Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

100 Jahre Balkankriege: Der Ausbruch

Mobilisierung des Heeres, 1912
Foto: lostbulgaria.com
Am 5. Oktober vor 100 Jahren begann für Bulgarien der erste Balkankrieg 1912-1913, bei dem es um die Befreiung der Bulgaren im Osmanischen Reich ging. 34 Jahre zuvor ging der russisch-türkische Krieg zuende, der Bulgarien die Freiheit brachte. Der daraufhin folgende Berliner Kongress der Großmächte revidierte die Ergebnisse des Krieges und ließ die „Ostfrage“ offen – Bulgaren und andere Christen blieben im Rahmen des Osmanischen Reiches – in Mazedonien, Thrakien und anderen Teilen der Balkanhalbinsel. Ihre Befreiungskämpfe und die internationalen diplomatischen Bemühungen brachten keine Lösung dieses Problems. Die friedlichen Mittel waren ausgeschöpft. Früher im Jahre 1912 schlossen Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro ein militärisches Bündnis, den Balkanbund, um die noch unter türkischer Fremdherrschaft stehenden Gebiete der Balkanhalbinsel zu befreien.

Die Spannung auf der Balkanhalbinsel stieg Mitte September. Das Osmanische Reich begann eine Teilmobilmachung. Am 17. September erklärte Bulgarien die Mobilmachung, gefolgt von seinen Verbündeten. Der Beginn des Krieges war nur noch eine Frage der Zeit. Russland und Österreich-Ungarn forderten in einer Note die Erhaltung des Friedens und versprachen die Durchführung von Reformen in Osmanischen Reich zu unterstützen. Daraufhin forderten die Verbündeten am 30. September konkrete Reformen, darunter die Autonomie von Mazedonien und des Gebietes um Adrianopel im Laufe von 6 Monaten. Die Hohe Pforte erklärte aber selbst am 4. Oktober den Krieg den verbündeten Staaten.

© Foto: wikipedia.org

Der bulgarische Zar Ferdinand richtete am 5. Oktober ein Manifest an das bulgarische Volk mit der Kriegserklärung. Seine Worte fassten die Gefühle des ganzen bulgarischen Volkes zu dieser Zeit zusammen:
Bulgaren, ich suchte in den 25 Jahren meiner Herrschaft immer in friedlicher kultureller Arbeit den Fortschritt, das Glück und den Ruhm Bulgariens. Die Vorsehung hat aber anders entschieden. Jenseits der Rila- und Rodopengebirge haben unsere Bluts- und Glaubensbrüder bis heute, 35 Jahre nach unserer Befreiung, nicht das Glück ein erträgliches Leben zu haben. Unsere gerechte Sache ist groß und heilig. Mit demütigem Vertrauen in den Schutz und die Hilfe Gottes verkünde ich dem bulgarischen Volke, dass der Krieg um die Rechte der Christen in der Türkei erklärt wurde.“

Die Aufgabe der bulgarischen Armee war in dem ausgebrochenen Konflikt außerordentlich schwer. Die Türkei hatte nicht die Möglichkeit ihre langen Grenzen auf der Balkanhalbinsel zu verteidigen und beschloss einen Angriffskrieg zu führen, Bulgarien eine Niederlage zuzufügen und damit den Balkanbund zu zerschlagen. Gegen unser Land waren die Hauptkräfte des Reiches eingesetzt. Für Bulgarien mit seinem begrenzten Gebiet und Bevölkerung gab es ebenfalls keine defensive Variante. So musste Bulgarien die schwersten Kämpfe führen und die größten Verluste erleiden. Dank des besseren Einsenbahnnetzes wurde die bulgarische Armee rechtzeitig an die Grenze zu Südostthrakien gebracht und hatte zu Beginn ein gewisses Übergewicht. Die türkische Aufklärung hatte es nicht geschafft die wahre Zahlenstärke der bulgarischen Armee und die Aufstellung ihrer Hauptkräfte – der Ersten und Dritten Armee herauszufinden.

