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Aprilaufstand von 1876: Gipfel der Befreiungsbewegung gegen die türkische Fremdherrschaft

"Die fliegende Schar von Georgi Benkowski", Maler Dimitar Gjudschenow
Foto: Archiv
Am 20. April jährt sich zum 136. Mal der Aprilaufstand gegen die türkische Fremdherrschaft in Bulgarien, der trotz seiner Niederschlagung die Befreiung unseres Landes einleitete.

Bei jedem sich bietenden Anlass kämpften Bulgaren gegen das türkische Joch - bei Aufständen anderer Balkanvölker und in Kriegen, besonders zwischen Russland und der Türkei. Aber immer wieder mussten sie sich bis zum nächsten Anlass vertrösten - in den bulgarischen Gebieten selbst wurden nur kleinere Aufstände ausgerufen, die kaum Hoffnung auf Erfolg gaben. Es gab auch lange Zeit keine alle Kämpfer einigende Persönlichkeit und Organisation.

Es fand sich ein Bulgare aus Kotel, im Balkangebirge, Georgi Rakowski, der zunächst den Heiduken eine neue Aufgabe stellte: nicht Rache an einzelnen Türken, sondern Befreiung von türkischen Joch. Er erarbeitete eine neue revolutionäre Taktik: auf dem Boden eines Nachbarlandes sollte man bewaffnete Gruppen aufstellen, die von dort einmarschierten und das Volk zum Aufstand mitreißen sollten. Die Bildung einer “Bulgarischen Legion” 1861 in Belgrad war seine Tat. Später verlegte er seine Tätigkeit nach Rumänien, dem Lande, wo die revolutionäre bulgarische Emigration wirkte. Dort gründete er eine Organisation, die Freischärler nach Bulgarien senden sollte und schuf für sie sogar ein eigenes Gesetz. Er starb aber unverhofft 1867 in Bukarest. Die meisten seiner Freischärlergruppen erlitten schwere Verluste und spätestens da wäre Rakowski, wenn er noch am Leben gewesen wäre, bewusst geworden, dass ohne innere revolutionäre Organisation des Volkes kein Aufstand möglich war.

Es setzte sich langsam die Auffassung durch, dass die Befreiung nur durch einen Volksaufstand erreicht werden könnte. Träger dieser Idee war ein Schüler von Rakowski, Wassil Lewski, ein ehemaliger Mönch. Lewski war ein Angehöriger der bulgarischen Legion in Belgrad, dann Fahnenträger einer der Freischärlergruppen, die in Rumänien gebildet und nach Bulgarien geschickt worden war. Nach persönlich erlebten Misserfolgen bei dieser Taktik rang er sich zu der Ansicht durch, dass eine innere revolutionäre Organisation notwendig sei. Diese Idee war zwar nicht ganz neu, denn schon 1866 war in Bukarest ein Geheimes Zentralkomitee gegründet worden, aber sie wurde nicht bis zur letzten Konsequenz durchgeführt.

Bis Lewski betrachtete man diese Organisation nur als Hilfsmittel, wobei man die Haupthilfe von außen - Russland und Serbien - erwartete. Lewski ging den entscheidenden Schritt weiter und vertrat nachdrücklich die Ansicht, dass das gesamte Volk, durch eine innere Organisation erfasst, ohne auf fremde Hilfe zu bauen, einem allgemeinen Aufstand zustreben sollte. Und so begann er in Bulgarien selbst zu wirken. Für seine Idee gewann er den Schriftsteller Ljuben Karawelow, der im Herbst des Jahres 1869 in Bukarest die Herausgabe einer Zeitung “Swoboda” (zu Deutsch Freiheit) begonnen hatte. Karawelow, ein Publizist und Schriftsteller von Format, konnte der Idee die programmatische und satzungsmäßige Grundlage sichern. Und so wurde er zum Vorsitzenden des Bulgarischen Revolutionären Zentralkomitees gewählt. Lewski war Mitglied dieses Komitees. Von der allgemeinen Versammlung, die Karawelow gewählt hatte, wurde ein Programm angenommen, demzufolge die Hauptaufgabe “die Befreiung Bulgariens durch eine moralische und bewaffnete Revolution” war. Es spricht für die Besonnenheit und den demokratischen Geist der bulgarischen Revolutionäre, dass sie die künftige Regierungsform des künftig befreiten Bulgarien der freien Willensäußerung des Volkes überlassen wollten.

