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Antim I. – das erste bulgarische Kirchenoberhaupt nach der Befreiung Bulgariens von osmanischer Herrschaft

Antim I. war das erste bulgarische Kirchenoberhaupt nach Jahrhunderten der Unterdrückung, die staatlich von den Türken und in geistigen Fragen von den Griechen ausgeübt wurde. In der bulgarischen Geschichte spricht man daher nicht von ungefähr von doppelter Fremdherrschaft.

Antim, getauft als Atanas Tschalakow, war 1816 in Losengrad in Ost-Thrakien, der heutigen türkischen Stadt Kırklareli, geboren worden – eine Region, die zu jener Zeit vornämlich noch mit Bulgaren bewohnt war. Bereits als Jugendlicher wurde er Mönch, nahm den Namen Antim an und lebte eine Zeit lang im Hilandar-Kloster auf dem Athos-Berg, in dem kaum 100 Jahre zuvor der Mönch Paissij die „Slawo-bulgarische Geschichte“ geschrieben hatte – eines der geistigen Hauptwerke der bulgarischen Wiedergeburt.
Antim besuchte aber auch eine angesehene weltliche Schule in Istanbul und setzte seine Ausbildung an der Theologieschule auf der griechischen Insel Chalki und der Geistigen Akademie in Moskau fort. Nach Hause zurückgekehrt verfolgte er seine Laufbahn als bescheidener, aber durchaus energischer Geistlicher, der sich der bulgarischen Geschichte bewusst war.

Die Wurzel des autokephalen Prinzips in der Ostkirche ist in der “Fünfherrschaft” (griechisch Pentarchía) der altkirchlichen Patriarchate von Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem zu sehen. Mit der Bekehrung weiterer Völker zum Christentum, entstanden auch neue Patriarchate, denn die Autokephalie schließt die ethnische, sprachliche und überhaupt kulturelle Eigenständigkeit eines Kirchengebiets ein. Nach der Annahme des Christentums als Staatsreligion in Bulgarien, was während der Herrschaft des Zaren Boris I. (852-889) geschah, war es seinem Sohn Simeon dem Großen (893-927) beschieden, die bulgarische Kirche in den Rang eines Patriarchats zu erheben. Das geschah 913, nachdem Simeon der Große eine Synode der Bischöfe einberief, die einen Patriarchen wählte. Auf Grund der damaligen militärischen Stärke Bulgariens willigte der Patriarch von Konstantinopel ein, der den bulgarischen Herrscher auch zum Zaren krönte.
Im Jahre 1018, als das bulgarische Reich von Byzanz eingenommen wurde, wurde auch das bulgarische Patriarchat aufgelöst.

Als eine direkte kanonische Fortsetzung des Patriarchats von Preslaw, Hauptstadt des Ersten Bulgarenreiches, erwies sich das Erzbistum von Ochrid. Eine Wiederherstellung des Patriarchats selbst erfolgte erst im Zweiten Bulgarenreich unter dem Zaren Iwan Assen II. im Jahre 1235.
Mit der Einnahme Bulgariens durch die Türken Ende des 14. Jahrhunderts und der Verbannung des bulgarischen Patriarchen, des heiligen Eftimij von Tarnowo, wurde erneut des bulgarische Patriarchat aufgelöst. Die geistliche Macht fiel wiederum in die Hände des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Einzig das Erzbistum von Ochrid verteidigte erneut die Selbständigkeit der bulgarischen Kirche, indem es auf alte Urkunden verwies und als Nachfolger des Ersten Bulgarischen Patriarchats von Preslaw-Ochrid, auch die Nachfolge des Zweiten bulgarischen Patriarchats von Tarnowo für sich beanspruchte. Die Erzbischöfe von Ochrid trugen auch weiterhin den in den byzantinischen Dokumenten anerkannten Titel “Erzbischof Bulgariens”. Wenigstens die Westhälfte Bulgariens blieb also unter seiner Jurisdiktion, bis das Erzbistum im Jahre 1767 gewaltsam aufgelöst wurde.