© Foto: wikipedia.org


Nach einigen Grenzgeplänkeln begannen die ersten großen Schlachten. Die türkische Armee war am 9. Oktober bereit zum Angriff, aber es war schon zu spät, weil der Angriff der bulgarischen Streitkräfte begann. Die Hauptstoßrichtung war die Stadt Losengrad, die heute Kırklareli heißt. Es folgten erbitterte Kämpfe um die Ortschaften Geçkinli, Kayapa, Süloğlu, Erikler, Kayalı u.a. Während die Erste bulgarische Armee ihre ersten Angriffe startete und große Kräfte des Gegners engagierte, tauchte die Dritte bulgarische Armee unerwartet aus östlicher Richtung auf und drohte die türkischen Streitkräfte einzukesseln. Der Gegner floh panisch und gab Losengrad kampflos auf. Die Türken traten der Rücktritt auch an anderen Anschnitten der thrakischen Front an. Die Zweite bulgarische Armee blockierte die Festung Adrianopel. Die Bulgaren kamen erfolgreich auch an den anderen Fronten - den Ost- und Westrhodopen und in Ostmazedonien voran. Das bulgarische Oberkommando hatte in diesen Regionen weit weniger Kräfte. Aber sie waren außerordentlich beweglich und erkämpften mit ihrer Initiative, Tapferkeit und starken Geist überall Siege. Sie wurden durch die örtlichen Freiwilligen und zahlreichen Freischärlergruppen unterstützt, die hinter der Frontlinie aktiv waren. Sie wurden von der Inneren mazedonischen revolutionären Organisation geleitet, die die Befreiungskämpfe der bulgarischen Bevölkerung organisierte.

Die Herbstkampagne begann glänzend, aber das Wichtigste stand noch bevor. Die bulgarische Armee hatte nunmehr mit großen logistischen Schwierigkeiten zu tun: es begann der Herbstregen und die Wege, die auch so schlecht waren, wurden noch unwegsamer. Es gab eine Cholera-Epidemie. Es fehlten Medikamente und Verbandszeug, es war schwer Verletzte und Kranke zu evakuieren. Viele starben auf dem Weg zum Krankenhaus. Niemand hatte vor den Krieg eine klare Vorstellung von diesen Schwierigkeiten, die schnell zur Realität wurden. Der Gegner schickte immer neue Verstärkungen an die Front. Der bulgarischen Armee standen Tage schwerer Prüfungen und Massenheldentaten bevor.

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Die bulgarische Kirche „Heiliger Georg, der Siegreiche“ in Edirne feiert den 20. Jahrestag ihrer Wiederherstellung

Die in nur wenigen Monaten von der bulgarischen Gemeinde in Adrianopel, dem heutigen Edirne, errichtete Kirche „Heiliger Georg, der Siegreiche“ hält seit 144 Jahren den bulgarisch-orthodoxen Geist hoch. Der Grundstein für den Bau der Kirche wurde mit der..

veröffentlicht am 06.05.24 um 08:15

Auferstehung Christi ändert unsere Vorstellungen über Leben und Tod

Das spannungsvoll erwartete Osterfest ist die Krönung der Lehre Christi. Für die Christen ist es die erfüllte Verheißung des Sieges über die Finsternis und der Unsterblichkeit der menschlichen Seele. Mit der Hoffnung auf Erlösung vom Vergänglichen und..

veröffentlicht am 04.05.24 um 16:00

Heute ist Karfreitag - Tag der Demut und Stille

Der Tag der Kreuzigung Christi ist der traurigste Tag für die christliche Gemeinschaft, der einzige, an dem die Heilige Messe nicht gefeiert wird. Es gibt auch keine Heilige Kommunion, denn der Herr selbst hat sich durch die Kreuzigung seines Sohnes als..

veröffentlicht am 03.05.24 um 10:40