Die Tätigkeit Lewskis vor und eine Zeitlang nach dieser allgemeinen Versammlung der Vertreter der revolutionären Organisation und der Emigranten ist Legende geworden. Allein durch Verrat geriet er in die Hände der türkischen Behörden, wurde zum Tode verurteilt und am 6. Februar 1873 in Sofia gehenkt. Sein unmittelbarer Nachfolger, Stefan Stambolow, der nachmalige Ministerpräsident und Regent Bulgariens, musste das Land verlassen und nach Russland fliehen.
Zu jener Zeit tat sich Christo Botew als weitblickender Publizist und Ideologe der demokratischen Revolution in den von ihm herausgegebenen Zeitungen und als engster Mitarbeiter Karawelows hervor. Als Karawlow zu der Ansicht gelangt war, dass die Bulgaren für die Freiheit noch nicht bereit sind, und auf die Revolution verzichtete und sich der kulturellen Aufklärung des Volkes widmete, spielte Botew eine führende Rolle im Zentralkomitee und in der Presse. Aber auch er verließ im Frühherbst des Jahres 1875 das Zentralkomitee und nahm an dessen Sitzungen, bei denen der Volksaufstand beschlossen wurde, nicht teil. Diese Entscheidung wurde unter dem Vorsitz von Stefan Stambolow getroffen.

Das Land wurde in vier Revolutionsbezirke eingeteilt, die je von einem Wojwoden geleitet wurden. Alle arbeiteten fieberhaft. Der vierte, der Plowdiwer Bezirk, hatte sein Zentrum in der Stadt Panagjurischte, wo später auch der Aufstand ausbrach. Die Vertreter des Bezirkes versammelten sich auf Oborischte, einer Gebirgswiese im Sredna-Gora-Gebirge unweit von Panagjurischte, um über die Vorbereitung, Erklärung und Durchführung des Volksaufstandes zu beraten. An dieser ersten bulgarischen revolutionären Volksversammlung nahmen 56 Vertreter der Revolutionskomitees des Bezirks teil. Als ihr Führer setzte sich der tatkräftige Georgi Benkowski durch.

Der Aufstand brach am 20. April des Jahres 1876 aus und ging als Aprilaufstand in die Geschichte ein. Der Idealismus und der Heldenmut der Aufständischen, wie auch ihre Opferbereitschaft grenzten ans Fantastische.
Die Grausamkeit der Niederschlagung des Aufstandes und der sich rächenden Türken spottete jeder Beschreibung. Allein in Batak metzelten sie 5000 Männer, Frauen und Kinder nieder. Insgesamt fielen bei der Zerschlagung des Aufstandes und danach über 30000 Bulgaren.
Um dem kämpfenden Volk zu Hilfe zu eilen, organisierte Christo Botew eine große Freischärlergruppe in Rumänien, die er nach einem genau ausgearbeiteten Plan, als Gärtner getarnt, das österreichische Schiff “Radetzky” besteigen ließ, worauf er den Kapitän zwang, am bulgarischen Donauufer beim Dorf Kosloduj anzulegen. Von dort führte er sie in einem Marsch gegen Wratza im heutigen Nordwestbulgarien. Seine Freischärler hatten heftige Gefechte mit den Türken und erlitten große Verluste. Botew selbst starb den Heldentod im Gebirge bei Wratza.

Obwohl der Aprilaufstand scheiterte, machte er die europäischen Staaten auf die missliche Lage der Bulgaren aufmerksam, die nach Befreiung strebten. Die “Bulgarische Frage” kam ins Gespräch und verlangte nach einer Lösung. Dem Aufstand folgte die Einmischung von außen. Das weitere Schicksal Bulgariens fiel in die Hände der Großmächte.

Autor: Wladimir Wladimirow


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