Der Drang nach einer eigenen bulgarischen Kirche blieb jedoch bestehen. Mit dem Verfall des Osmanischen Reiches im inneren und den von türkischer Seite in Sachen Religionsausübung gemachten Zugeständnisse, nahm auch der Kampf um eine vom Konstantinopler Patriarchat unabhängige Kirche der Bulgaren zu. Die Bulgaren, zunehmend wirtschaftlich erstarkt, sehnten sich sowohl nach einer staatlichen, als auch nach einer religiösen Unabhängigkeit. Zu Ostern des Jahres 1860 fiel der Entschluss, mit dem Konstantinopler Patriarchat zu brechen. Die Bewegung für eine unabhängige Kirche wuchs wie eine Lawine und war nicht mehr aufzuhalten. Am 11. März des Jahres 1870 sah sich der türkische Sultan gezwungen, einen Firman zu unterschreiben, der die religiöse und rechtliche Wiederauferstehung des bulgarischen Volkes de facto und de jure bedeutete. Gegründet wurde das Bulgarische Exarchat.

Am 8. März wurde ein gemischter Rat von bulgarischen Geistlichen und Laien gewählt, der für die Anwendung des Firmans Sorge zu tragen hatte. Am 16. Mai versuchten vier Vertreter dieses Rates, mit dem ökumenischen Patriarchen eine Übereinstimmung zu erzielen, aber Patriarch Gregorios VI. blieb unnachgiebig. Schon am Tage der Verkündigung des Firmans hatte er erklärt, er zöge es vor, eher zu sterben, als die Verletzung der Rechte des Patriarchats zuzulassen. Auch den Vertretern des Rates erklärte er, dass er weder den Firman anerkennen, noch über dessen Inhalt zu sprechen gewillt sei. Auch das bulgarische Volk und seine Vertreter erkenne er nicht an!
Zwei Jahre noch tobte der Kampf hin und her, wobei es sogar zur Verbannung bulgarischer Bischofe kam, weil sie ohne Genehmigung des Patriarchen in der bulgarischen Kirche in Konstantinopel den Gottesdienst zelebriert hatten! Das Maß war voll. Die Bulgaren in der Hauptstadt des Osmanischen Reiches organisierten einen nie dagewesenen Protestmarsch bis vor den Großwesir mit der dringenden Bitte um Befreiung der Bischofe und Anwendung des Firmans. Dann erst gab die Reichsregierung die Genehmigung zur Anwendung des Firmans.

Am 16. Februar 1872 wurde der Metropolit von Widin, Antim, zum ersten Exarchen gewählt. Sein Weg von Widin über Russe und Warna nach Konstantinopel glich einem Triumphzug oder besser einer endlosen Auferstehungsprozession. Er traf in Konstantinopel als geistliches Oberhaupt des bulgarischen Volkes ein und wurde von der türkischen Reichsregierung als solches empfangen und bestätigt. Das entsprechende Schreiben wurde nicht ganz zufällig am 15. April ausgestellt, also an demselben Tage, an dem elf Jahre zuvor der Bruch mit dem Patriarchat vollzogen wurde. Am 11. bzw. nach altem Kalender am 23. Mai 1872 wurde infolge der weiteren Unnachgiebigkeit des Patriarchats die volle Unabhängigkeit der Bulgarischen Orthodoxen Kirche proklamiert.
Daraufhin erklärte das Patriarchat auf einem Konzil am 16. September 1872 die Bulgarische Kirche und das bulgarische Volk als schismatisch - ein Zustand, der bis zum 22. Februar 1945 andauerte. Von den Bulgaren wurde aber das Schisma als endgültige Befreiung vom griechischen Patriarchat betrachtet.
По публикацията работи: Wladimir Wladimirow


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