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Teodosij Teodosiew - ein außergewöhnlicher Talente-Schmied

Foto: BGNES
"Es ist schon vorgekommen, dass ich am anderen Ende der Welt einen meiner ehemaligen Schüler wiedertreffe, der heute ein großes Forschungsinstitut in den Vereinigten Staaten oder anderswo leitet", berichtet Teodosij Teodosiew über das, was seinem Leben ein Sinn gibt. Der bekannte Physiker aus der Rosenstadt Kazanlak hat sich dem Lehrerdasein verschrieben und führt seit nunmehr über 33 Jahren in die Tiefen der unermesslichen und komplizierten Welt der Wissenschaften.

"Ursprünglich wollte ich ein berühmter Dichter und Künstler werden", erzählt Teodosij freimütig. Seine Redegewandtheit ist ihm heute bei seiner Arbeit mit dem Nachwuchs eine enorme Hilfe. Nach zwei Jahren Lehrertätigkeit gewinnt sein Schüler erstmals bei einer internationalen Physikolympiade eine Goldmedaille. Und da die Zahlen manchmal aussagekräftiger sind als alle Worte, soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass seine Schüler seit 22 Jahren landesweit die Nase vorn haben. Von insgesamt 13 Goldmedaillen bulgarischer Schüler bei internationalen Olympiaden gehen 8 auf das Konto seiner Schützlinge.

"Eigentlich wollte ich Lehrer werden, um viel Freizeit zu haben, um ein großer, berühmter Dichter und Künstler zu werden - erzählt Teo, wie ihn seine Schüler nennen. - Dann stellte sich heraus, dass der Lehrerberuf meine ganze Zeit in Anspruch nimmt. Ein Kind zu unterrichten und auf Weltniveau zu führen ist eine große Kunst. Und so steht alles andere hinten an. Ich gehöre zu den Menschen, für die Urlaub ein Fremdwort ist. Die Ferien sind mit Schülerlagern ausgefüllt. Gleiches gilt für die Wochenenden während des Schuljahres. Seit Jahrzehnten habe ich keinen freien Tag gehabt. Ohne Fleiß kein Preis. Unser Preis ist, mehr Medaillen zu erringen als der Rest Bulgariens."

© Foto: BGNES


Teodosij Teodosiew unterricht am Kazanlaker Gymnasium für Naturwissenschaften und Mathematik. Darüber hinaus leitet er eine Physikschule, die alljährlich von 150 bis 200 Kindern besucht wird. "Ich habe sie `Schule für Kraft-Intellekt` genannt. Wenn ein Kind gelernt hat, schwierige intellektuelle Aufgaben zu lösen, wird es, egal welchen Weg es einschlägt, erfolgreich sein, da es das Schwierigste bereits gemeistert hat", erklärt Teodosij. Besonders beliebt sind seine Sommerlager und dass, obwohl die Schüler von morgens bis abends pauken. "Häufig haben wir nicht genug Plätze, um alle Schüler, die teilnehmen wollen, mitzunehmen, so dass es jedes Jahr jemand beleidigt ist", gesteht der ungewöhnliche Lehrer ein.

"In den USA ist Physik ein Wahlfach. Dort wird nach Punktesystem bewertet. Mit einer bestimmten Punktzahl erhält man den mittleren Bildungsabschluss. Die meisten Punkte werden im Fach Physik vergeben, das jedoch von den wenigsten Schülern gewählt wird, weil dieses als sehr schwierig gilt. Physik ist in der Tat ein schwieriges Fach. Deshalb muss man es interessant gestalten. Das ist eine Kunst für sich, ein Frage der Psychologie. Man muss die Wissenschaft lieben, um sie interessant unterrichten zu können. Es gibt außergewöhnliche Wissenschaftler, die jedoch nicht für ihre Wissenschaft begeistern können, weil sie nicht in der Lage sind, sie dem Nachwuchs zu versüßen. Ich glaube, dass es mir auf irgend eine Weise gelingt, die Wissenschaft zu versüßen und sie auf interessante Art zu vermitteln."

© Foto: Jordan Jordanow


Den Kindern den Stress vor schwierigen Aufgaben zu nehmen, bezeichnet Teodosij ale einer seiner größten Errungenschaften. Die Ungezwungenheit und die Möglichkeiten, sich zu beweisen, die schöpferische Atmosphäre und der ausgeprägte Humorsinn sind nur einige Zutaten des Rezepts für den Erfolg seiner Schule.

"Jesus hat Gleichnisse gepredigt. Auch ich erzähle meinen Schülern ständig Gleichnisse über die Generationen vor ihnen - sagt der Lehrer. - Es hat sich herausgestellt, dass diese unter den Schülern sehr beliebt sind, da sie den Weg zum Ziel vor Augen führen. Diese Schule geht weit über Physik und Mathematik hinaus, denn wir beginnen mit Mathematik, um uns dann vertieft der Physik zu widmen. Mancher wundert sich, wie es möglich ist, dass man sich in unserer Schule beispielsweise auch mit der Poesie des Antiken Ostens oder mit philosophischen Fragen wie der Suche nach der moralischen Vollkommenheit oder mit dem göttlichen Urknall beschäftigen kann. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Höchstleistungen eine breit gefächerte Persönlichkeit voraussetzen. Nur so sind Höchstleistungen möglich. Nur so kann man aus der Masse des Elementaren und Trivialen emporsteigen. Große Entdeckungen werden von Menschen gemacht, die sich nicht nur auf ihr Fachgebiet beschränken. Deshalb beschäftigen wir uns hier mit sehr vielen Dingen. Wir hören beispielsweise die Matthäuspassion von Bach oder die Krönungsmesse von Mozart unter freiem Sternenhimmel. Auch das hat Bezug zur großen Physik und großen Wissenschaft."

© Foto: Jordan Jordanow

Sommerlager im Balkangebirge

Über die Möglichkeiten, die die Schule seinen Schützlingen eröffnet, sagt der Physiker aus Kazanlak Folgendes:
"Ein Grossteil meiner Schützlinge studiert an renommierten Universitäten im In- und Ausland. Die meisten beschäftigen sich mit exakten Wissenschaften, vor allem mit Physik, Informatik und Ingenieurwesen. Viele sind herausragende Wissenschaftler an namhaften internationalen Universitäten oder Forschungszentren. Andere widmen sich der Medizin oder anderen Fachbereichen, in denen die Physik ebenfalls Anwendung findet. Einer meiner Schüler namens Rumen Denew hat Literatur studiert und zählt heute zu den angesehenen Poeten Bulgariens. Die Realisierungsmöglichkeiten sind vielfältig, hier bei uns vermitteln wir den Schülern Disziplin, Selbstdisziplin und Organisationsvermögen. Unsere Schüler können stundenlang einer intellektuellen Tätigkeit nachgehen, was ihnen die Tore zu allen hochintellektuellen Bereichen öffnet."

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Rumjana Zwetkowa


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