.000 Einheimische und Touristen aus aller Welt strömen zu dem Fest herbei, um sich mit überreifen, vorher in der Hand zerdrückten Tomaten zu bewerfen. Nach der Schlacht, in der mehr als 100.000 Kilogramm Tomaten eingesetzt werden, laufen in den Straßen regelrechte Flüsse aus Tomatensaft. Das Fest beginnt auf der Plaza del Pueblo mit dem sogenannten Schinkenstürmen, bei dem es gilt, einen auf einem ca. 7 Meter hohen eingewachsten Baumstamm angebrachten Schinken zu ergattern. Die eigentliche Tomatenschlacht beginnt um 12 Uhr Mittag und endet eine Stunde später. Die Teilnehmer helfen danach beim Säubern der Straßen. Ähnliche Feste gibt es neuerdings auch in Kolumbien und China. Auch in Bulgarien veranstalten die Einwohner der südlichen Dörfer Marasch und Kurtowo Konare Festivals, die dem Paprika und der Tomate gewidmet sind. Unsere Landsleute gehen dabei aber etwas umsichtiger mit ihrer Produktion um. Anstatt mit Tomaten um sich zu werfen, küren sie lieber die größte grüne, gelbe und rote Tomate, die am bizarrsten geformte Tomate, die besten Gerichte und Konserven mit Tomaten, die höchste im Blumentopf gehaltene Tomatenpflanze etc.

Mittlerweile werden Tomaten in umfangreichen Tomatenbüchern popularisiert, sie liefern Material für Filme - wie beispielsweise den wunderbaren Film „Grüne Tomaten“ und für Literaturhelden wie Ritter Tomate im beliebten Kinderbuch „Zwiebelchen“ von Gianni Rodari. Tomaten sind gut für die Gesundheit, verbessern aber auch die Hautstruktur, beugen Sonnenbrand vor und sind überhaupt ein Allroundtalent. Und im beliebten bulgarischen Kinderlied über das Gemüse, das die Kleinen essen sollen, um gesund und stark zu sein, wird natürlich auch die Tomate erwähnt. Doch hören Sie am besten selbst:

Zu guter Letzt ein paar Tipps und Kuriositäten rund um die Tomaten:
- Tomaten sind kälteempfindlich und sollten deshalb nicht im Kühlschrank gelagert werden. Bei Zimmertemperatur und an einem dunklen Platz sind sie mehrere Tage haltbar und können in Ruhe nachreifen und ihr volles Aroma entfalten, ohne dabei wichtige Inhaltsstoffe zu verlieren. In Kühlräumen dagegen verlieren sie deutlich an Geschmack und Textur.
- Lagern Sie die Tomaten getrennt von anderem Obst und Gemüse, weil sie das Reifegas Ethylen ausscheiden, das die benachbarten Früchte und Gemüse schneller reifen, weich werden und verderben lässt.
- Tomaten enthalten nur 18 Kalorien je 100 Gramm, deshalb können auch ernährungsbewusste Konsumenten sie ohne Bedenken verzehren. Zu empfehlen wäre dabei, etwas Öl oder Käse zum Salat zu geben, da Tomaten fettlösliche Vitamine wie Vitamin A und Vitamin D enthalten, die erst in Verbindung mit etwas Fett ihre volle Wirkung entfalten.
- Ernährungswissenschaftler empfehlen den Verzehr von 250 Gramm Tomaten täglich.
- Europäische Züchter versuchen seit geraumer Zeit, die Tomate mit der genetisch eng verwandten Kartoffel zu kreuzen. Ihr Ziel ist die Erschaffung der Tomoffel, eine Pflanze, die sowohl Kartoffeln als auch Tomaten liefern soll. Bislang sind die Versuche allerdings gescheitert.
- Der meiste Tomatensaft wird in Flugzeugen getrunken. Die Forscher haben auch ergründet warum - alle anderen Lebensmittel verändern in der Höhenluft leicht ihren Geschmack und schmecken deshalb etwas fade. Allein Tomatensaft bildet eine Ausnahme.
- Wissenschaftler haben Tomatensaatgut für sechs Jahre die Erde im Weltall umkreisen lassen und selbst danach war es genauso gut wie die auf der Erde aufbewahrten Vergleichssamen. Es scheint also gut um die Zukunft der Tomaten auf unserem Planeten zu stehen und das kann uns nur freuen. Ziehen auch Sie Vorteil aus der phantastischen Wirkung und den wunderbaren Geschmack der Tomaten, liebe Freunde, egal in welcher Form.

Um die Sendung zu hören, klicken Sie bitte auf den Titel neben dem Audiosymbol.
По публикацията работи: Rossiza Radulowa


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