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Enzyklopädie soll Heilige und heilige Orte in Bulgarien vorstellen

Hl. Basilius und Hl. Gregor, Wandgemälde im Rila-Kloster aus dem Jahr 1821
Foto: Privatarchiv
Das Interesse in- und ausländischer Forscher an den christlichen Heiligen sowie den ihnen gewidmeten historischen und literarischen Schriften ist nach wie vor groß. Mehr noch – die neuen Informationstechnologien bieten Raum für eine noch breitere Popularisierung. Gegenwärtig arbeitet ein internationales Wissenschaftlerteam an einem Projekt namens „Encyclopedia Slavica Sanctorum. Heilige und heilige Orte in Bulgarien“. Die Enzyklopädie soll sowohl in elektronischer Form als auch im traditionellen Buchformat erscheinen und neben Fachkreisen allen denjenigen zugänglich sein, die sich für die Heiligenkulte in Bulgarien seit dem frühesten Altertum interessieren. Die Projektidee stammt von Dozentin Maria Jowtschewa vom Literaturinstitut der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Geleitet wird das Projekt von Prof. Iskra Hristowa-Schomowa von der Sofioter Universität „Hl. Kliment von Ohrid“.

„Die meisten Heiligenkulte stammen aus Byzanz und tragen übergreifend christlichen Charakter – erklärt Prof. Hristova-Schomova. – Ein Großteil dieser Heiligenverehrungen weist jedoch bulgarische Spezifika auf und wird in diversen Schriften gepredigt. Viele dieser Schriften wurden aus dem Griechischen übersetzt. Allerdings gibt es auch zahlreiche altbulgarische Originalschriften aus dem Mittelalter. Die Kulte setzen sich mit der Darstellung von Heiligen auf Ikonen und Wandmalereien fort, mit dem Bau von Kirchen und den Wallfahrten zu Heiligen Orten. Die Heiligenverehrung ist bis heute allgegenwärtig. Zudem sind die meisten christlichen Feiertage im Volkskalender mit folkloristischem Brauchtum verbunden. Im Rahmen dieses Projekts wollen wir alle Dimensionen erfassen. Wir wollen den Ursprung des Kultes für einen gegebenen Heiligen erkunden, angefangen von seiner Persönlichkeit, über die ihm gewidmeten Schriften, deren Verbreitungsart im slawischen Schrifttum, über seine Darstellung in der Ikonenmalerei bis hin zu ihm gewidmeten Volksbräuchen. Obwohl die meisten Kulte aus Byzanz stammen, unterliegen sie seit der Christianisierung der Bulgaren hiesigem Einfluss. Heiligenschriften aus Bulgarien fanden wiederum in der restlichen orthodoxen Welt der Slawen Verbreitung, d.h. in Russland und Serbien. So kommt unserem Land in der slawischen Tradition ein sehr wichtiger zentraler Stellenwert zu.“

Das E-Format der Enzyklopädie ist in Form eines Informationsportals im Internet geplant. Finanziert wird das Projekt über den Forschungsfonds des Ministeriums für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Die bulgarischen Projektteilnehmer sind Wissenschaftler vom Katheder für Kyrill- und Methodius-Forschung der Sofioter Kliment-Ohridski-Universität sowie des Literaturinstituts der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften aus dem Fachbereich „Altbulgarische Literatur“. Dem ausländischen Expertenteam gehören Wissenschaftler aus den USA, aus Großbritannien, Österreich und Litauen an. Die erste Projektphase ist Anfang 2011 angelaufen und soll im Juni dieses Jahres abgeschlossen werden. Laut Prof. Hristowa-Schomowa sollen in der Enzyklopädie liturgische, hagiographische- und Gebetstexte aus altbulgarischen und anderen slawischen Handschriften veröffentlicht werden, die meisten davon im altbulgarischen Original. Die interessantesten Schriften, wie z. B. des Heiligen Kliment von Ohrid, werden zudem in die moderne bulgarische Sprache übersetzt.

„Wie andere Länder hat auch Bulgarien seine eigene Spezifik – meint Prof. Hristowa-Schomowa. – Die bulgarische Heiligenverehrung unterscheidet sich durch die zentrale Stellung der bedeutendsten Heiligen und Schutzpatrone des Landes Kyrill und Method. Die beiden Brüder, Schöpfer des slawischen Schrifttums, sind zudem Schutzpatrone Europas. Wir werden zielgerichtet deren Heiligenkult erforschen. Die Verehrung der beiden Heiligen wurzelt in Bulgarien. Interessant ist, dass die Hauptheiligen anderer Völker, einschließlich slawischer, entweder Herrscher wie in Serbien oder Märtyrer wie in Russland sind, wogegen in Bulgarien den Aufklärer-Brüdern Kyrill und Method die höchste Verehrung zuteil kommt“, so die Professorin.

Im Rahmen des Projekts „Encyclopedia Slavica Sanctorum. Heilige und heilige Orte in Bulgarien“ wurde im Januar dieses Jahres in der nach den beiden Heiligen benannten Volksbibliothek eine Ausstellung zum „Tag des Hl. Basilius des Großen“ gezeigt.

„Der Tag des heiligen Basilius des Großen, auch Wassil-Tag genannt, wird am 1. Januar begangen und verkörpert verschiedene Botschaften – erzählt Prof. Hristowa-Schopowa. – Auf diese Weise wird die Grundidee des gesamten Projekts im Kleinformat veranschaulicht. Einerseits haben wir hier die mächtige Figur von Basilius dem Großen, einem bedeutenden Kirchenvater, einem tiefgründigen christlichen Schriftsteller und Denker. Aus seiner Feder stammen die erste Schöpfungsgeschichte und eine der Liturgien, die bis heute gelesen werden. Andererseits wird an diesem Tag seit Urzeiten der Survakane-Brauch gepflegt. In einigen Regionen geht man zudem dem Laduvane-Brauch und dem Brauch der Schembartläufer nach. Und – am 1. Januar feiern auch die Roma ihr Neujahrsfest, das sie Bango Wasilli nennen“, erklärt die Projektleiterin Prof. Histowa-Schopowa.

Gegenwärtig arbeitet die Professorin an einem Buch über slawische Kalender. Im Rahmen des E-Enzyklopädie-Projekts sollen zahlreiche Publikationen folgen. Für Mitte Juni 2012 ist eine internationale Wissenschaftskonferenz über die Heiligen und heiligen Orte auf dem Balkan geplant. Auf diesem Forum wollen Wissenschaftler verschiedener Staaten die Rolle der Heiligenverehrung und die damit verbundenen historischen Stätten erörtern.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Lina Iwanowa


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