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Sexaginta Prista - ein Donau-Märchen über römische Schiffe, Vor-Kolumbus-Küche und Nixen

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Russe, eine der schönsten bulgarischen Städte mit reichhaltiger Geschichte und aristokratischem Geist, empfängt seine Gäste mit einem umfangreichen Angebot an Kulturrouten und Freizeitmöglichkeiten. In der Vergangenheit trug die Stadt den Namen "Sexaginta Prista".

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Reste der römischen Stadtmauer in Sexaginta Prista

In zeitgenössischen Landkarten ist die Stadt natürlich als Russe ausgewiesen. Ihr einstiger Name Sexaginta Prista - zu Deutsch "Hafen der 60 Schiffe" - verweist auf eine selbst für die heutige Zeit recht solide Flotte. Herzlich willkommen in Russe! In der Regel nehmen die Reisebeschreibungen ja nicht mit der Küche ihren Anfang. Aber Reisen macht müde und hungrig. Und so beginnt unsere heutige Tour zu Tisch, zumal Sexaginta Prista lange vor der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus existierte, der von dort viele heute weit verbreitete Obst- und Gemüsesorten mitbrachte. Namentlich die Küche vor der Zeit von Kolumbus präsentierten kürzlich die Archäologen des Historischen Museums der Stadt und zwar im Rahmen eines Festivals, bei dem ein römischer Markt im antiken Sexaginta Prista nachgestellt wurde. Dabei demonstrierten Schauspieler und Freiwillige die Lebensweise im einstigen Römischen Reich. Handwerksmeister zeigten vor Ort, wie früher Waffen, Alltagsgegenstände und Münzen hergestellt wurden. Natürlich gab es auch einen Markt, auf dem unter den Blicken namhafter Patrizier Sklaven und Gladiatoren verkauft wurden. Die meist beeindruckende Lektion in Sachen römische Geschichte war jedoch die Verkostung typisch römischer Küche. Es gab Fischsuppe ohne Kartoffeln und Tomaten, jedoch mit viel Linsen, die zu jener Zeit ein ganz besonderer Leckerbissen waren.

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Schauspieler und Freiwillige demonstrieren die Lebensweise im einstigen Römischen Reich.

Nur wenige Minuten vom heutigen Stadtzentrum entfernt gab es früher eine thrakische Siedlung, die den Wissenschaftlern nach wie vor Rätsel aufgibt. Offensichtlich war der Ort ein bedeutender Kultkomplex. Davon zeugen Hunderte Ritualgruben, wo noch unerforschte Rituale und Bräuche gepflegt wurden. Auch wurde ein einzigartiges Gefäß in Tierform mit reicher Verzierung freigelegt, welches ein Adlerkopf krönt. Unweit des heutigen Militärklubs und des Seemannshauses beförderten die Archäologen Keramik- und Bronzegegenstände, Münzen und viele andere Funde zu Tage, die erst noch untersucht werden. Und genau an dieser Stelle, am hohen Donau-Ufer, präsentieren sich die Überreste von Sexaginta Prista inmitten zahlreicher Kulturschichten - ein Hauch Historie aus der Vergangenheit. Hier gab es Thraker, Römer als auch diverse Stämme, ein Teil derer sich am Donau-Ufer niederließen. Ganz zu schweigen vom Mittelalter, der Zeit vor der Befreiung Bulgariens etc.

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Die ersten Überlieferungen über Sexaginta Prista stammen vom antiken Geografen Claudius Ptolemäus. Auch in den Reiseaufzeichnungen von Imperator Antonius Pius wird das Kastell erwähnt. Erstmals tiefgründiger erforscht wird der Ort von den Brüdern Karel und Hermann Skorpil. Dennoch schlummerten die Geheimnisse der Sexaginta Prista viele Jahre lang in der Tiefe der Erde. Kaiser Augustus war sich der Bedeutung der Donau und der Ufersiedlungen für die Sicherheit des Reiches bewusst. Unter Marcus Ulpius Trajanus entstand entlang der Donau ein Netz aus Befestigungsanlagen, das heute als Donau-Limes bekannt ist. Die Grenzüberwachung erforderte schnelle Boote. Und so entstanden in Sexaginta Prista 60 Liegeplätze für kleine, schnelle Pristis-Ruderboote, deren Besatzung stattliche 6.000 Mann zählte. Immerhin datieren alle diese Ereignisse aus dem 1. Jahrhundert, aus der Zeit von Kaiser Domitian und der Dakerkriege. Man nimmt an, dass die Festung zu Ehren des Sieges über die Daker offiziell den Namen Sexaginta Prista erhielt. Nach Ablauf ihrer Dienstzeit ließen sich die Söldner-Veteranen oft in den befestigten Städten nieder und gründeten hier Familien.

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Heute ist Sexaginta Prista ein Anziehungspunkt für Touristen. Sehenswert sind u.a. das Stabsgebäude und der Apollo-Tempel. Im Rahmen eines Sozialisierungsprojekts wurden auf der Festung ein dreistöckiger Aussichtsturm sowie eine Nachbildung eines Leuchtturms vom römischen Limes errichtet. Auch veranschaulicht ein Raum die Lebensweise der römischen Söldner. Dieser Teil der Festung ist für Touristen, vor allem aber für Kinder, besonders interessant, da sie sich hier mit alten Rüstungen fotografieren lassen können. Sehr beliebt ist zudem die Nachbildung eines antiken Töpferrades, an dem man sich in römischer Manier versuchen kann. Für einen besseren Ausblick auch für Behinderte sorgen spezielle Rampen. Darüber hinaus sollten Sie unbedingt den Pavillon mit der Nachbildung eines römischen Pristis-Bootes besichtigen.

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Nach diesem Ausflug erwartet Sie das Russe - aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt, des Barocks, der Sezession... Und wo sind die berühmten Nixen, jene weiblichen Wassergeister, die an den Flussufern leben und häufig in der Donaustadt erwähnt werden? Diese sind die ganze Zeit über ihre Begleiter - in den Legenden über den Fluss und in den Augen der jungen Mädchen von heute...

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Petra Talewa


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