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AKW-Projekt „Belene“ mit neuen Investoren

Ein neuer Investor aus Europa hat großes Interesse gezeigt und wird während der Woche die Bedingungen vor Ort prüfen.
Foto: Tanja Harisanowa
Das Projekt zum Bau des zweiten bulgarischen Kernkraftwerks bei Belene an der Donau ist drauf und dran endgültig finanziell abgesichert zu werden. Jahrzehnte lag das Vorhaben auf Eis, es wurde zuweilen sogar in Erwägung gezogen, es vollständig fallen zu lassen, doch nun will ein neuer Investor die Bühne betreten, der den Bau zu 51 Prozent finanzieren will.

Unter den bislang sicheren Investoren ist u.a. „Fortum Group“, eines der größten international tätigen Unternehmen auf dem Energiesektor in den nordischen Ländern. Es hatte den Wunsch geäußert, das AKW-Projekt „Belene“ zu einem Fünftel mitzufinanzieren. Die „Altran Group“, ein weltweit agierendes Beratungsunternehmen, das vor allem auf High Technology- und Innovation Consulting spezialisiert ist, wird sich seinerseits mit zehn Prozent am Projekt beteiligen. Der russische Anteil am Bau des zweiten bulgarischen Kernkraftwerks wird laut jüngsten Meldungen weiterhin rund 15 Prozent betragen. Ein neuer Investor aus Europa hat großes Interesse gezeigt und wird während der Woche die Bedingungen vor Ort prüfen. 51 Prozent Beteiligung wurden in Aussicht gestellt, was das neue Kernkraftwerk in greifbare Nähe rückt.

Der noch in den Zeiten des Sozialismus in Angriff genommene Bau war nach der Wende zur Demokratie 1989 auf die lange Bank geschoben worden. Technologie und Kapital sollten aus der Sowjetunion kommen, die jedoch zwei Jahre später aufgelöst wurde. In Bulgarien hieß es, die finanzielle, technische und nicht zuletzt auch ökologische Seite des Projekts ins Reine zu bringen. Was blieb, war das russische Interesse am Bau. Die bulgarische Elektrizitätsgesellschaft NEK schloss schließlich 2006 mit dem russischen Staatskonzern Atomstroyexport ein Abkommen für die Errichtung des AKWs ab. Damals konnte Atomstroyexport die Ausschreibung der bulgarischen Regierung für den Bau von zwei Reaktoranlagen von je einem Gigawatt Leistung für sich entscheiden.

Die Bauarbeiten am Atomkraftwerk Belene hatten allerdings 1987 begonnen, wurden jedoch vier Jahre später eingestellt. Im Jahr 2004 beschloss das Kabinett in Sofia, das Kraftwerk doch noch fertig zu bauen. Unterdessen waren beim Internationalen Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris gegenseitige Klagen wegen Zahlungsrückständen eingereicht. Der russische AKW-Bauer hat Bulgariens staatlichen Energieversorger wegen ausstehender Zahlungen auf 58 Millionen Euro verklagt. Bulgarien reichte eine Gegenklage ein und machte umgehend Gegenansprüche geltend, weil Atomstroyexport die bulgarische Seite nicht ordnungsgemäß über seine Ansprüche informiert hatte. Trotz dieses Streits wurden die Verhandlungen zwischen Bulgarien und Russland weitergeführt und das Abkommen schließlich bis März dieses Jahres verlängert.

Das AKW-Projekt Belene bleibt aber nach wie vor umstritten. „Das Projekt steht und fällt mit der Einschätzung von Energieeffektivität, Preis und Sicherheit“, sagte jüngst der bulgarische Premierminister Bojko Borissow. Wirtschafts- und Energieminister Trajtscho Trajkow hält seinerseits den Ausbau des bestehenden KKWs Kosloduj für rentabler. Analysten behaupten, dass auf das Projekt eher politische, als wirtschaftliche und andere Faktoren Einfluss nehmen. Brüssel ist nicht gerade erfreut darüber, dass Russland gleichzeitig in die Rollen des Bauherrn, Technologen und Investors schlüpft. Daher wird das Sicherheitsrisiko in den Vordergrund gerückt, auch wenn die Havarien in Fukushima deutlich vor Augen geführt haben, dass der Sicherheitsfaktor nicht einzig für die Russen und ihre Technik ein Problem ist.

Bleibt die große Frage nach der Energieunabhängigkeit. Bulgarien ist ohnehin vom russischen Erdgas abhängig, nun wird es das auch in Punkto Kernenergie sein, warnen Experten. Laut Angaben von EUROSTAT ist Bulgarien derzeit bereits zu fast zwei Drittel von russischen Energieträgern abhängig – mit Belene könnten wir diese Abhängigkeit auf 80 Prozent erhöhen. Das Projekt lässt sich aber auch nicht so leicht von der Hand weisen, denn nach der Fertigstellung des zweiten KKWs hätte Bulgarien einen jährlichen Energieüberschuss von 12.000 Gigawattstunden. Daher rechnet man stark mit einem neuen starken Investor. Falls das Projekt scheitern sollte, müssen neue Energieressourcen erschlossen werden, denn jetzt schon zeichnet sich ein Loch von 3.000 Gigawattstunden für 2015 ab, wenn die Kohlenkraftwerke abgeschaltet werden müssen.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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