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60 Jahre seit der Wiederherstellung der Autokephalie der Bulgarischen Orthodoxen Kirche

10. Mai 1953, die Alexander-Newski-Kathedrale. Die Inthronisierung des Patriarchen Kyrill (rechts). In der Mitte ist Archimandrit Maxim, künftiger Patriarch der Bulgarischen Orthodoxen Kirche.
Foto: lostbulgaria.com
Die bulgarisch-orthodoxe Kirche ist eine autokephale Kirche, d.h. sie besitzt, wie der Begriff es bereits verrät, ein “eigenes Haupt”, einen Patriarchen, der von den anderen orthodoxen Kirchen anerkannt ist. Auf Grund unserer wechselvollen Geschichte war es aber nicht immer so. Am 10. Mai des Jahres 1953 wurde das Patriarchat in Bulgarien wiederhergestellt.

Die Wurzel des autokephalen Prinzips in der Ostkirche ist in der “Fünfherrschaft” (griechisch Pentarchía) der altkirchlichen Patriarchate von Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem zu sehen. Mit der Bekehrung weiterer Völker zum Christentum, entstanden auch neue Patriarchate, denn die Autokephalie schließt die ethnische, sprachliche und überhaupt kulturelle Eigenständigkeit eines Kirchengebiets ein. Nach der Annahme des Christentums als Staatsreligion in Bulgarien, was während der Herrschaft des Fürsten Boris I (852-889) geschah, war es seinem Sohn Simeon dem Großen (893-927) vergönnt, die bulgarische Kirche in den Rang eines Patriarchats zu erheben. Das geschah 913, nachdem Simeon der Große eine Synode der Bischöfe einberief, die einen Patriarchen wählte. Auf Grund der damaligen militärischen Stärke Bulgariens willigte der Patriarch von Konstantinopel ein, der den bulgarischen Herrscher auch zum Zaren krönte.

Im Jahre 1018, als das bulgarische Reich von Byzanz eingenommen wurde, wurde auch das bulgarische Patriarchat aufgelöst.
Als eine direkte kanonische Fortsetzung des Patriarchats von Preslaw, Hauptstadt des Ersten Bulgarenreiches, erwies sich das Erzbistum von Ochrid. Eine Wiederherstellung des Patriarchats selbst erfolgte erst im Zweiten Bulgarenreich unter dem Zaren Iwan Assen II. im Jahre 1235, als er den Bund mit Rom löste und in den Schoß der orthodoxen Kirche zurückkehrte.

Mit der Einnahme Bulgariens durch die Türken Ende des 14. Jahrhunderts und der Verbannung des bulgarischen Patriarchen, des heiligen Eftimij von Tarnowo, wurde erneut des bulgarische Patriarchat aufgelöst. Die geistliche Macht fiel wiederum in die Hände des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Einzig das Erzbistum von Ochrid verteidigte erneut die Selbständigkeit der bulgarischen Kirche, indem es auf alte Urkunden verwies und als Nachfolger des Ersten Bulgarischen Patriarchats von Preslaw-Ochrid, auch die Nachfolge des Zweiten bulgarischen Patriarchats von Tarnowo für sich beanspruchte. Die Erzbischöfe von Ochrid trugen auch weiterhin den in den byzantinischen Dokumenten anerkannten Titel “Erzbischof Bulgariens”. Wenigstens die Westhälfte Bulgariens blieb also unter seiner Jurisdiktion, bis das Erzbistum im Jahre 1767 gewaltsam aufgelöst wurde.

Der Drang nach einer eigenen bulgarischen Kirche blieb jedoch bestehen. Mit dem Verfall des Osmanischen Reiches im inneren und den von türkischer Seite in Sachen Religionsausübung gemachten Zugeständnisse, nahm auch der Kampf um eine vom Konstantinopler Patriarchat unabhängige Kirche der Bulgaren zu. Zu Ostern des Jahres 1860 fiel der Entschluss, mit dem Konstantinopler Patriarchat zu brechen. Die Bewegung für eine unabhängige Kirche wuchs wie eine Lawine und war nicht mehr aufzuhalten. Am 11. März des Jahres 1870 sah sich der Sultan gezwungen, einen Firman zu unterschreiben, der die religiöse und rechtliche Wiederauferstehung des bulgarischen Volkes de facto und de jure bedeutete. Gegründet wurde das Bulgarische Exarchat.
Das Konstantinopler Patriarchat war darüber jedoch höchst unzufrieden, zeigte sich unnachgiebig und erklärte am 16. September 1872 die bulgarische Kirche und das bulgarische Volk als schismatisch, ein Zustand, der bis zum 22. Februar 1945 andauerte. Von den Bulgaren wurde das Schisma als endgültige Befreiung vom griechischen Patriarchat hingenommen, das eigene Patriarchat war jedoch lange nicht erreicht.

Nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft im Jahre 1878 wäre sicher mit der Fürsprache der Russisch-orthodoxen Kirche das Schisma aufgehoben worden. Wie so oft in der Geschichte, spielte auch diesmal die Politik ein entscheidendes Wort selbst in religiösen Fragen mit. Fürst Alexander von Battenberg, der zum Monarchen des neuen bulgarischen Staates gewählt wurde, zog sich die Unzufriedenheit Russlands zu, weil er eine von Russland unabhängige Politik anstrebte. Der russische Zar Alexander III. erwies sich als ein unversöhnlicher Feind Battenbergs. An ein bulgarisches Patriarchat war garnicht zu denken.

Nach Alexander von Battenberg kam Ferdinand von Sachsen, Coburg und Gotha auf den bulgarischen Thron. Regierungschef wurde Stefan Stambulow, der als starker Mann die Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten Bulgariens gänzlich ausschaltete. Um dennoch eine Versöhnung zu erwirken, ließ man den in katholischem Glauben getauften Thronfolger Boris in seinem dritten Lebensjahr nach orthodoxem Ritus umtaufen - Taufpate wurde der russische Zar persönlich.

Das Einvernehmen dauerte jedoch nicht lange. Im Ersten, wie auch im Zweiten Weltkrieg standen sich Bulgarien und Russland (b.z.w. die UdSSR) feindlich gegenüber. Erst nach Kriegsende, als die Kommunisten in Bulgarien an die Macht kamen, war mit einer Fürsprache der Russisch-orthodoxen Kirche zu rechnen. Die ebenfalls unter den Schlägen eines atheistischen Regimes zu leidende russische Kirche sah darin eine Möglichkeit, den Glaubensbrüdern in Bulgarien ein wenig unter die Arme zu greifen. Auf Anraten des damaligen russischen Patriarchen Alexeij I. wurde zunächst das Schisma aufgehoben - die Bulgarisch-orthodoxe Kirche bereitete sich auf die Wiedererlangung der Patriarchenwürde vor.

Am 10. Mai des Jahres 1953 war es dann soweit: auf der einberufenen Landessynode wurde der Plowdiwer Metropolit Kyrill zum ersten bulgarischen Patriarchen der Neuzeit gewählt. Das geschah natürlich nach eingehenden Gesprächen mit den anderen autokephalen orthodoxen Kirchen, die ihr Ja-Wort beisteuern mussten.
По публикацията работи: Wladimir Wladimirow


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